
OÖ/LINZ. Ein „gemeinsamer Pakt für das Kinderland OÖ“ bringt den Beschäftigten in Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen mehr Gehalt, schrittweise werden die Gruppengrößen verkleinert, weitere 18 Maßnahmen sind zwischen Land OÖ, Städte- und Gemeindebund sowie den Gewerkschaften ausverhandelt worden. Volumen: 38,5 Millionen Euro. Die Gewerkschaft spricht von einem „großen Wurf“ und zeigt sich zufrieden. UPDATE: Stellungnahmen von SPÖ, Grüne und NEOS.
Die Gewerkschaft hatte wie berichtet Warnstreiks im Bereich Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen angekündigt, sollte es seitens des Landes OÖ keine Verhandlungen geben. Diese sind nun, nach einem Monat, abgeschlossen.
Nach „intensiven, aber sehr konstruktiven“ drei Verhandlungsrunden zwischen Land, Städte- und Gemeindebund sowie den Gewerkschaften wurde am Mittwoch im Landhaus Linz das Maßnahmenpaket unterzeichnet und präsentiert.
Das neue Paket in Höhe von 38,5 Millionen Euro beinhaltet bereits jene sechs Millionen Euro mit Maßnahmen aus dem Sommerpaket, 32,5 Millionen Euro wurden zusätzlich verhandelt.
Unter anderem folgende Maßnahmen beinhaltet das nun neu verhandelte Paket:
Mehr Urlaub und eigenes Berufsbild für Helferinnen
Für die Berufsgruppe der Helferinnen wird ein eigenes Berufsbild „pädagogische Assistenzkräfte“ festgelegt, gesetzlich verankert wird auch bei dieser Berufsgruppe der zusätzliche Urlaub von zehn Tagen (zwei Urlaubswochen) – bislang war dies eine Kann-Bestimmung, ab 1. Jänner 2024 sind sie gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben.
Mehr Gehalt
Der budgetär größte Posten im Paket sind Gehaltserhöhungen: Elementarpädagoginnen bekommen künftig monatlich plus 250 Euro brutto in allen Gehaltsstufen, Helferinnen künftig plus 150 Euro in allen Gehaltsstufen (wirksam ab 1. März 2023, zusätzlich zu den Gehaltserhöhungen durch die Übernahme des Gehaltsabschlusses für öffentliche Bedienstete).
Kleinere Gruppen
In einem stufenweisen Prozess wird die Gruppengrößenhöchstanzahl abgesenkt: von aktuell 23 auf 22 Kinder ab dem Kindergartenjahr 2025/26, und auf 21 Kinder ab dem Kindergartenjahr 2028/29. Zudem wird die Genehmigungspflicht bei Überschreitung wieder eingeführt, die Gruppengrößen können so nicht mehr automatisch überschritten werden. Die Überschreitung bleibt, wenn nötig, aber rechtlich möglich.
Mehr Vorbereitungs- und Leitungszeit
Ab dem Kindergartenjahr 2023/24 wird die Vorbereitungszeit gruppenführender Pädagoginnen in Krabbelstuben um eine Stunde auf vier erhöht.
Ebenfalls wird die Leitungszeit in Kindergärten, Krabbelstuben und Horten um eine Stunde auf drei Stunden pro Gruppe erhöht.
Ausweitung der Öffnungszeiten
Für mehr Planungssicherheit für die Eltern werden die Öffnungszeiten von Kindergärten, Krabbelstuben und Horten auf mindestens 47 Öffnungswochen pro Kalenderjahr, ab dem Kindergartenjahr 2023/24 ausgeweitet.
Anreize für Ein- und Umsteiger
Über das Bildungskonto des Landes OÖ werden 500.000 Euro für Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere für Umsteiger und Quereinsteiger bereitgestellt.
Weitere Maßnahmen
Zudem werden Lärmschutz und erwachsenengerechte Sitzgelegenheiten in einer Novelle der oö. Bau- und Einrichtungsverordnung berücksichtigt. Sonderkindergartenpädagoginnen im Landesentlohnungsschema dürfen nicht schlechter gestellt sein als jene in privaten Einrichtungen. Die Randzeitenregelungen für Kindergärten werden angepasst. Zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen bei der schulischen Nachmittagsbetreuung, rechtliche Klarstellung in Horten sind vorgesehen.
Die Plätze im Mentoring-Programm werden auf 60 verdreifacht. Mehr Vorbereitungszeit für gruppenführende Pädagoginnen, Entbürokratisierung, Unterstützung und Sonderzulagen, sollte die Gruppengröße von 23 überschritten werden müssen (ab Kindergartenjahr 2023/24) und bis zu 80 zusätzliche Mitarbeiter in den Einrichtungen für Integration sind enthalten.
„Bildung muss Chancen bieten“
„Es waren drei sehr intensive, aber sehr konstruktive Sitzungen, in der wir gemeinsam die Maßnahmen erarbeitet haben“, betont LH-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP). „Das Paket wird wirksam in den nächsten Monaten, enthält gleichzeitig mittel- und langfristige Maßnahmen, damit mehr Zeit für die Kinder bleibt. Wir setzen ihr einen großen Schritt, damit Oberösterreich zum Kinderland wird.“ Das Paket spiegle den gemeinsamen Anspruch wider, dass die Kinder und ihre Bildung in OÖ im Mittelpunkt stehen.
„Erfolgreichstes Paket der letzten 20 Jahre“
Wolfgang Gerstmayr, Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA OÖ, sieht einen „großen Wurf“, der gelungen sei. „Es ist ein allumfassendes Paket, mit dem die Gewerkschaft sehr zufrieden ist.“ Nach sechs Millionen Euro seien jetzt 32 Millionen Euro mehr erreicht worden, „90 Prozent unserer Forderungen wurden erreicht“, so Gerstmayr. Vor allem die Gehaltsfrage sei für die Gewerkschaften zentrales Thema gewesen, so auch Christian Jedinger, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Younion OÖ: die 250 Euro bzw. 150 Euro Plus seien bis zu zehn Prozent, mit dem Gehaltserhöhungen durch die Übernahme des Gehaltsabschlusses für öffentliche Bedienstete ergebe sich kommendes Jahr ein Plus von über 17 Prozent, rechnet er vor.
Und weiter: „Wir haben als Ergebnis einen landesweiten Schulterschluss, den besten gemeinsamen Nenner gefunden. Es handelt sich um den erfolgreichsten Kinderbildungs-Abschluss der letzten 20 Jahre.“
Auch Dienstgeber zufrieden
OÖ Städtebundpräsident und Bürgermeister von Linz, Klaus Luger (SPÖ): „Das Paket ist ein richtiges Investment für die Zukunft.“ Gerade in Zeiten, wo 60 Prozent der Ehen geschieden würden, mit hohen Migrationsanteilen in manchen Stadtteilen, mit steigender Berufstätigkeit von Frauen stehe man vor der großen Aufgabe, Bildungschancen von Beginn an zu forcieren. „Es ist die zentrale gesellschaftliche Aufgabe, Kindern bestmögliche Lebenschancen zu bieten.“ Angesichts der aktuellen Krisen und Herausforderungen sei das 38,5 Millionen Euro-Paket auch eine finanzielle Leistung, ein Zeichen, wie wichtig das Thema sei.
Bürgermeister von Wels Andreas Rabl (FPÖ), Vorsitzender-Stellvertreter des Städtebundes: „Ein Streik hätte nur Verlierer gebracht. Ich bin froh über das Paket, das Anforderungen an den urbanen wie ländlichen Raum erfüllt.“
OÖ Gemeindebundpräsident, LAbg., Bürgermeister Christian Mader (ÖVP) ist überzeugt, dass die 20 Punkte eine nachhaltige Lösung für die Beschäftigten darstellen und die Stabilität der Kinderbetreuungseinrichtungen garantiert sei.
UPDATE: Stellungnahmen von SPÖ, Grünen und NEOS
SPÖ-Bildungssprecherin Doris Margreiter: „Kleinere Gruppen, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Zeit für die Kinder – all das bräuchten wir in der Kinderbildung bereits seit Jahren. Dass Haberlander erst jetzt eingelenkt hat zeugt von später Einsicht, es bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen nicht zu spät kommen. Oberösterreich hat im Bundesländervergleich sehr viel aufzuholen. Im Sinne unserer Kinder wünsche ich mir, dass das Projekt ein Erfolg wird.“
Reinhard Ammer, Grüner Bildungssprecher: „Es macht zuversichtlich, dass die vorgestellten Maßnahmen auf breiterer Basis abgestimmt und hoffentlich auch gemeinsam und konsequent umgesetzt werden. Mehr Geld für die Pädagogen, kleinere Gruppen, allgemein verbesserte Rahmenbedingungen und Anreize sind Basics, die auch wir Grüne seit langer Zeit erfordern. Damit wird ein Fundament geschaffen. Aber auf dieses Fundament müssen noch weitere Bausteine draufgepackt werden. Denn diese Reise zu einem wirklichen Kinderland Oberösterreich hat erst begonnen. Zudem brauchen wir Qualitätskriterien, die Standard in allen Kindergärten und Krabbelstuben sind. Weiters Erhebungen, wie groß der Betreuungsbedarf in den Einrichtungen ist. Solche Maßnahmen müssen diesen Pakt begleiten und ergänzen.“
NEOS OÖ-Klubobmann Felix Eypeltauer: „Ein Eurobetrag allein macht noch nicht die notwendige Bildungsrevolution aus. Schaut man sich die Maßnahmen genauer an, dann ist das eine endgültige Absage an unsere Familien und Betriebe, sowie an die Bedürfnisse des realen Lebens. Für eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Oberösterreich brauchen wir jetzt ganze 65 Millionen Euro mehr für Kinderbildung. Wir müssen langfristig auf Gruppengrößen mit unter zehn Kindern kommen, wenn wir den Kindergarten endlich zu einer wertvollen Bildungseinrichtung machen wollen.“