"Internationaler Hurentag" am 2. Juni: Linzer Vereine fordern Gleichstellung von Sexarbeiterinnen
LINZ. Ein Thema, das auch im Jahr 2023 noch tabuisiert wird, ist Sexarbeit. Am 2. Juni, dem „Internationalen Hurentag“ fordern Sexarbeiterinnen in Österreich ihre Rechte ein und wollen auf bestehende Diskriminierungen aufmerksam machen. Die Organisationen maiz und LENA bieten Beratungen für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind, an und werden vom städtischen Frauenressort unterstützt.
Im Jahr 1923 durften Sexarbeiterinnen das erste Mal wählen - erst fünf Jahre nach der Einführung des Wahlrechts für Frauen. Zuvor waren sie aufgrund „moralischer Bedenken“ von Wahlen ausgeschlossen. Auch hundert Jahre später werden Sexarbeiterinnen noch immer stigmatisiert, moralisch verurteilt und diskriminiert - gleichzeitig sind sie wie andere Berufsgruppen voll steuerpflichtig.
Gemeinsamer Kampf für Rechte von Sexarbeiter:innen
Diesen Umstand kritisieren der Verein maiz, die Beratungsstelle LENA der Caritas und Frauenstadträtin Eva Schobesberger (Grüne) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Sie alle sind der Überzeugung, dass ein gemeinsamer Kampf für Rechte von Sexarbeitenden notwendig ist. Genügend Beispiele für die Ungleichbehandlung kennen sowohl Elke Welser, die als Beraterin bei LENA (Caritas-Beratungsstelle für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind oder waren) als auch Julietta Berisha und Letícia Carneiro von maiz. Das autonome Zentrum von und für Migrant:innen maiz bietet unter anderem eine Beratung für Sexarbeiter an.
Girokonto verwehrt, im Krankenhaus abgewiesen
So wird Sexarbeiterinnen bei manchen Großbanken in Oberösterreich die Einrichtung eines Girokontos verwehrt, erzählt Welser. Begründet werde dies von den Banken mit der rechtlichen Vorgabe, Konten bei Geldwäsche-Verdacht untersagen zu müssen. Carneiro und Berisha berichten von Klientinnen, die in Krankenhäusern abgewiesen wurden, sobald sie ihre Tätigkeit nannten.
Sie üben - wie Welser auch - Kritik an der Viktimisierung von Sexarbeitern und dem fehlenden Bewusstsein für die Komplexität des Themas im allgemeinen Diskurs und in der medialen Berichterstattung. Zentral sei dabei auch die Unterscheidung zwischen Menschenhandel und der frei gewählten Sexarbeit.
„Schwedisches Modell“ führe zur Verlagerung in den illegalen Bereich
Problematisch seien auch „gut gemeinte“ Regelungen wie die als „schwedisches Modell“ bekannte Gesetzgebung. Dabei wird der Kauf von sexuellen Dienstleistungen verboten, kriminalisiert werden also die „Freier“, nicht die Sexarbeiterinnen. Dieses de facto Verbot von Sexarbeit führe jedoch nur zu einer Verlagerung in den illegalen Bereich und verstärke damit Menschenhandel und Ausbeutung bei gleichzeitig erschwertem Zugang zu Opferschutz, kritisieren maiz, LENA und zahlreiche Verbände von Sexarbeiterinnen.
„Rechte sind die Basis für Freiheit und Sicherheit“
Frauenstadträtin Eva Schobesberger sieht das ähnlich: „Rechte sind die Basis für Freiheit und Sicherheit. Die Stärkung der rechtlichen Absicherung von Sexarbeiter:innen ist daher auch eine wichtige Präventionsmaßnahme, um Gewalt zu verhindern. Zudem braucht es einen niederschwelligen Zugang zu Beratungsangeboten. Ich möchte mich daher ganz besonders bei unseren in Linz tätigen Organisationen LENA und maiz bedanken, die sehr wichtige Arbeit leisten und sich das ganze Jahr über für die Rechte von Sexarbeiter:innen einsetzen.”
Die Geschichte des „Internationalen Hurentags“
Der 2. Juni ist der „Internationale Hurentag“, weil an diesem Tag im Jahr 1975 hunderte Prostituierte eine Kirche in Lyon, Frankreich besetzten, um auf die katastrophale Situation von Prostituierten aufmerksam zu machen und von staatlichen Stellen ein Handeln einforderten. Die Proteste weiteten sich auf weitere Städte aus, die Bevölkerung und die Kirche unterstützten die Frauen. Zur Erinnerung daran erklärte die Beratungsstelle Hydra/Berlin den 2. Juni zum „Internationalen Hurentag“. Auch in Österreich fordern Sexarbeiterinnen an diesem Tag ihre Rechte ein.
Der Verein maiz
Maiz ist ein unabhängiger Verein von und für Migrantinnen mit dem Ziel, die Lebens- und Arbeitssituation von Migrant:innen in Österreich zu verbessern, ihre politische und kulturelle Partizipation zu fördern sowie eine Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu bewirken. Neben Beratungs- und Bildungsangeboten umfassen die Aktivitäten auch politische Kulturarbeit, öffentliche Aktionen und wissenschaftliche Forschungsprojekte. Der Bereich „Sex and Work“ bietet mehrsprachige Beratung, Information und Begleitung für in der Sexarbeit tätige Personen an - auch in Form von Streetwork. Die Angebote sind kostenfrei, anonym und vertraulich.
Die Beratungsstelle LENA
LENA bietet Beratung, Information und Begleitung für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind oder waren. Die Individualberatung wird wie bei maiz auch durch aufsuchende Sozialarbeit in allen Clubs und Bordellen in OÖ regelmäßig durchgeführt - kostenlos, anonym und vertraulich. LENA verfolgt auch das Ziel, die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeitenden in Österreich zu verbessern. Pro Jahr haben die LENA-Mitarbeiterinnen etwa 4300 Kontakte zu Sexarbeitern. Davon sind ca. 1550 Beratungs- u. Informationsgespräche.
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