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Mehr Sonderschüler, weniger Stunden: Elternvereine schlagen Alarm

Anna Fessler, 03.06.2024 17:01

OÖ/LINZ. In ganz OÖ sollen im kommenden Schuljahr mehr als 2.100 Unterrichtseinheiten wegfallen. Was das für zwei Sonderschulen in Linz und Gallneukirchen bedeuten würde und wie der Bund nun darauf reagiert.

Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung ist in Oberösterreich gestiegen, ob dafür genügend Pädagogenstunden zur Verfügung stehen, ist derzeit unsicher. (Foto: Halfpoint/stock.adobe.com)

Weil mehr als 2.100 Förderstunden im kommenden Schuljahr in Oberösterreichs Pflichtschulen wegfallen sollen, wandte sich die Lehrergewerkschaft in einem offenen Brief an die Bildungsdirektion des Landes. Hintergrund für die Kürzungen sind zwei ausgelaufene Bundesförderungen: jene zur Eingliederung geflüchteter ukrainischer Kinder sowie die Unterstützung infolge der Covid-Pandemie. Dieser Umstand trifft auf eine ohnehin bereits angespannte Situation: die Zahl der verhaltensauffälligen Schüler nimmt zu, auch die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) ist in Oberösterreich gestiegen – bei gleichzeitigem Lehrermangel.

Empörte Elternvereine

Nun schlagen Elternvereine Alarm. In der Michael Reitter Schule in Linz, an der auch seh- und hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche unterrichtet werden, hätte die Kürzung der Lehrerstunden in den Inklusionsklassen gravierende Auswirkungen: „Gebärdensprachbenutzer zu sein heißt nicht, gar nichts zu hören. Auch bei leicht- bis mittelgradig schwerhörigen Schülern muss bilingual unterrichtet werden. Nur damit kann gewährleistet werden, dass der Unterricht vollinhaltlich verstanden wird und hörbeeinträchtigte Schüler einen gleichwertigen Zugang zur Bildung haben. Eine Kürzung der Personalstunden bedeutet, dass in vielen Stunden nur mehr eine statt zwei Lehrkräften in der Klasse steht“, informiert der Elternverein in einer Aussendung. Verkürzt gesagt: die hörbeeinträchtigten Schüler würden im Unterricht auf der Strecke bleiben.

„Wo ist hier noch eine Bildungsqualität gegeben?“

In der Martin Boos Schule in Gallneukirchen werden auch Kinder mit schweren Mehrfachbehinderungen und kognitiven Beeinträchtigungen unterrichtet. „Jede pädagogische Zuwendung ist hier eine wichtige Hilfe, um weitere Entwicklungsschritte zu setzen. Auch kleine Entwicklungsschritte können einen großen Unterschied machen, etwa ausdrücken zu können, ob man auf die Toilette muss oder nicht (...) Wir sind mehr als besorgt und auch frustriert, da dieses Kürzen zudem auch kein neues Thema an unserer Schule ist. Es reicht! Wo ist hier noch eine Bildungsqualität gegeben, wenn es immer weniger Pädagogen für unsere Kinder gibt?“, so der Elternverein der Martin Boos Schule via Aussendung.

So werden die Ressourcen verteilt

Die finanziellen Ressourcen für die Förderstunden stellt der Bund zur Verfügung, die Bildungsdirektion des Landes verteilt diese nach einem komplexen Berechnungsschlüssel an die einzelnen Schulen. Laut einer vom Bildungsministerium 2023 präsentierten Studie haben in Oberösterreich 5,8 Prozent der Schüler einen Bedarf an Sonderpädagogischer Förderung. Die Ressourcen sind jedoch seit dem Finanzausgleich 1992 bei 2,7 Prozent gedeckelt.

Warum das so ist, wollte Tips vom Bildungsministerium wissen. Aus dem Büro von Bundesminister Martin Polaschek (ÖVP) heißt es: „Im Bereich der Sonderpädagogik gab es seitens des BMBWF keinerlei Reduktion der Stundenkontingente. Die Quote an Sonderpädagogik variiert stark zwischen den Bundesländern. Eine Anpassung des Werts obliegt den Finanzausgleichspartnern, das heißt dem Bund durch das Bundesministerium für Finanzen und den Ländern gemeinsam und wurde von diesen zuletzt nicht angepasst.“

Oberösterreich stellt Mittel für mehr Schulassistenzen bereit

Die in OÖ zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) kündigte im Februar an, dass aufgrund der steigenden Zahl der Sonderschüler ab Jänner 2024 zusätzlich eine Million Euro in die Schulassistenz investiert werden, im kommenden Schuljahr sogar 1,5 Millionen Euro. Allerdings: die Aufgaben von Assistenz- und Lehrkräften unterscheiden sich deutlich, man könne deshalb nicht von einer Kompensation sprechen, argumentiert der Elternverein der Martin Boos Schule. Bereits vor zwei Jahren seien 76 Pädagogen-Wochenstunden gestrichen und zum Teil durch Assistenzstunden ersetzt worden.

Lösung angekündigt

Der Bund kündigte nun in Reaktion auf die Situation eine Lösung zur Unterstützung an. Seitens der Bildungsdirektion Oberösterreich heißt es dazu: „Die genaue Ressourcenzuteilung an den Schulstandorten ist noch nicht endgültig. Der Bund ermittelt derzeit, in welchem Umfang zusätzliche Mittel zur Unterstützung der Schulen bereitgestellt werden können. Genauere Informationen werden laut Ministerium demnächst übermittelt.„ Man sei zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde.


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