„Du trainierst es, damit du es nicht brauchst“
MELK. Seit knapp 15 Jahren wird in Melk Wing.Chun gelehrt und gelernt. Die Kampfkunst-Schule rund um Sifu Armin Haiderer hat sich zuletzt neu konsolidiert: Man hat aus der Schule einen gemeinnützigen Verein gemacht und im ehemaligen bischöflichen Seminar neue Räumlichkeiten bezogen. Die Eröffnung wird am 26. April gefeiert. Warum Wing.Chun kein Sport ist, Selbstverteidigungskurse oft nichts bringen und der Frühling in der Wing.Chun-Schule nicht endet, konnte Tips bei einem Trainings-Besuch in Erfahrung bringen.
„Du trainierst es, damit du es nicht brauchst“, erklärt Armin Haiderer. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Haiderer spricht nämlich von Wing.Chun. Dabei handelt es sich um Kung Fu-System, das nur auf Selbstverteidigung ausgerichtet ist. „Wing.Chun ist keine Sportart und es gibt auch keine Wettkämpfe. Das würde dem Grundprinzip der Selbstverteidigung widersprechen. Es ist eine Kampfkunst“, betont Haiderer. Der katholische Theologe gründete 2004 in Melk eine Kampfkunst-Schule. In jüngster Vergangenheit erlebte diese zwei große Neuerungen. Man hat sich zum einen von der Europäische WingTsun-Organisation (EWTO), einer kommerziellen Kampfkunst-Organisation, getrennt und einen gemeinnützigen Kampfkunst-Verein gegründet. Zum anderen wird seit Kurzem in anderen Räumen des ehemaligen bischöflichen Seminars gelehrt und gelernt – bisher war man im dortigen Turnsaal untergebracht. Nun hat man zwei frisch sanierte Trainingsräume mit 100 und 60 Quadratmetern und einen Aufenthaltsraum zur Verfügung.
Im Anfang waren zwei Frauen
„Auf die sind wir sehr stolz“, freut sich der „Sifu“ – so wird Haiderer in Wing.Chun-Kreisen genannt. „Väterlicher Lehrer“ heißt der chinesische Wing.Chun-Titel übersetzt. Und Wing.Chun? „Wing.Chun bedeutet ewiger Frühling“, erklärt der Sifu. Der Legende nach wurde Wing.Chun von zwei Frauen entwickelt, die erste Schülerin soll Wing.Chun geheißen haben. Entstanden ist diese Kampfkunst im Laufe des 18. Jahrhunderts innerhalb der chinesischen Geheimgesellschaften.
Ohne Muskelkraft
„Kraft spielt bei Wing.Chun kaum eine Rolle“, macht Lehrer Haiderer aufmerksam. Die Kampfprinzipien seien so konzipiert, dass körperliche Unterlegenheit kompensiert werde. Nicht zuletzt deshalb werde Wing.Chun gerade auch bei Frauen und Kindern sehr geschätzt. Wer auf das Erlernen filmreifer Moves hofft, muss entäuscht werden – „wir machen nur das, was wirklich der Selbstverteidigung im Nahkampf dient“, erklärt Haiderer.
Veränderte Körperhaltung
„Wenn du Wing.Chun trainierst, dann strahlst du das auch aus. Die Körperhaltung verändert sich, das Bauchgefühl wird geschärft und du kannst die Körpersprache deines Gegenübers besser lesen“, ist der Melker Wing.Chun-Meister überzeugt. So würden Konfliktsituationen oft bereits im Vorfeld vermieden. Mit Selbstverteidigungskursen kann Haiderer nichts anfangen. „Ich bin ein Gegner solcher Kurse. Der Körper kann die Bewegungsabläufe in wenigen Kursstunden nicht speichern.“ Er und zwei weitere Ausbildner bieten zwei Trainings die Woche an. Rund 25 Mitglieder zählt der Verein, auch knapp 20 Kinder lernen an der Melker Kampfkunst-Schule.
Mit Philosophie
Das Training sei ganzheitlich ausgelegt, sei also keine bloße Technikansammlung. Auch Philosophie – Kung Fu findet seinen Ursprung im Shaolin Kloster – spiele eine wichtige Rolle. Bis man für die meisten Situationen gerüstet ist, dauere es in etwa ein halbes Jahr, so Haiderer. „Du kannst aber auch nach 20 Jahren immer noch etwas lernen“, weiß der Sifu aus eigener Erfahrung. Seit zwei Jahrzehnten begeistert ihn die Kampfkunst mittlerweile. Mit neuem Verein und neuen Räumen will er nun noch mehr Menschen mit dieser Begeisterung anstecken.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden