Deutlich weniger Insolvenzen, aber der Schein trügt
NÖ. Die Anzahl der gerichtlich abgehandelten Insolvenzfälle (Eröffnungen und Abweisung mangels Kostendeckung) liegt in Niederösterreich mit 561 gegenüber 860 Fällen um 34,8 Prozent unter dem Vorjahr. Was jedoch auf den ersten Blick als erfreuliche Entwicklung gedeutet werden könnte, stellt nach Einschätzung des KSV1870 ein stark verzerrtes Bild der wirtschaftlichen Realität dar.
„Das Aufschieben von Konkursanträgen der Abgabengläubiger (Finanzämter, Gesundheitskasse) führt dazu, dass sich Unternehmer, die materiell bereits insolvent sind, in trügerischer Sicherheit wiegen und die Augen vor der Realität verschließen. Anstatt rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, der vielfach noch die Chance auf Sanierung bedeuten könnte, wird zugewartet, bis die letzte Substanz des Unternehmens verbraucht ist und nur mehr die wert- und arbeitsplatzvernichtende Liquidation als letzte Möglichkeit übrigbleibt“, so Alexander Klikovits, Leiter Unternehmensinsolvenzen für NÖ und Burgenland.
Im Bundesländervergleich: NÖ weist „relativ gesunde“ Insolvenzentwicklung auf
Bei den eröffneten Insolvenzverfahren war ein Rückgang von 30,6 Prozent, zu verzeichnen. Das ist österreichweit betrachtet der geringste Rückgang, andere Bundesländer weisen Rückgänge von bis zu 47,5 Prozent auf. Da Insolvenzen für eine funktionierende, auf Wettbewerb beruhende Volkswirtschaft als Selbstreinigungsfaktor anzusehen sind, kann man davon sprechen, dass diese wichtige Funktion der Insolvenzen in Niederösterreich zwar schwer beeinträchtigt, aber dennoch im Bundesländervergleich relativ intakt ist. Niederösterreich ist das Bundesland mit der geringsten Abweichung vom Insolvenzgeschehen eines Normaljahres bei den eröffneten Verfahren.
Ausblick auf 2021
Ganz allgemein geht der KSV1870 von einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen im kommenden Jahr aus. Beginnend mit dem zweiten Quartal ist ein stetiges Ansteigen der Insolvenzzahlen zu erwarten, wobei das Gesamtausmaß des Anstiegs mit rund 20 bis 25 Prozent gemessen am „Normaljahr“ 2019 eingeschätzt wird. Davon wird laut KSV1870 auch Niederösterreich nicht verschont bleiben.
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