Roman-Autorin Verena Stauffer: "Molln ist ein Ort der Inspiration für mich"

Tips: Wie entstand die Idee zum Roman „Orchis“?

Verena Stauffer: Vor drei Jahren besuchte ich eine Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien, die das Leben eines Orchideenforschers im 19. Jahrhundert zeigte. Ich war von den wild blühenden, lebenden Orchideen tief betroffen und berührt. Meine Wahrnehmung war sehr durchlässig zu dieser Zeit, vieles drang ungefiltert in mich ein, so auch mein Protagonist und seine Orchideen. Er und ich, wir hatten uns gefunden. Ein wundervoller Moment, der mich in Tränen aufgelöst mitten im Museum zurückließ.

Tips: Was bedeutet „Orchis“?

Stauffer: Orchis ist die Bezeichnung einer Orchideengattung, jener des Knabenkrauts oder aber auch der griechische Begriff für Hoden.

Tips: Warum gerade Orchideen? Fasziniert Sie daran etwas?

Stauffer: Ich bin über ihre Form und über die Vielzahl der verschiedenen Arten verwundert. Es hat mir große Freude bereitet, über einen Menschen nachzudenken, der ihrer Schönheit verfällt. Die Fähigkeit der Orchideen immer wieder neu zu erblühen, denn sie verjüngen sich fortwährend, bilden ständig neue Wurzeln und können unendlich wachsen, zumindest in der Theorie, ist eine, von der wir Menschen nur träumen können. Der Roman behandelt untergründig auch Schönheit, ihre Vergänglichkeit und Zerstörung.

Tips: Wie lange haben Sie an dem Roman gearbeitet?

Stauffer: In etwa zwei Jahre, mit einer längeren Vorlaufzeit, in welcher ich den Gedanken an den Roman mit mir trug.

Tips: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit in Molln?

Stauffer: Meine Kindheit war nicht sehr spannend. Oberflächlich betrachtet verbrachte ich sie im Wald, am Fluss oder lesend in meinem Zimmer.

Tips: Hat Molln Ihren Roman beeinflusst?

Stauffer: Weiter von seiner Heimat entfernen als ich mit diesem Buch kann man sich kaum. Vielleicht muss ich mich an die Landschaften, die mir am nächsten sind, erst heranschreiben, mich an sie heranwagen. Vielleicht finden wahre Kenner Molln in meiner Beschreibung Madagaskars oder jener Chinas wieder! Ich weiß es nicht. Molln ist in jedem Fall ein Ort der Inspiration für mich.

Tips: Haben Sie einen Schriftsteller als Vorbild?

Stauffer: Von den verstorbenen beschäftige ich mich im Moment mit Robert Walser und früher intensiv mit Marlen Haushofer. Vielleicht ist sie mit ein Grund, warum ich mich an Molln literarisch noch nicht heranwage. Seit einigen Jahren spüre ich dort immer wieder ihre Wand und die ist für mich unantastbar. Sie ist ein großer Felsen, unverrückbar und ich bewundere ihr Buch „Die Wand“. Von den lebenden Schriftstellern auch in Bezug auf diesen Roman, Jan Peter Bremers „Der amerikanische Investor“ und Hendrik Jackson mit seinen Büchern „brausende bulgen“ und „sein gelassen“.

Tips: Planen Sie ein weiteres Buch zu verfassen?

Stauffer: Noch nehme ich Abschied von „Orchis“, das braucht Zeit. Orchis wurde kurz vor Druck fertiggestellt, ich habe gerade erst die Zeilen verlassen. Es wird einen neuen Gedichtband geben, den ich in den nächsten Monaten fertigstellen möchte. In jedem Fall bin ich selbst gespannt, ob und wenn ja, welche Geschichte mich als nächstes finden wird, oder umgekehrt. Der eine oder andere Protagonist hat schon an meiner Tür geklopft.

Tips: Was sind Ihre Ziele als Schriftstellerin?

Stauffer: In der Sprache und mit der Sprache möchte ich Neues entdecken. Vielleicht neue geistige Wirklichkeiten, neue sprachliche Welten. Manchmal denke ich, die Sprache hat vielmehr mich als ich sie. Wir Menschen sind nur ihr Werkzeug, nicht sie unseres. Durch meine Begeisterungs­fähigkeit möchte ich auch andere begeistern, meine Leser dorthin mitnehmen, wo die Begeisterung ihren Ursprung hat, ihr immer näher kommen und auch dorthin, wo immer die Sprache mich und die Leser meiner Texte hin mitreißen wird.