So überstehen Familien die Corona-Krise
MOLLN. Wenn die Kinder weder zur Schule, noch auf den Spielplatz oder zu ihren Freunden und Großeltern dürfen, sind Eltern schnell überfordert und Konflikte nehmen zu. Elterncoach Agnes Brandl aus Molln gibt im Tips-Interview Tipps zur Bewältigung dieser Situation.
Tips: Wie ist es für eine Familie, wenn sie eine längere Zeit in der Wohnung verbringen muss?
Agnes Brandl: In kleinen Wohnungen hat man wenig Rückzugsmöglichkeiten. Wenn jemand eine Pause vom andern braucht, sollte man ein Signal vereinbaren. Man könnte sich den Kopfhörer aufsetzen, ein Bad nehmen oder einfach sagen: Bitte lasst mich jetzt in Ruhe. Eltern könnten sich in der Betreuung ihrer Kinder abwechseln. Teleworking von zuhause erlaubt das. Sie könnten auch ihre Wohnung strukturieren: eine Ecke für Arbeit und Lernen, eine für Freizeit, eine für die Kinder. Solange das Hinausgehen erlaubt ist, sollte man den Aufenthalt draußen vorziehen und die Bewegung dem Sitzen, das Tätigsein dem Nichtstun.
Tips: Haben Sie spezielle Tipps, wie man als Familie mit der neuen Situation umgeht?
Brandl: Grundsätzlich kann der Mensch sich sehr schnell an Veränderungen anpassen. Wir haben die Fähigkeit, Neues zu lernen und Vertrauen zu entwickeln. Vieles müssen wir jetzt loslassen, das ist für viele Menschen nicht so leicht. Den Kindern ist fad, sie vermissen ihre Freunde. Die Abwechslungen fehlen. Also muss Ersatz her, Spiele, Gespräche und Tagesstruktur helfen. Das heißt: Aufstehen wie gewöhnlich, dann Schulzeit mit den gewohnten Pausen. Wenn die Aufgaben erledigt sind, gibt es Freizeit. Begrenzen Sie die Zeiten mit den Smartphones und schützen Sie so Ihr Kind vor Sucht.
Tips: Wie kann die Freizeitgestaltung aussehen?
Brandl: Freunde anrufen, Bewegung, spielen, praktische Arbeiten. Zeiten für Gespräche: Reden Sie mit den Kindern, fragen Sie, wie es ihnen geht, und sagen Sie ihnen, dass die meisten Gefühle und Sorgen jetzt wohl alle erleben. Und fragen Sie Ihre Kinder, wie Sie den Alltag lieber hätten. Sie könnten sie auch mehr in den Haushalt miteinbeziehen. Auch könnten Sie ihnen anbieten, sich für das tägliche Telefonat mit den Großeltern oder einem älteren Nachbarn etwas Nettes auszudenken.
Tips: Wie geht es den Kindern mit der neuen Situation und wie sind sie am besten zu beschäftigen?
Brandl: Kindern fehlen die sozialen Kontakte, die sie über den Kindergarten und die Schule täglich haben. Wir können Ihnen eine gute Zeit für das Lernen, für das Spielen und Arbeiten miteinander ermöglichen. Wer einen eigenen Garten hat, sollte ihn unbedingt jetzt nutzen, um zu garteln, Kinder machen gerne mit. Drinnen ist vor allem das Kochen und Backen für die Kinder spannend. Oft reichen eine Werkbank, ein Stück Holz, Laubsäge, Raspel und Schmirgelpapier. Auch die Hängematte ist erlaubt und einmal Faulsein, denn daraus entsteht neue Lebensenergie und Kreativität.
Tips: Wie geht eine Familie mit entstehenden Konflikten um?
Brandl: 24 Stunden miteinander zu verbringen, bringt unweigerlich Konflikte mit sich. Oft reicht ein Satz und der Streit eskaliert. Bevor man den einen Satz sagt, bitte dreimal bis drei zählen, tief durchatmen, ruhig ein paar Mal wiederholen und dann den Satz zurückhalten. Sie tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, diese Zeit erträglich zu machen, insbesondere, wenn Kinder im Haushalt leben. Achten Sie darauf, dass sie möglichst auch zu Ihrem Ausgleich kommen. Gehen Sie dem nach, was Ihnen Freude und Glück bringt und Sie innerlich stärkt. Sollte es so schlimm kommen, dass Sie die Aggression nicht mehr zurückhalten können, dann rufen Sie jemanden an, mit dem Sie Ihre Sorgen teilen können. Alles ist besser als Gewalt! Alkohol oder andere Suchtmittel werden Ihnen nicht helfen, diese Impulse zu unterdrücken, ganz im Gegenteil.
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