
Inhalte mit Sensationswert werden gerne geklickt, besonders, wenn sie negative Themen behandeln. Doch woher kommt der Hang zur Schwarzmalerei?
Die Welt ist schlecht und es gibt keine Hoffnung. Jedenfalls könnte man diesen Eindruck bekommen, wenn man durch die Feeds auf Facebook, Instagram und Co. scrollt. Zwischen Katzenvideos und Kriegsberichterstattung kann es schwer fallen, nicht an einer Spirale aus Inhalten zu versinken, die den Blick allein auf das Schlechte in der Welt lenken.
Dabei können User eine regelrechte Sucht nach schlechten Nachrichten entwickeln, die sich besonders in Zeiten von Klimakrise, Krieg und Post-Pandemie gut füttern lässt. Und wie für so gut wie jedes Phänomen auf Social Media hat auch dieses, schier ewige, Scrollen durch Negativ-Nachrichten eine mittlerweile eigene Bezeichnung: Das „Doomscrolling“ wurde bereits 2020 als eines der Oxford Wörter des Jahres nominiert.
Süchtig nach dem „verfluchten Scrollen“
Der Begriff „Doomscrolling“ stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt etwa so viel wie „verfluchtes Scrollen“. Damit erklärt sich die Bezeichnung bereits fast von selbst. „Doomscrolling“ bezieht sich auf das zwanghafte Konsumieren von negativen Nachrichten, was laut Forschenden besonders seit Beginn der Pandemie deutlich zugenommen hat.
Das Konsumieren dieser, meist beunruhigenden Inhalte, führt zu einer intensiven emotionalen Reaktion. Und obwohl der Blick der User damit einzig auf das Schlechte in der Welt gelenkt wird, fällt es Vielen schwer, sich von der Perspektive zu befreien. Stattdessen klicken User auf immer mehr ähnliche Inhalte: Ob globale Krisen, politische Konflikte oder Naturkatastrophen, das „Doomscrollen“ nimmt kein Ende und das Smartphone wird schnell zum Tor in eine Welt voller Ungewissheit und Sorgen.
Negativität klickt besser
Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2021 zeigten, dass Medienberichterstattung auf Twitter deutlich öfter negative Positionen und Gefühle betont als positive. Im Rahmen der Analyse wurden rund 140.000 Tweets von tendenziell links und rechts orientierten Medien untersucht. Dabei ließ sich kein Unterschied nach Ausrichtung des Mediums feststellen, der Hang zur Negativ-Berichterstattung scheint also für beide Lager gleichermaßen zu gelten. Interessant war zudem, dass bei negativer Grundtonalität des Tweets mehr Interaktion seitens der User vorhergesagt werden konnte, nicht so bei Nachrichten mit positiver Tonalität. Im Zuge ihrer Studie kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass Negativität sowohl öfter vorkommt, als auch mehr Auswirkungen (auf die User und Reaktionen) hat.
Schlechte Nachrichten haben Auswirkungen auf den Serotoninspiegel
Tatsächlich kann das Konsumieren negativer Nachrichten Einfluss auf unsere mentale Gesundheit, genauer unseren Serotoninspiegel, haben. Durch das Lesen von Inhalten, die emotional aufreibend oder belastend sind, wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Wenn dies dauerhaft erhöht ist, können Symptome wie Erschöpfung, Veränderung der Stimmungslage und sogar Schlafprobleme die Folge sein.
Ein gutes Beispiel dafür war das ständige Suchen nach Informationen über aktuelle Fallzahlen, Todesfälle und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Dabei war der individuelle Nachrichtenkonsum online und via Social Media deutlich angestiegen, selten gab es dabei gute Neuigkeiten über den Verlauf der Pandemie zu lesen, dennoch konnten User kaum ablassen, weiter entsprechende Inhalte zu konsumieren, die sie einerseits ängstlich machten und verunsicherten, aber sie gleichzeitig auf dem aktuellsten Stand hielten - ein Bilderbuchbeispiel für „Doomscrolling“.
Wie aus der Negativ-Spirale befreien?
Im Schnitt verbringen User in Österreich täglich 82 Minuten auf Social Media. Im weltweiten Vergleich bewegt sich Österreich damit im unteren Bereich: In den USA sind es beispielsweise ganze 123 Minuten pro Tag. Was also tun gegen die Versuchung des Doomscrollens?
1. Zeit auf Social Media limitieren:
Mit Hilfe von Selbstdisziplin und/oder entsprechenden Apps, kann ein Zeitlimit für die Zeit, die auf Instagram und Co. verbracht wird eingestellt werden. Dies kann ein erster Schritt sein, um nicht in die Doomscrolling-Spirale zu geraten.
2. „Good News“ Konsumieren:
Zusammen mit psychologischem Fachpersonal hat die Huffington Post eine Studie zur Auswirkung von Nachrichtenkonsum durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass jene Personen, denen über drei Minuten lang negative Inhalte gezeigt wurden, im Anschluss mit erhöhter Wahrscheinlichkeit, knapp 30 Prozent, von einem schlechten Tag berichteten. Jene Personen, die hingegen konstruktive Inhalte konsumierten, berichteten zu knapp 90 Prozent von einem guten Tag. Statt die eigene Stimmung durch doomscrollen zu drücken, sollte also lieber konstruktive Inhalte konsumieren. Zu empfehlen sind hier Websites wie goodnews.eu, die sich das Sammeln positiver Inhalte zur Aufgabe gemacht haben.
3. Serotoninspiegel anderweitig auffüllen:
Es mag banal klingen, doch statt sich in das Konsumieren schlechter Inhalte zu vertiefen, kann es helfen, den eigenen Serotonin-Pegel anderweitig zu erhöhen. Sport zu treiben oder Freunde zu treffen - und sich mit diesen gegebenenfalls über Inhalte auszutauschen, die einem selbst Sorgen bereiten, kann dabei durchaus hilfreich sein.