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Thekla Weissengruber: "Bräuche sind ein Kick der Gemeinschaft"

Tips Logo Wurzer Katharina, 22.12.2020 20:10

OÖ. Silvester wird seit dem 17. Jahrhundert gefeiert. Die meisten Bräuche kommen daher aus der Barockzeit. Warum sich bestimmte Bräuche eher gehalten haben als andere und welche in diesem Jahr durchgeführt werden können, hat Tips bei Thekla Weissengruber nachgefragt. Die Volkskundlerin leitet die Abteilung Volkskunde und Alltagskultur der OÖ Landes-Kultur GmbH.

  1 / 2   Für Glücksbringer wird in diesem Jahr mehr Geld ausgegeben als für Raketen, berichtet Volkskundlerin Thekla Weissengruber. (Foto: Volker Weihbold)

Bei der Abteilung im Schlossmuseum in Linz werden nicht nur Objekte gesammelt, sondern auch Zeitungsartikel oder ein Joghurt mit Vanillekipferl-Geschmack dokumentiert. Archiviert sind auch Bräuche rund um Neujahr und Silvester. Zu den Übergangsbräuchen, die hierzulande am häufigsten ausgeübt werden, zählen das Glück wünschen und Lärmbräuche, berichtet Weissengruber. Während das Schießen von Raketen, das unter anderem auf das Vertreiben von Geistern zurückgeht, in diesem Jahr nicht möglich sein könnte, wird für Glücksbringer weiterhin viel Geld ausgegeben. Der Glaube, dass man Glück holen könne, ist bereits alt und sehr verbreitet. Die Tradition, sich einen guten Rutsch zu wünschen, kommt aus der jüdischen Religion. Bräuche werden oft gepflegt ohne sie christlich zu hinterfragen und zunehmend internationaler, schildert die Volkskundlerin. Diesmal werden Menschen wahrscheinlich mehr auf virtuelle Glückwünsche übergehen.

Orakelbräuche und Bräuche für Familien

Gut von zu Hause aus durchführbar sind darüber hinaus Orakelbräuche wie Blei gießen und Räuchern. Räuchern im eigenen Wohnbereich habe in den letzten Jahren zugenommen und eine reinigende beziehungsweise desinfizierende Wirkung. Das Räuchern in der Zeit der Raunächte, zu denen die Silvesternacht zählt, gilt als Abwehrritual von Unheil und bösen Geistern. Auf diese Weise soll nichts Schlechtes in das neue Jahr mitgenommen werden.

Ein weiterer Orakelbrauch ist Blei gießen, der sich auch gut mit Kinder durchführen lässt. Alternativ kann Eiweiß oder Kerzenwachs verwendet werden. Insbesondere für Familien mit Kindern hat Weissengruber die Idee parat, dass eine Kerze in eine ausgehöhlte Wallnussschale gegeben werden kann. Diese lässt sich in Wasser setzen, wo sie auf andere Wallnussschalen treffe - ein Symbol dafür, wer wem über den Weg laufe. Ein Brauch, der ebenfalls bei diesem Symbol ansetzt, ist es einen Apfel zu schälen und die Schale in einem Stück nach hinten zu werfen. Der Buchstabe soll dann den Anfangsbuchstaben des nächsten Partners verraten.

Warum Menschen diesen und anderen Bräuchen nachgehen? „Der Begriff kommt von 'brauchen'. In jeder Familie gibt es Bräuche und Traditionen, die einen auszeichnen“, sagt Weissengruber, die Bräuche als „Kick der Gemeinschaft“ bezeichnet. Bräuche schaffen eine Verbindung zueinander.

Vom Verschwinden und Verändern von Bräuchen

Während manche Bräuche bereits alt sind, werden andere mittlerweile selten oder gar nicht mehr ausgeübt. Ein Beispiel hierfür ist das Aufbewahren einer Fischschuppe in der Geldbörse, die für glänzendes Geld sorgen sollte. Woran das liegt, dass Bräuche verschwinden? „Bräuche verändern sich ständig. Manche haben sich besser gehalten, weil sie mehr in die Gesellschaft passen und einfach umzusetzen sind. Wenn nicht mehr klar ist, warum etwas gemacht wird, verschwindet ein Brauch. Aber neue Bräuche wie „Dinner For one“ kommen zugleich wieder hinzu“, führt Weissengruber aus.

Grenze zu Aberglaube

Eine Tradition, die weniger und mittlerweile auch belächelt wird, ist das Abnehmen von Wäsche am 31. Dezember vor Mitternacht. Der Hintergrund: Die Seelen der Verstorbenen sollen sich nicht in der Wäsche verfangen. Weissengruber kann sich vorstellen, dass diese Tradition auf das Ende des Arbeitsjahres und den Dienstbotenwechsel im neuen Jahr rückführbar ist. Um Aberglaube handle es sich dann, wenn etwas nicht mehr logisch erklärbar ist und für Interpretationen ausgenutzt werde. So würde gerne etwas mit Urreligionen in Verbindung gebracht werden, obwohl die meisten Bräuche aus der Barockzeit stammen.

Detaillierte Informationen zu Bräuchen und Traditionen rund um Silvester und Neujahr geben der OÖ Brauchtumskalender und die Webseite der UNESCO. Manches wie die Schützenbräuche wurde als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet.

Der OÖ Brauchtumskalender liefert zum Beispiel Informationen darüber, welche Bedeutung die einzelnen Glücksbringer wie ein Rauchfangkehrer haben.
Auf der Webseite der UNESCO findet sich unter anderem ein Verzeichnis zum immateriellen Kulturerbe in Österreich.

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