Jugendschutz: Testkäufe zeigen Verbesserung, CBD-Shops säumig
OÖ. Zwar waren es die besten Ergebnisse in den bislang zehn Jahren, in denen Jugendschutz-Testkäufe in Oberösterreich durchgeführt werden. Dennoch: Bei knapp 1.200 Testkäufen von gebranntem Alkohol und Nikotin-Produkten im Jahr 2024 wurde bei fast jedem fünften Testkauf an Minderjährige abgegeben. Besonders schlecht schnitten CBD-Testkäufe ab. Und auch das problematische Nutzungsverhalten von E-Zigaretten bei Minderjährigen macht Jugendschutz-Landesrat Winkler (SPÖ) Sorgen.
Insgesamt wurden im Jahr 2024 1.196 standardisierte Testkäufe durchgeführt – davon 617 im Lebensmitteleinzelhandel, 200 in Tankstellenshops und 134 in Gastronomiebetrieben. 245 Testkäufe wurden in Tabakfachgeschäften getätigt. Zudem wurden im Rahmen eines Pilotprojekts 56 Testkäufe für CBD-Produkte durchgeführt, die noch nicht in die Gesamt-Abgabequote einfließen.
Abgabequote generell verbessert
In 963 der getesteten Betriebe (80,5 Prozent) wurden die geltenden Jugendschutz-Bestimmungen eingehalten, berichtet Dietmar Krenmayr vom Institut Suchtprävention der pro mente OÖ. Seit 2024 ist das Institut für die Testkäufe verantwortlich.
Im Vergleich zum Vorjahr sank die Abgabequote damit um 6,8 Prozentpunkte (von 26,3 Prozent auf 19,5 Prozent im Jahr 2024).
Bestes Ergebnis in Tabakfachgeschäften
Die Abgabequoten in Tankstellenshops und im Lebensmittel-Einzelhandel veränderten sich jeweils zum Positiven. Während in Tankstellenshops die Abgabequote um 6,1 Prozent auf 23,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sank, gab es im Lebensmittel-Einzelhandel einen Rückgang um 8,3 Prozent auf 79,6 Prozent. Bei den getesteten Gastronomiebetrieben verbesserte sich die Abgabequote um 1,8 Prozent.
Auch 2024 schnitten die Tabakfachgeschäfte am besten ab: Hier hat sich die Abgabenquote von 19,2 auf 13,5 Prozent verbessert.
Neues Testprodukt Nikotinbeutel
Die Abgabe von Nikotinbeuteln unterschied sich mit 19,0 Prozent Abgabequote insgesamt nicht wesentlich von der Abgabe von Tabak. In Tabakfachgeschäften wurden Nikotinbeutel sogar seltener als Tabak verkauft (10 Prozent Abgabequote). Im Lebensmittel-Einzelhandel wurden Nikotinbeutel bei 14,3 Prozent der Nikotinbeutelkäufe abgegeben, in Tankstellenshops dagegen bei 37,5 Prozent.
Viele Abgaben trotz Ausweiskontrolle
Insgesamt nahmen bei den Testungen 2024 die Ausweiskontrollen zu. Aber auch wenn der Ausweis kontrolliert wird, kann es zur Abgabe von Alkohol und Nikotinprodukten an Minderjährige kommen – etwa weil das Personal das Alter falsch berechnet oder unachtsam ist. Bei 48,1 Prozent aller Abgaben (112 von 233 Käufen) wurde der Ausweis zwar kontrolliert, dennoch der gewünschte Artikel verkauft. Hier könnten technische Hilfestellungen, etwa Kassensoftware oder Handy-Apps, Abhilfe schaffen, so Krenmayr.
Jugendschutz-Landesrat Martin Winkler (SPÖ) verweist darauf, das in Oberösterreich ein großer Händler dies schon nutzt – als Anregung und Vorbild für andere.
Pilotprojekt CBD-Testkäufe: Besonders schlechtes Ergebnis
Nach der Ergänzung der rauchbaren CBD-Produkte im Jugendschutzgesetz, wurden 2024 diese Produkte im Rahmen eines Pilotprojektes in das Testkaufsystem aufgenommen. Bei den CBD-Testkäufen fiel die hohe Abgabequote gepaart mit mangelnder Ausweiskontrolle auf.
Insgesamt wurden 56 CBD-Testkäufe durchgeführt, davon 18 Käufe in CBD-Shops und 38 Käufe an CDB-Automaten. Zwei Drittel der getesteten 18 CBD-Shops gaben rauchbare CBD-Produkte an die unter 18-jährigen Testkäufer ab, alle Abgaben erfolgten ohne Ausweiskontrolle.
An CBD-Automaten mit elektronischer Jugendschutzkontrolle war es den jugendlichen Testkäufern möglich, an 16 von 38 Automaten CBD-Produkte zu erwerben (42,1 Prozent Abgabequote). Aufgrund der hohen Fehlerquote bei der Alterskontrolle wurden die betroffenen Anbieter vom Land OÖ informiert und um Nachbesserung gebeten. Es wurden danach exemplarische Nachtestungen einzelner Automatenstandorte durchgeführt, die dann ohne Beanstandung verliefen (insgesamt fünf Tests).
Winkler: „Hier müssen wir in Zukunft ein verstärktes Hauptaugenmerk legen, um auch in dieser Branche auf ähnliche Abgabequoten wie bei den anderen zu kommen. Mit dem Schritt, dass der Verkauf der rauchbaren CBD-Produkte nur noch über Trafiken erlaubt ist, erwarte ich mir im nächsten Jahr bereits eine Angleichung an die Abgabequote der Tabakprodukte.“
Prävention und Sensibilisierung gestärkt
Unabhängig von den CBD-Testungen zeigt sich Jugendschutz-Landesrat Winkler mit der Entwicklung zufrieden. „Für Kinder und Jugendliche in Oberösterreich wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, an Alkohol und Tabakprodukte zu kommen. Die Ergebnisse zeigen klar, dass wir durch die Schaffung der Testkäufe die Prävention im Jugendschutz gestärkt und die Sensibilisierung in diesem Bereich erhöht haben. Auch wenn bei einzelnen Verkaufsstellen Fehler bei der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes passieren, sieht man an den Zahlen, dass insgesamt die Testkäufe eine positive Wirkung auf die Abgabequote haben“, so Winkler. „Das etablierte Testsystem in Oberösterreich mit der detaillierten Aufbereitung und Analyse der Daten ist ein Vorzeigemodell, mit dem wir österreichweit eine Vorreiterstellung einnehmen.“
Testkäufe das ganze Jahr über
15 bis 20 Jugendliche sind laut Krenmayr für die Testungen unterwegs, getestet wird im Grunde das ganze Jahr über. Die Testkäufer waren alle zwischen 14 und 15,5 Jahren alt und wurden von geschulten erwachsenen Personen begleitet, die die Ergebnisse der Testkäufe protokollierten und den Kassa- bzw. Servicekräften sowie den Leitungen der getesteten Betriebe rückmeldeten. Zudem erhielt jeder Betrieb mehrere Wochen nach dem Testkauf ein Informationsschreiben über das Testergebnis sowie eine Broschüre des Landes OÖ mit den geltenden Jugendschutzbestimmungen.
„Nicht auf Äußeres verlassen“
Betriebe, die bei einem Testkauf gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen hatten, wurden im Abstand von einigen Monaten ein zweites Mal getestet. Bei wiederholtem Verstoß wird an die Behörden gemeldet, der Strafrahmen beträgt bis zu 7.000 Euro.
Winkler und Krenmayr raten Verkaufspersonal, sich nicht auf die Einschätzung des Äußeren bei jungen Kunden zu verlassen. Dafür gibt es auch die „18 plus 7“-Regel: Wenn nicht vom Äußeren her ausgeschlossen werden kann, dass der Kunde das gesetzliche Mindestalter zum Erwerb von Spirituosen oder Tabakwaren um sieben Jahre überschritten hat, soll immer der Ausweis kontrolliert werden.
Problematisches Nutzungsverhalten von E-Zigaretten bei Jugendlichen
Winkler kündigt zudem an, das Testkaufsystem um Vapes zu erweitern. Sehr beunruhigend für ihn: Laut ESPAD-Erhebung (European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs), bei der fast 2.000 oberösterreichische Schüler befragt wurden, gaben mehr als die Hälfte der Jugendlichen an, schon einmal eine der E-Zigarette probiert zu haben – neun Prozent greifen täglich zu den Vapes. Laut der Studie haben auch bereits 30 Prozent schon Nikotinbeutel ausprobiert und sieben Prozent nutzen sie täglich. Zwei Drittel der Jugendlichen mixen zudem mehrere Produkte.
„Die zunehmenden Zahlen beim Konsum von E-Zigaretten sind alarmierend und bedeuten eine klare Gesundheitsgefährdung unserer Jugendlichen. Es kann nicht sein, dass der Zugang zu süchtig machenden Mitteln unkontrolliert bleibt. Daher werden wir mit der nächsten Welle an Testkäufen auch Vapes mitaufnehmen und genau hinsehen, wie und vor allem durch welche Händler diese Zahlen zustande kommen.“
Und Winkler nimmt auch die Eltern in die Pflicht: „Sie müssen ihren Kindern erklären, worum es hier eigentlich geht: viel Geld mit einem zu verdienen“, verweist er auf geschicktes Marketing hinter dem „massenhaften Phänomen“ der Vapes.
Grüne fordern auch Online-Testkäufe
Die Grüne Jugendsprecherin LAbg. Anne-Sophie Bauer fordert, künftig auch Online-Testkäufe bei E-Zigaretten und Nikotinbeutel durchzuführen. „Es ist bitternötig dort genau hinzuschauen. Denn aktuell scheint der Online-Weg zu Vapes und Co. für die Jugendlichen offen wie ein Scheunentor.“
Wie hürdenlos eine solche Bestellung abläuft, hat Bauer selbst bei einem Online-Vape-Shop getestet. „Es wurde kein Altersnachweis verlangt und auch sonstige Barrieren hat es nicht gegeben. Wer E-Zigaretten online kaufen will, bekommt sie. Diesen Wildwest-Zustand haben wir einzudämmen.“
Und sie fordert, das Gesetz anzupassen: „Vapes und Nikotinbeuteln sind mit klassischen Tabakprodukten gleichzustellen, auch bei Vermarktung und Bewerbung. Es kann doch nicht sein, dass die Zigaretten-Werbung verboten ist, aber bei Festivals und auf Socialmedia-Plattformen wird kräftig und stylisch für die bunten Vapes geworben. Nikotin bleibt Nikotin, Sucht bleibt Sucht und beides gesundheitsschädlich“, betont Bauer.
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