
OÖ. Mehrere Impfstoffe gegen Covid-19 stehen kurz vor der Zulassung. Warum die Forschung vergleichsweise schnell voranschreitet und wie die Impfstoffe im Detail wirken, berichtet Peter Palese. Er ist Virenforscher und war am 23. November online zu Gast im JKU Corona Update.
Peter Palese stammt aus Linz, hat Chemie und Pharmazie studiert. Nach seinem Postdoc in den USA ist er dort geblieben und wurde zum Direktor des Departments für Mikrobiologie an der Mount Sinai School of Medicine in New York. Palese ist auf Influenzaviren spezialisiert und selbst an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 beteiligt. Am Montag, 23. November, sprach er mit Meinhard Lukas, Rektor der Johannes Kepler Universität, über den aktuellen Fortschritt bei den Covid-19-Impfstoffen.
95 Prozent Wirksamkeit bei Moderna und Biontech
Kurz vor der Zulassung stehen unter anderem die Impfstoffe des US Pharmakonzerns Moderna und des deutschen Herstellers Biontech. Dabei handle es sich in beiden Fällen um sogenannte RNA-Impfstoffe, berichtet Palese. Das bedeutet, dass nur ein Teil des Virus, die Messenger-RNA, verwendet wird. So werde eine Immunantwort geschaffen. Die Wirksamkeit dieser beiden Impfstoffe soll bei 95 Prozent liegen, der Rest bekomme eine milde Firm von Covid-19.
Impfstoffe können darüber hinaus auf zwei andere Arten hergestellt werden, die aber mit einem hohen Infektionsrisiko bei der Produktion verbunden sind, erklärt Palese. Ein Virus lasse sich wie bei der Pockenimpfung schwächer machen, auch ein inaktives Virus könne genommen werden.
Weitere Impfstoffe, an denen derzeit geforscht wird, sind ein Vektorimpfstoff der Universität Oxford und Paleses, der ähnlich wie Influenza funktioniert. Geforscht wird an Mäusen, Frettchen und Hamstern. Vermutlich könnte dieser Stoff auch in die Nase gegeben und günstiger als andere Impfstoffe hergestellt werden. Den Preis einer Dosis von Moderna oder Biontech schätzt er auf 100 bis 150 US-Dollar, was etwa 85 bis 127 Euro entspricht. Wie lange ein Impfstoff schützt, sei noch schwer einzuschätzen. Das Virus sei in den letzten acht Monaten aber nicht mutiert, ergänzt Paleses. Eine Mutation würde bedeuten, dass der Impfstoff angepasst werden müsste, so wie es bei der Influenza jährlich der Fall ist.
Mehr Geld für die Entwicklung als üblich
Wie es gelingen konnte, die Impfstoffe verhältnismäßig schnell zu entwickeln?, möchte Meinhard Lukas wissen. „Es gibt keinen anderen Impfstoff, bei dem so viel Geld da war“, antwortet Palese und führt aus, dass damit unter anderem mehr Personal und Probanden möglich waren. So wurde für einen der Impfstoffe etwa eine Studie mit 40.000 Personen durchgeführt. Hinzu komme, dass Technologien moderner werden. Zum Vergleich: Klinische Studien dauern laut Lukas meist zwischen 18 und 55 Jahren, die Impfstoffentwicklung im Speziellen nimmt durchschnittlich sieben bis acht Jahre ein.Ob damit auch Risiken verbunden sind? Die Langzeitwirkungen sind noch schwer absehbar, gibt Palese zu, wobei er diese verglichen mit der Zahl der bereits Verstorbenen für „das kleinere Übel“ hält. Stark waren die Nebenwirkungen wie ein geschwollener Arm nach der Impfung vor allem bei Kindern. Laut ihm bestehe jedenfalls bei allen Impfstoffen, die in der engeren Auswahl sind, kein Grund für Angst. Ein lausiger Impfstoff ist für Palese aber auch besser als gar keiner.
Verteilung als Herausforderung
Herausfordernd könne ab dem Zeitpunkt der Zulassung die Verteilung der Impfstoffe werden. Manche müssen bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden, während für andere der Kühlschrank als Transportmittel ausreicht. In Staaten wie Russland, China und Bahrain werden bereits Teile der Bevölkerung geimpft. Wie gut diese tatsächlich schützen und welche Nebenwirkungen sie haben können, ist aber noch weitgehend offen.