Frauen in der Forstwirtschaft: Steigender Anteil, aber wenig sichtbar
TRAUNKIRCHEN/GMUNDEN/OÖ. Österreichweit sind 30 Prozent der Wald(mit)eigentümer Frauen, die gemeinsam ein Viertel der Waldfläche besitzen. Dennoch sind Frauen im Ausbildungsbereich und in Berufen der Forstwirtschaft wenig vertreten und noch weniger sichtbar. Die Konferenz „Wald in Frauenhänden“ möchte das ändern.
Fast jeder dritte Wald in Österreich ist laut Agrarstrukturerhebung in weiblichem (Mit-)Besitz. Anders verhält sich das Geschlechterverhältnis in Berufen der Forstwirtschaft – ein Beispiel: Nur zehn Prozent der Jäger in Oberösterreich sind Frauen. Ein Grund für Hermine Hackl vom Waldcampus in Traunkirchen, dass eine Online-Konferenz „Wald in Frauenhänden“ ins Leben gerufen wurde. Von Montag, 12. April bis Dienstag, 13. April 2021 stehen unter anderem eine Podiumsdiskussion, eine Gruppenarbeit sowie ein Marktplatz der Initiativen auf dem Programm. Die Idee dazu hatte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die damit den Anteil der Frauen in der Forstwirtschaft erhöhen sowie Bewusstsein für Frauen in der Forstwirtschaft schaffen möchte. Immerhin handle es sich um den zweitwichtigsten Wirtschaftszweig nach Tourismus, sagt Hackl.
Niedriger Anteil der Frauen ist gesellschaftliches Problem
Warum nur wenige Frauen in Berufen der Forstwirtschaft tätig sind? Hermine Hackl, Gründungsmitglied des Vereins Forstfrauen, erzählt, dass sie vor 40 Jahren noch oft zu hören bekomme habe, dass Forstwirtschaft doch ein Männerberuf sei. Vielleicht werde die Branche auch immer männerdominiert bleiben, wenn es um Muskelkraft geht. Grundsätzlich sei aber je nach Bereich zu unterscheiden. Bei Wald und Gesundheit, Waldpädagogik oder Kommunikation rund um Wald sei der Frauenanteil höher im Vergleich zur Forstfacharbeit beispielsweise. Selbiges gelte für Stellen, die für Akademiker ausgeschrieben sind. Gmundens Bezirksjägermeister Johann Enichlmair vermutet, dass dieser niedrige Anteil auf ein gesellschaftliches Problem zurückzuführen sei. Frauen würden durchaus gute Arbeit in einem technischen Beruf leisten, sich diesen aber häufig nicht zutrauen. „Gründe für diese Unterrepräsentation und schwache Sichtbarkeit der Frauen sind vor allem geringe Einbindung von Frauen, traditionelle Rollenbilder und fehlende Vorbilder im Sektor“, heißt es auf der Webseite der Österreichischen Forstfrauen.
Kein Geschlechterkonflikt, aufgeschlossene Forstmänner
Einen Geschlechterkonflikt nehmen weder Hackl noch Enichlmair wahr. „Ich sehe keinen Geschlechterkonflikt. Ich kenne jede Menge starke Forstfrauen, die nach Leistung beurteilt werden“, berichtet Enichlmair. Hackl spricht von einer positiven Einstellung der Forstmänner in Bezug auf ihre Kolleginnen. „Zu Herausforderungen wird wahrscheinlich jede Forstfrau etwas anderes sagen. Ich kann nur aus meiner Sicht berichten. Forstmänner sind für mich etwas ganz Besonderes. Die sind sehr offen für Veränderungen und freundlich. Mir ist es nie schlecht gegangen. Manchmal war lediglich jemand erstaunt, was hier eine Frau macht“, führt die Direktorin des Waldcampus, die selbst seit mehr als 30 Jahren in der Branche tätig ist, aus.
Forstmänner habe sie bisher als unterstützend erlebt. Sie erwähnt zwar, dass Männer zum Teil andere Talente als Frauen hätten, aber sich das gut ergänzen würde und die Begeisterung für den Wald für alle Basis sei. Gleiche Menschen würden weder eine Gesellschaft noch die Welt voranbringen. Traditionelle Rollenbilder seien schon vorhanden, meint sie auf Tips-Nachfrage. Die Branche sei insgesamt noch ein wenig traditioneller und erdiger als andere Arbeitsfelder. Das würde jedoch nicht heißen, dass man nicht modern sei. Sowohl Laptop und Lederhose als auch Ökologie und Ökonomie würden sich laut Hackl nicht ausschließen.
Entwicklung in die richtige Richtung
Ob sie dennoch Verbesserungsbedarf für Forstfrauen wahrnimmt? Grundsätzlich gehe die Entwicklung in die richtige Richtung, ist Hackl überzeugt. So würden junge Studentinnen heute nicht mehr hören, dass Forstwirtschaft ein Beruf für Männer sei. Auch wichtige Stellen, wie die der Landwirtschaftsministerin Köstinger oder der einzigen Landesforstdirektorin in Österreich Elfriede Moser (OÖ), werden zunehmend von Frauen besetzt. Das sei gesellschaftspolitisch von Bedeutung, habe eine gewisse Vorbildfunktion und könne ermutigend wirken. Was noch mehr werden könnte, ist die Vernetzung der Frauen in der Branche. Darüber hinaus hätte es Frauenschwerpunkte oder Veranstaltungen wie die Konferenz „Wald in Frauenhänden“ früher gebraucht, um Frauen Mut zu machen und ihnen zu signalisieren, dass sie in der Forstwirtschaft willkommen seien.
Konferenz „Wald in Frauenhänden“ soll Vernetzung und Sichtbarkeit fördern
Ursprünglich hätte die Konferenz bereits letztes Jahr und weltweit durchgeführt werden sollen. 250 Teilnehmer hatten sich angemeldet, berichtet Hackl. Aufgrund der Pandemie habe man sich nun für eine Online-Konferenz entschieden, die die Vernetzung von Frauen in der Forstwirtschaft fördern soll, was bei Männern schon länger geschehe. Diese dürfen auch teilnehmen, da man gemeinsam mehr erreichen könne. „Ich glaube, dass man im Gespräch viel erreichen kann. Manche Konflikte werden hinter Themen versteckt“, sagt Enichlmair, der bedaure, dass es zwischen Bezirksjägermeistern und den österreichischen Forstfrauen bis dato keine Zusammenarbeit gibt. In puncto Konferenz befürchtet er, dass ein Teil der Interessierten nicht erreicht werde, da nicht alle in der Branche computer- oder technikaffin seien. Hackl rechnet dennoch mit mindestens 250 Teilnehmern und damit, dass es nicht die letzte Konferenz bleiben werde.
Motorsägen-Kurse für Frauen
Der Waldcampus in Traunkirchen führt die Konferenz zum ersten Mal durch und setzt selbst Schwerpunkte für Frauen. „Wir haben zum Beispiel Motorsägen-Kurse rein für Damen. Die sind ungefähr für die nächsten zwei Jahre ausgebucht. Bei einer sechswöchigen Fachforstarbeiter-Ausbildung ist auch eine ORF-Journalistin dabei“, erzählt Hackl. Was das eigene Personal betrifft, so arbeiten am Waldcampus 51 Prozent Frauen, wobei Bereiche wie das Verwaltungsteam und das Küchenpersonal eingerechnet sind. Leider habe man bisher keine einzige Frau im Lehrer- und Trainerteam, was sich mit der neu ausgeschriebenen Stelle hoffentlich ändern werde, schließt Hackl.
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