Couchgeflüster: "Hört auf, euch zu verloben!"
Der Sex- und Dating-Podcast „Couchgeflüster“ von Journalistin Sinah Edhofer und Influencerin Leonie-Rachel Soyel zählt mittlerweile zu den größten Podcasts des Landes. In ihrer Tips-Kolumne hält Sinah ein Plädoyer für mehr Gelassenheit in Beziehungen – und erklärt, warum Liebe nicht immer instagramtauglich sein muss.
Den Großteil meines Tages verbringe ich auf Instagram. Nicht zum Spaß, sondern weil es zu meinem Beruf gehört, Medien und neue Trends zu kennen. In den letzten Jahren haben sich durch die Plattform zahlreiche neue Berufsfelder gebildet. Klassisches Beispiel: Influencer. Aber kaum eine Branche hat eine derartige Renaissance erfahren wie die Hochzeitsfotografie.
Die Flut an Hochzeitsbildern, die täglich in mein Feed gespült wird, ist beeindruckend. Ständig sehe ich sepiagefilterte Fotos von Brautjungfern in salbeifarbenen Kleidern mit Eukalyptus im Haar und die verträumten Blicke von Brautpaaren. Nicht falsch verstehen: Ich freue mich für euch! Mazel tov! Aber dieser Wirbel ums Heiraten und die Verlobung verwundert mich. Gerade die Verlobung wird immer mehr zu einem Happening der Superlative inszeniert. Versteckte Kamera, „She Said Yes!“-Schildchen und Ring-in-die-Kamera-halten inklusive.
Eine Ehe will gut überlegt sein will und damit meine ich nicht nur das Planen des Hochzeitsmenüs oder die Farbe der Brautjungfernkleider. Wann ist dieses Brautjungfernding bei uns eigentlich so en vogue geworden...? Gerade in meiner oberösterreichischen Heimat wird gefühlt jeden Tag geheiratet und brav jenem Skript Folge geleistet, das Eltern und Großeltern peinlich genau für uns festgelegt haben: Beziehung, Heiraten, Kinder kriegen, Haus bauen, Baum pflanzen - und das am besten alles vor dem 30. Geburtstag. Was für ein Stress!
„Welche Art von Ehe möchte ich führen?“
Man könnte meinen, ich sei unromantisch. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Ich will heiraten, aber auf die lästigen Fragen, wann es denn endlich so weit ist, kann ich verzichten. Übrigens fragen mich meistens andere Frauen danach. Wenn ich dann antworte, dass Heiraten ein teurer Spaß ist, ich mich aktuell auf meine Karriere konzentrieren will und außerdem auch so sehr glücklich in meiner Beziehung bin, ernte ich mitleidige Blicke. Ich kann euch beruhigen: Natürlich denke ich darüber nach, wie dieser Tag wohl wird. Aber noch wichtiger ist für mich die Frage, welche Art von Ehe ich führen möchte. Zwei Dinge gibt es jedenfalls, die ich schon jetzt mit Sicherheit weiß: Welche Schuhe ich zu meiner Hochzeit tragen werde und dass ich keine hysterische Instagram-Hochzeit will. Und schon gar keine Brautjungfern.
Ich wünsche mir mehr Realität auf Instagram, wenn es um Beziehungen geht. Wo sind die Likes, wenn man täglich treuherzig die Unterhosen des anderen wäscht? Wo sind die Glückwunschbekundungen, wenn man nach der Geburt eines Kindes nach Monaten zum ersten Mal wieder Sex hat? Meine Meinung: Es ist ein gutes Zeichen, wenn man sich auf das gemeinsame Leben nach der Hochzeit mehr freut als auf den Hochzeitstag selbst. Oder wenn man auch ohne Hochzeitsurkunde glücklich miteinander sein kann. Das ist, zumindest für mich, wahre Romantik
Couchgeflüster folgen und diskutieren:
www.instagram.com/couchgefluester.vienna/
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