AK OÖ: „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz entstehen oft schleichend“
OÖ/LINZ. Psychische Belastungen zählen zu den größten Herausforderungen im beruflichen Alltag. Leistungsdruck, ständige Anpassung und strukturelle Veränderungen können nicht nur die Psyche, sondern auch die körperliche Gesundheit beeinträchtigen, heißt es von Seiten der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ). Unternehmen sind daher gesetzlich verpflichtet, im Rahmen der Arbeitsplatz-Evaluierung auch psychische Belastungen zu erheben, in der Pflege sei die Belastung besonders hoch.
„Psychische Belastungen sind kein Randthema mehr. Umso wichtiger ist es, Betroffene nicht allein zu lassen und strukturell gegenzusteuern!“, betont AK-Präsident Andreas Stangl.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich weist darauf hin, dass psychische Gesundheit „kein Nice-to-have, sondern eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Arbeitsumfeld“ ist. Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, im Rahmen der Arbeitsplatz-Evaluierung auch psychische Belastungen zu erheben und geeignete Maßnahmen zu setzen.
Hohe Standards gefordert
Die Evaluierung dürfe dabei nicht oberflächlich erfolgen. Laut AK müssen die Verfahren „hohen Qualitätsstandards entsprechen, wie sie in der ÖNORM EN ISO 10075-3 geregelt sind“. Eingesetzt werden können Fragebögen, moderierte Gespräche oder Beobachtungen – allerdings ausschließlich durch fachkundige Personen.
Was Arbeitnehmer belastet
Psychische Belastungen entstehen laut der Arbeiterkammer Oberösterreich oft schleichend. Typische Auslöser seien „ständiger Zeitdruck, hohe Arbeitsverdichtung, fehlende Pausen, widersprüchliche Anforderungen, mangelnde Einflussmöglichkeiten oder ein schlechtes Betriebsklima“. Auch „fehlende Anerkennung, ungerechte Behandlung oder unklare Zuständigkeiten“ wirken sich negativ auf die psychische Gesundheit aus.
Psychische Belastung in Pflege besonders hoch
Der Arbeitsklimaindex der AK Oberösterreich zeigt, dass die psychische Belastung in der Pflege „alarmierend hoch“ ist. Mehr als die Hälfte der Befragten habe „bereits Burnout-Fälle im direkten beruflichen Umfeld erlebt“. Ursachen seien „Zeitdruck, Personalmangel und die emotionale Verantwortung gegenüber Patienten“.
Datenlage
Laut dem Mikrozensus 2020 von Statistik Austria fühlen sich rund 60 Prozent der Erwerbstätigen mindestens einem psychischen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Am häufigsten genannt werden dabei starker Zeitdruck und Arbeitsüberlastung. Weitere Faktoren sind der Umgang mit schwierigen Personen, schlechte Kommunikation und Zusammenarbeit (12,6 Prozent), fehlender Einfluss auf das Arbeitstempo (8,2 Prozent), unsichere Beschäftigungsverhältnisse (6,4 Prozent) sowie Mobbing (3,2 Prozent).
Seit den 1990er-Jahren ist die Zahl der Krankenstandstage aufgrund psychischer Erkrankungen um 443 Prozent gestiegen – von 1,06 Millionen auf rund 5,78 Millionen Tage im Jahr 2023.
Schätzungen zufolge entstehen durch arbeitsbedingte psychische Belastungen in Österreich jährlich Kosten von rund 3,3 Milliarden Euro. 32 Prozent aller neuen Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspensionen entstehen aufgrund psychischer Ursachen, heißt es in einer AK-Studie.
Fachwissen notwendig
Die AK betont, dass die Erhebung und Bewertung psychischer Belastungen „idealerweise durch Arbeitspsychologen“ erfolgen sollte. Zudem seien auch „Betriebsräte, Sicherheitsvertrauenspersonen, Arbeitsmediziner und Sicherheitsfachkräfte“ wichtige Anlaufstellen.
Arbeitgeber in der Pflicht
Rechtlich gesehen trägt der Arbeitgeber die Verantwortung: Er ist verpflichtet, die Erhebung durchzuführen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. „Entscheidend für den Erfolg ist jedoch das Zusammenspiel aller Beteiligten inklusive der Beschäftigten. Nur gemeinsam lassen sich Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern“, heißt es seitens der AK OÖ.
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