Firmeninsolvenzen: Trend Richtung Vor-Corona-Zeiten geht weiter
OÖ/NÖ. Nach der sehr niedrigen Zahl an Firmeninsolvenzen seit Beginn der Covid-Pandemie steigen diese nun wieder. Mit Herbst 2021 hat eine Trendwende eingesetzt, diese hat sich im 1. Quartal 2022 verstärkt. Das zeigt die Analyse das Gläubigerschutzverbandes Creditreform, der für das gesamte Jahr 2022 mit einer Rückkehr zum Vor-Pandemie-Niveau rechnet.
Sind die Firmeninsolvenzen seit Beginn der Pandemie auf den niedrigsten Stand seit 1990 gesunken, kam im Herbst 2021 die Trendwende. Österreichweit sind die Firmeninsolvenzen um 111 Prozent auf 1.055 Verfahren angestiegen. 116 Insolvenzen pro Werktag werden verzeichnet.
Die Zahl der eröffneten Verfahren ist dabei um 89,8 Prozent auf 611 gestiegen. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen haben sich gar um 150 Prozent auf 444 erhöht – ein Alarmzeichen für alle Gläubiger, heißt es von Creditreform
Bundesländervergleich
Den stärksten Zuwachs verzeichneten Tirol (+309,5 Prozent) und Niederösterreich (+196,1 Prozent). In Niederösterreich gab es im 1. Quartal 2022 228 Insolvenzen, um 151 mehr als im 1. Quartal 2021. Oberösterreich verzeichnete im 1. Quartal 123 Insolvenzen, um 69 mehr als im Vergleichszeitraum 2021 - ein Plus von 127,8 Prozent.
Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrschte in der Bundeshauptstadt mit knapp vier Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, in OÖ liegt diese Zahl bei 2,2, in NÖ bei 3,5.
Branchenvergleich: Starke Zuwächse im Transportwesen
Am stärksten stiegen die Insolvenzen im Transportwesen („Verkehr- und Nachrichtenübermittlung“) mit einem Plus von 156,5 Prozent, gefolgt vom Tourismus mit plus 132 Prozent. Die meisten Insolvenzanträge verzeichneten das Bauwesen (192), der Handel (178) und die Dienstleistungen (166). Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrschte ebenfalls im Bau mit rund 8 von 1.000 Unternehmen.
3.000 Arbeitsplätze
Die überwiegende Anzahl an Insolvenzen hat Klein- und Kleinstunternehmen betroffen. Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf rund 205 Millionen Euro. 3.000 Arbeitsplätze waren österreichweit betroffen.
Bei den Top-Ten-Insolvenzen nach Verbindlichkeiten führt die Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH in Niederösterreich mit 69,9 Millionen Euro die Liste an, ebenso nach Arbeitnehmern mit 109.
Hauptursache: Hilfen ausgelaufen
Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer sieht als Hauptursache für den Anstieg der Insolvenzen in Richtung Vor-Pandemie-Niveau das Auslaufen der staatlichen Hilfen. Ebenso sind die öffentlichen Gläubiger (Finanz, GKK) wieder im Normalbetrieb und stellen vermehrt Insolvenzanträge. Bei vielen Unternehmern sei auch der Umsatz nicht in erwartetem Umfang zurückgekommen.
„Nicht weiter verwunderlich“
Der Anstieg sei „nicht weiter verwunderlich“. „Neben den nach wie vor bestehenden Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftigen Klimawandel, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Inflation und Lieferkettenprobleme die heimische Wirtschaft, vom Ukraine-Krieg gar nicht zu sprechen.“
Dank weiterhin guter Eigenkapitalausstattung – mehr als 42 Prozent der Unternehmen verfügen über eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent - und einer starken Krisenresilienz hätten zumindest die Mittel- und Großbetriebe diese Herausforderungen bislang gut gemeistert. „Kleinere Unternehmen haben nicht die Finanzkraft, die Manpower oder schlichtweg die Möglichkeit, höhere Einkaufspreise an die Kunden weiterzureichen und sind daher gezwungen, Insolvenz anzumelden.“
Rückkehr auf Vor-Corona-Zeiten
Für das Gesamtjahr 2022 rechnet Creditreform mit einer Rückkehr auf das Vorpandemie-Niveau von rund 5.000 Firmeninsolvenzen. Das entspräche bei rund 400.000 heimischen Unternehmen einer Insolvenzquote von 1,25 Prozent und könne eine starke Marktwirtschaft wie Österreich aushalten, so der Ausblick
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