
OÖ/PERG. Nachdem am Montag, 2. Oktober, in Naarn, Bezirk Perg, eine 60-jährige Frau von einem Hund zu Tode gebissen wurde, kündigt Tierschutz-Landesrat Michael Lindner eine Evaluierung der gesetzlichen Bestimmungen an.
Die Frau war beim Joggen im Ortsteil Sebern in Au an der Donau unterwegs, als sie von einem American Staffordshire Terrier attackiert wurde. Die 60-jährige erlag noch an Ort und Stelle ihren schweren Verletzungen. Der Hundehalterin war es nicht gelungen, das Tier von der Frau loszureißen, sie erlitt selbst Verletzungen unbestimmten Grades und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Hund wurde über Anordnung der BH Perg in Absprache mit den Amtstierärzten eingeschläfert.
Oberösterreich: keine besonderen Auflagen für „Listenhunde“
American Staffordshire Terrier gelten in Österreich als „Listenhunde“ (auch als „Kampfhunde“ oder „Anlagehunde“ bezeichnet). Die Haltung dieser Hunderassen ist in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. In Wien etwa müssen Halter von Listenhunden eine Hundescheinprüfung absolvieren, in Vorarlberg und Niederösterreich muss die Haltung von als gefährlich geltender Rassen der Behörde angezeigt und von dieser bewilligt werden.
In Oberösterreich wird das Halten von Hunden im Oberösterreichischen Hundehaltegesetz geregelt, das vergangenes Jahr novelliert wurde. In Oberösterreich gibt es keine besonderen Auflagen für die Haltung von Hunden bestimmter Rassen. Bei der Anmeldung eines Hundes muss lediglich ein sechsstündiger Kurs absolviert werden, bei auffälligen Hunden ein zehnstündiger Kurs. Als auffällig gilt ein Hund, bei dem auf Grund bestimmter Tatsachen von einem erhöhten Gefährdungspotential für Menschen und Tiere ausgegangen werden kann. Gemeinden können weitere Vorschriften, wie den Maulkorb- und Leinenzwang, erlassen.
Landesrat Lindner: Evaluierung des Oö. Hundehaltegesetztes in Auftrag gegeben
Landesrat Michael Lindner (SP) kündigt in Reaktion auf den Tod in Naarn eine Evaluierung der Gesetzeslage an: „Die Menschen erwarten sich zurecht, dass die Politik ihre Sorgen ernst nimmt. Daher habe ich heute eine Evaluierung des Oö. Hundehaltegesetzes in Auftrag gegeben. Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern müssen mit Fachleuten Gesetz und Vollzug kritisch durchleuchten!“, so Lindner.
Begrüßt wird diese Ankündigung von den Grünen: „Klar ist, dass dieser furchtbare Vorfall genauest untersucht werden muss. Es ist bis ins Detail zu klären, wie es zu dieser Attacke kommen konnte. Klar ist aber auch, dass die Politik handeln muss. In diesem Sinn begrüßen wir, dass Landesrat Lindner eine Evaluierung des OÖ. Hundehaltegesetz in Auftrag gegeben hat. Wenn sich herausstellt, dass dieses Gesetz geändert und nachgeschärft werden muss, dann hat dies auch zu geschehen. Denn die Sicherheit der Bevölkerung hat oberste Priorität“, so der Grüne Klubobmann Severin Mayr.
FP OÖ -Klubobmann Mahr: „Vorhaben unabhängig der Emotion mit Experten diskutieren“
Die Freiheitlichen stehen einer strengeren Reglementierung bestimmter Hunderassen kritisch gegenüber: „Nach vollständiger Klärung des Sachverhalts und Unterstützung der Betroffenen muss sich die Politik damit beschäftigen, inwieweit weiterer Verbesserungsbedarf besteht. Ich verstehe jeden, der nach diesem tragischen Vorfall darüber nachdenkt, dass gewisse Hunderassen strenger reglementiert werden müssten. Trotz der Umstände appelliere ich, solch ein Vorhaben unabhängig der Emotion mit Experten zu diskutieren, damit Verbesserungen wirklich sowohl zum Wohle des Menschen als auch der Hunde getroffen werden“, so FP-Klubobmann Herwig Mahr.
Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) fordert strengere Regeln für Listenhunde
Bei der letzten großen Änderung des Hundehalterechts 2021 habe sich die Politik in Oberösterreich gegen eine strenge Regelung für Kampfhunde entschieden, so das KVF. Das sei eine fatale Fehleinschätzung, die korrigiert werden müsse, auch andere Bundesländer sollten laut KVF ihre Regelungen überarbeiten. Laut einer Hochrechnung des KVF werden in Österreich jedes Jahr zwischen 3.000 und 4.000 Menschen nach Hundebissen so schwer verletzt, dass sie ins Spital müssen – darunter rund 800 Kinder.
Das KFV führt zudem Aufzeichnungen über besonders schwere Vorfälle. Dabei sei auffällig, dass sich in diesem Jahr besonders viele dramatische Fälle in Oberösterreich zugetragen haben. Das KFV führt mehrere Beispiele an, über die auch Tips berichtete: So wurde am Samstag, den 25. März 2023 in Windhaag ein 11 Jahre altes Kind von einem seit Längerem bekannten Hund ins Gesicht gebissen. Am selben Tag wurden zwei Kleinkinder in Rechberg von einem Hund gebissen. • Im Juni wurde ein einjähriger Bub in Kirchdorf an der Krems von einem Hund in den Kopf gebissen, der Appenzeller-Labrador Rüde hatte bisher als gutmütig gegolten. Im August biss ein Hund ein sieben Monate altes schlafendes Baby in Regau in den Rücken. Im September wurden zwei Kinder (10 und 12 Jahre alt) bei einem Schulwandertag in Lenzing von einem Hund gebissen. Der Hund war nicht angeleint und konnte seinen Beißkorb abstreifen.