"Housing First": 90 Wohnungen für Obdachlose in OÖ
OÖ/BEZIRK. Das Projekt „Housing First“ organisiert bis September 2024 über 500 Wohnungen für Menschen, die in Österreich auf der Straße leben, um ihnen zurück ins Leben zu helfen. Auch sieben Sozialorganisationen in OÖ sind beteiligt und haben sich vorgenommen, 90 Wohnungen in Linz, Wels, sowie in den Bezirken Vöcklabruck, Gmunden, Ried und Braunau zu vermitteln.
Nach einem langen Tag dem Schneegestöber entweichen und nach Hause kommen. Für knapp 20.000 Menschen in Österreich ist das, Stand 2021, keine Realität, zeigt eine Befragung der Statistik Austria. „Es braucht keinen dramatischen Schicksalsschlag, um wohnungslos zu werden. Oft genügen Übergangsphasen: Ein junger Mensch, der aus dem Elternhaus raus muss. Eine Trennung. Ein auslaufender Mietvertrag“, verdeutlicht Elisabeth Hammer, Obfrau der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO).
Bewährter Ansatz: Wohnen vor allem anderen
Im Gegensatz zum meist bestehenden Stufenmodell, das die Betroffenen über Notschlafstellen an eine eigene Wohnung bringt, setzt „Housing First“ sofort dort an: Die Obdachlosen müssen sich nicht erst für eine eigene Wohnung qualifizieren, sondern erhalten diese direkt. Sie unterschreiben einen eigenen Mietvertrag und kommen selbst für die Miete auf. Je nach Bedarf stehen den ehemals Obdachlosen Sozialarbeitende auch nach dem Einzug zur Seite.
Im Zuge des Projekts „Housing First“ vermittelt die BAWO 512 leistbare Wohnungen in ganz Österreich, die bis September 2024 für 1.080 Wohnungslosen zum Zuhause werden sollen. Die stabile Unterkunft dient den Menschen als Basis, um Probleme, die sie in die Wohnungslosigkeit geführt haben, zu beheben.
Seit Jahren erzielt der Housing First Ansatz in Österreich Erfolge. Das zeigen unter anderem die Erfahrungen aus dem ebenfalls vom Sozialministerium geförderten Vorgängerprojekt „zuhause ankommen“. Unter ähnlichen Strukturen konnten von Herbst 2021 bis Frühling 2023 bereits rund 560 Wohnungen an über 1.100 wohnungslose Menschen vermittelt werden. Ein Großteil davon waren Frauen und Kinder. Im Vorreiterstaat Finnland hat das bewährte Projekt vier von fünf Personen langfristig aus der Obdachlosigkeit geholfen.
90 Wohnungen in Oberösterreich
In Österreich sind insgesamt 25 Sozialorganisationen beteiligt, davon kümmern sich sieben in Oberösterreich darum, 90 Wohnungen zu vermitteln. In Oberösterreich koordiniert die Einrichtung mosaik aus Vöcklabruck das Projekt, Leiter Stefan Hindinger ist auch BAWO-Vorstandsmitglied.
- Das Sozialzentrum mosaik in Vöcklabruck plant 41 Wohnungen in den Bezirken Vöcklabruck und Gmunden umzusetzen. „Wir haben mittlerweile über 26 Wohnungen und sind zuversichtlich, dass wir die 41 erreichen, vielleicht werden es noch mehr“, freut sich der Leiter Stefan Hindinger.
- In Wels sind 10 Wohnungen geplant, das Soziale Wohnservice sowie der Verein Wohnplattform setzen das Projekt mit vier bzw. sechs Wohnungen in der Stadt um.
- Die Caritas OÖ plant, sechs Wohnungen im Innviertel zu vermitteln.
- In Linz beteiligen sich die ARGE für Obdachlose mit elf, die Evangelische Stadtdiakonie mit fünf, der Sozialverein B 37 mit 12 sowie der Verein Wohnplattform mit sechs Wohnungen, insgesamt sind somit 34 Wohnungen geplant.
Schwierigkeiten für Geflohene
An Klienten fehle es nicht, doch Wohnungen sind rar. „Wir haben das Problem, dass geförderte Wohnungen bestimmte Voraussetzungen verlangen. Gerade bei Personen aus den Grundversorgungsquartieren, die asyl- oder schutzberechtigt sind, ist das oft nicht erfüllt. So bleibt uns nur der private Wohnmarkt, der natürlich weniger leistbar ist“, erklärt er. Förderungswerber aus Drittstaaten müssen unter anderem mehr als fünf Jahre in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben sowie Deutschkenntnisse vorweisen. „Die Mehrheit derjenigen, die wir betreuen, sind österreichische Staatsbürger. Die größten Herausforderungen bestehen aber für Personen, die erst seit Kürzerem in Österreich sind“, betont Hindinger.
6,6 Millionen vom Sozialministerium
Das Sozialministerium fördert das Projekt mit 6,6 Millionen Euro, die in Finanzierungsbeiträge, Umzugskosten und Kautionen fließen. Die BAWO arbeitet eng mit dem Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen zusammen. „Obdach- und wohnungslose Menschen erleben eine der schlimmsten Formen von Armut und Ausgrenzung. So etwas ist in einem Land wie Österreich nicht zu akzeptieren. Mit Housing First Österreich ermöglichen wir Betroffenen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Als Sozialminister freut es mich ganz besonders, dass Sozialorganisationen und gemeinnützige Bauträger eine Allianz zur Beendigung der Wohnungslosigkeit bilden. Genau diese breite Zusammenarbeit brauchen wir“, betont Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch.
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