Ungetrübter Blick in den Nachthimmel: Oberösterreich hat jetzt ein Gesetz gegen Lichtverschmutzung
OÖ/LINZ. Oberösterreich ist das erste Bundesland, das mit einem Gesetz aktiv gegen Lichtverschmutzung vorgeht. In Kraft tritt das Gesetz mit 1. Mai. In der Zeit zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr früh wird es damit dunkler, die Sicherheit bleibe aber gewährleistet.
„Unser Umfeld ist immer hell, vor allem in Ballungszentren wird es nicht mehr finster“, fasst Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) das Problem zusammen. „Das Thema Lichtverschmutzung ist noch zu wenig bewusst. Ich vergleiche es mit der Deponiekrise in den 80ern. Daraus ist eines der modernsten Abfallsysteme entstanden, heute nutzt jeder die Abfallsammelzentren.“
Sorgsamerer Umgang mit Licht
Beim neuen Gesetz gegen Lichtverschmutzung – im vergangenen Landtag im Rahmen einer Novellierung des Umweltschutzgesetzes einstimmig beschlossen – geht es grundsätzlich um den sorgsameren Umgang mit künstlichem Licht im öffentlichen Raum – in jenen Bereichen, die im Zuständigkeitsbereich des Landes liegen. Privatpersonen sind nicht umfasst, ebenso wie Reklame-Beleuchtungen oder jene von Schaufenstern (hier gilt das Gewerberecht auf Bundesebene) oder Bundesstraßen.
„Künftig soll künstliches Licht nur mehr dort eingesetzt werden, wo es gebraucht wird, bzw. abgeschaltet werden, wenn es nicht gebraucht wird“ – nennt Kaineder als Beispiel etwa den hell erleuchteten Fußballplatz nach einem Training, obwohl niemand mehr am Platz ist.
ÖNORM als Grundlage
Die Details erläutert Armin Kaspar, Projektkoordinator Lichtverschmutzung beim Land OÖ: Das Gesetz gibt als Standard einen Rahmen vor, wie künstliche Beleuchtung im öffentlichen Raum einzusetzen ist. Herangezogen wird als normative Grundlage die ÖNORM O 1052 „Lichtimmissionen – Messung und Beurteilung“. Teile der ÖNORM werden im Oö. Umweltschutzgesetz nun für verbindlich erklärt, wobei viele der modernisierten Anlagen bereits den ÖNORM-Vorgaben entsprächen.
Geregelt werden unter anderem
- Bedarfsgerechte Betriebszeiten
- Umwelt- und gesundheitsschonende Lichtfarbe
- Eingeschränkte Strahlrichtung – nach unten ausgerichtet
Sicherheit bleibt bestehen - mit Beleuchtungskonzepten
Die ÖNORM gilt aber nicht, wenn zum Beispiel Interessen der Ruhe, Ordnung und Sicherheit entgegenstehen. „Die Gemeinden können dann mit einem Beleuchtungskonzept begründet Abweichungen und individuelle Lösungen vereinbaren, zum Beispiel an einer viel befahrenen Kreuzung“, so Kaspar.
Klar sei auch: Innenstädte oder Bahnhöfe würden nie finster sein, „der Zebrastreifen wird beleuchtet bleiben“, so Kaineder.
„Kreisverkehre ausgeleuchtet wie Helikopter-Landeplätze“: Jetzt Rechtssicherheit für Gemeinden
Mit dem klaren Regelwerk wird nicht nur die Umstellung auf energiesparende und umweltschonende Beleuchtung vorangetrieben, was auch gut für die Gemeindefinanzen ist. „Gemeinden haben jetzt auch Rechtssicherheit, wenn etwa Beleuchtung ganz abgeschaltet oder gedimmt werden soll“, unterstreicht Kaineder. Oft hätten Gemeinden wegen fehlender gesetzlicher Regelungen und ungeklärten Haftungsfragen entschieden, die ganze Nacht über die Straßenbeleuchtung zu betreiben. „Das Fehlen von Regeln hat dazu geführt, dass zum Beispiel Kreisverkehre ausgeleuchtet sind wie Helikopter-Landeplätze. Jetzt kann das hinterfragt werden. In der Stadt Linz kann nun mit der ASFINAG gesprochen werden, ob es Sinn macht, die Stadtautobahn durchgehend voll zu beleuchten“, so Kaineder.
Das Gesetz tritt mit 1. Mai 2024 in Kraft. Die Umsetzungsfrist endet 2029. In zwei Jahren werde es eine umfassende Evaluierung geben.
Ein Hinweisblatt zu den Neuerungen und mehr Infos sind auf der Homepage des Landes OÖ zu finden.
Jährliche fünf Prozent mehr Licht
Gemessen wird die Auswirkung von künstlichem Licht mit dem OÖ-Lichtmessnetz und dem Lichtkataster Zentralraum, so die neue Leiterin der Abteilung Umweltschutz des Landes OÖ, Susanne Maieron. 23 Messstationen gibt es in Oberösterreich, „der Trend zeigt einen jährlichen Anstieg von bis zu fünf Prozent.“
Probleme durch Lichtverschmutzung
Zu viel Licht kostet nicht nur viel Geld. Drei große Problemfelder skizziert Kaineder:
- Störung des Ökosystems: 50 Prozent des Lebens auf der Erde spielt sich in der Nacht ab, künstliches Licht stört die Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen.
- Gesundheitliche Auswirkungen bei Menschen: übermäßige Beleuchtung kann den gesunden Schlaf stören, „gesunder Schlaf braucht Dunkelheit“, so Kaineder.
- Verlust des Nachthimmels als Inspirationsquelle: „Himmelsleuchten“ vor allem in Ballungszentren schränkt die Sichtbarkeit der Sterne und Planeten ein.
Wer den reinen Blick auf den Nachthimmel erleben möchte, hat übrigens beste Bedingungen im ersten Dark Sky Park Österreichs – mit dem Sternenpark Attersee-Traunsee.
Der Film „Licht im Einklang mit Mensch und Natur“ zeigt anhand der zwei Lichtschutz-Mustergemeinden Kirchschlag bei Linz und Steinbach am Attersee, wie von zukunftsfähiger Außenbeleuchtung profitiert wird.
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