KTM AG: Gläubiger stimmen Sanierungsplan unter bestimmten Bedingungen zu
MATTIGHOFEN/RIED. Am 25. Februar haben die Gläubiger der insolventen KTM AG dem Sanierungsplan zugestimmt, der eine Barquote von 30 Prozent der Forderungen vorsieht, zahlbar bis spätestens 23. Mai. Der Sanierungsplan wurde unter drei bestimmten Voraussetzungen angenommen, wie Creditreform, der Alpenländische Kreditorenverband und KSV1870 berichten. Stefan Pierer und der KTM-Vorstand waren persönlich bei der Sanierungsplantagsatzung am Landesgericht Ried anwesend.
Das Sanierungsverfahren wurde am 29. November 2024 eröffnet. Rund 3.850 Gläubiger (1.250 Lieferanten und Banken sowie 2.600 Dienstnehmer) haben Insolvenzforderungen in der Gesamthöhe von rund 2,2 Milliarden Euro angemeldet, davon wurden 2,03 Milliarden festgestellt. Sanierungsverwalter Peter Vogl prüft derzeit noch die endgültige Verteilung. Ein erfolgreicher Investoreneinstieg soll gewährleistet werden, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Der Sanierungsplan sieht vor, dass bis Juni 2025 die Produktion schrittweise wieder hochgefahren wird, unterstützt durch finanzielle Mittel aus dem erweiterten Aktionärskreis in Höhe von 50 Millionen Euro.
Inhalt des Sanierungsplans
Die Gläubiger der KTM AG haben den vorgelegten Sanierungsplan mehrheitlich angenommen. Im Rahmen des Verfahrens erhalten sie künftig eine Kassaquote von 30 Prozent ihrer Forderungen, zahlbar binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Plans.
Die Voraussetzungen
Der Sanierungsplan sieht unter anderem vor, dass der bisherige Mitgesellschafter Bajaj bereits 50 Millionen Euro zur Deckung der laufenden Kosten zur Wiederaufnahme der Produktion einbringt – ein Ziel, das damit erreicht ist. Bis spätestens 31. März sollen weitere 100 Millionen Euro für die Produktionskosten aufgebracht werden. Zudem wird vereinbart, dass die finanziellen Mittel für die Ausschüttung der Quote bis spätestens 23. Mai beim Sanierungsverwalter hinterlegt werden. Damit kann in weiterer Folge die Quote unmittelbar an die Gläubiger überwiesen werden. Insgesamt plant die Schuldnerin, einen Betrag von rund 681,2 Millionen Euro aufzubringen, um die eingetretenen Schadenersatzforderungen und Gläubigerforderungen zu bedienen, wie der KSV1870 veröffentlichte.
Einstieg von Investoren
Die KTM AG, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Pierer Mobility AG, strebt darüber hinaus an, einen Investor für das operative Geschäft zu gewinnen. Intensive Eigentümergespräche laufen bereits seit mehreren Wochen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. „Aus Gläubigersicht sind ein Investoreneinstieg und die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll. Bei einer insolvenzgerichtlichen Schließung und Zerschlagung des Unternehmens würden die Gläubiger eine Verteilungsquote von knapp unter 15 Prozent erhalten“, resümiert Karl-Heinz Götze vom KSV1870 und ergänzt: „Bei einer Schließung würden bedeutend mehr Arbeitsplätze verloren gehen, was in weiterer Folge für die gesamte Region massive negative Auswirkungen hätte.“
Weitere Insolvenzen der KTM-Gruppe
Petra Wögerbauer vom KSV1870 betonte zudem, dass es sich beim Insolvenzverfahren der KTM-Gruppe um das bislang größte in Oberösterreich handle. Parallel wurden auch Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung für zwei Schwestergesellschaften der Schuldnerin eröffnet: Die Avocodo GmbH, zuständig für Software-Dienstleistungen im globalen Händlersystem, und die Pierer E-Commerce GmbH, Betreiber der Internetauftritte für Endkunden und Händler.
Für die beiden Tochtergesellschaften KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH und KTM Components GmbH wurde ebenfalls Insolvenz angemeldet. Bei ersterer liegen gesamt 1.321 Forderungsanmeldungen vor, 903 Forderungsanmeldungen davon entfallen auf Dienstnehmer. Die angemeldete Forderungssumme beläuft sich auf circa 116,63 Millionen Euro, dies einschließlich bedingt angemeldeter Forderungen. Bei der KTM Components GmbH liegen gesamt 824 Forderungsanmeldungen vor, 544 Forderungsanmeldungen davon entfallen auf Dienstnehmer. Die angemeldete Forderungssumme beläuft sich auf etwa 89,27 Millionen Euro, dies einschließlich bedingt angemeldeter Forderungen.
Produktionsstart ab Mitte März
Mit der Zustimmung zum Sanierungsplan wird zudem die Liquidität in Höhe von 50 Mio. Euro für das Hochfahren der Produktion ab Mitte März 2025 gesichert. Ziel ist es, innerhalb von drei Monaten die Vollauslastung der vier Produktionslinien im Einschichtbetrieb zu erreichen. Nach der gerichtlichen Bestätigung Anfang Juni 2025 gilt das Sanierungsverfahren als abgeschlossen.
Statement CEO Pierer Mobility AG
„Ich bin heute dankbar und glücklich. KTM ist back on track. Unsere Mitarbeiter haben in den letzten drei Monaten alles dafür gegeben, damit das Rennen weitergehen kann. Wir haben heute ein wichtiges Kapitel abgeschlossen. Aber ein einziges Kapitel erzählt nie die ganze Geschichte. Nun können wir die großartige Geschichte von KTM fortschreiben. Wir tun es für die Millionen KTM-Fans weltweit, denen wir jeden Tag dankbar sind. Für unsere Rennfahrer, auf die wir verdammt stolz sind. Und für unseren Standort Österreich, dem wir im Herzen tief verbunden sind. KTM bleibt einer der Top-Arbeitgeber in der oberösterreichischen Industrie“, so Gottfried Neumeister, CEO Pierer Mobility AG.
Statement aus der oö. Wirtschaft
„Die heutige Tagsatzung am Landesgericht Ried hat ein erfreuliches Ergebnis gebracht: Die Annahme des Sanierungsplans bringt eine Perspektive für den Leitbetrieb KTM, die Beschäftigten im Unternehmen selbst sowie in den Zulieferbetrieben und damit für die gesamte Region“, heben Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner hervor. Der Sanierungsplan sieht eine 30-prozentige Barquote für die Gläubiger vor. „Damit sind ein Konkurs und eine mögliche Zerschlagung des Unternehmens vom Tisch“, zeigen sich Landeshauptmann Stelzer und Landesrat Achleitner zuversichtlich.
Statement der oö. FPÖ
„Mit der heutigen Annahme des Sanierungsplans bei KTM ist ein erster wichtiger wirtschafts- und arbeitspolitischer Schritt erfolgt. Langfristiges Ziel muss es sein, die Arbeitsplätze in der Region abzusichern. Überfällig ist es, dass endlich das wirtschaftsfeindliche Umfeld der letzten Jahre saniert wird. Es freut mich vor allem für die vielen Arbeitnehmer und deren Familien, dass ein wichtiger Wirtschaftsbetrieb nunmehr wieder die Produktion aufnehmen kann“, so der Landesparteiobmann der FPÖ OÖ, Landeshauptmann-Stv. Manfred Haimbuchner in einer ersten Reaktion.
„Die künftige Bundesregierung ist mit Nachdruck gefordert, endlich die Umfeldbedingungen für die heimischen Wirtschaftsbetriebe zu sanieren. Denn die falschen Akzente der letzten Regierung wirken sich aus“, nennt Haimbuchner als Beispiele etwa die überbordenden Klimaziele. „Die energieintensive Industrie, bei der hohe CO₂-Emissionen immanent sind, brauchen statt ewiger Absichtserklärungen endlich klare gesetzliche Rahmenbedingungen.“
„Aufgabe der Politik ist es, der Rezession, Arbeitslosigkeit und dem massiven Verlust der Wettbewerbsfähigkeit mit Nachdruck mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken. Die von der abgewählten schwarz-grünen Regierung legistisch verankerten Energiegesetze mit dem 2040-Klimaneutralistätsziel sind dafür absolut kontraproduktiv. Die Wirtschaft im wichtigen Industriebundesland Oberösterreich muss endlich entlastet werden“, bekräftigte Haimbuchner abschließend.
Statement Creditreform
„Mit der Annahme des Sanierungsplans konnte das an Gesamtverbindlichkeiten drittgrößte Insolvenzverfahren in der Zweiten Republik positiv beendet und einer der wichtigsten Arbeitgeber in Oberösterreich erhalten bleiben. Das Insolvenzrecht hat es wieder einmal geschafft, einen Interessensausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger herbeizuführen“, sagt Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer von Creditreform.
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