Retrospektive Maria Eichinger: Bilder aus acht Jahrzehnten im Windegger Lichtenwagnerhaus
SCHWERTBERG. Die Kulturinitiative Lichtenwagnerhaus lädt im September zur Ausstellung aus dem Lebenswerk der Schwertbergerin Maria Eichinger.
Maria Eichinger ist im Oktober 2024 mit 90 Jahren verstorben. Von ihrer Jugend bis ins hohe Alter blieb das Zeichnen und Malen zentrales Thema für sie - ob mit Bleistift, Tusche, Aquarell- oder Ölfarben. Die Motive fand sie in ihrem Leben und vor der Haustür.
Die Vernissage findet am Freitag, 12. September, um 19 Uhr im Lichtenwagnerhaus in Windegg statt.
Die Besucher erwartet ein abwechslungsreiches Programm mit musikalischer Untermalung an der Harfe von Milena Wendt, der Enkelin der Künstlerin.
Die Ausstellung ist an vier Sonntagen geöffnet, von Sonntag, 14. September, bis Sonntag, 5. Oktober, jeweils von 14 bis 18 Uhr. Die Finissage findet am 5. Oktober ab 14 Uhr statt.
Biografie Maria Eichinger
(26. Februar 1934 – 12. Oktober 2024)
Maria Eichinger ist im Herbst 2024 verstorben, mit 90 Jahren. Ihrer Werkschau möchten wir einige Worte zu ihrem Lebenslauf vorausschicken.
Sie wurde am 26. Februar 1934 in die Familie Wahl in Furth, damals Aisting 20, geboren. Ihr ganzes weiteres Leben spielte sich in diesem Dorf ab. Ihre Schwester war 11 Jahre älter, dadurch wuchsen sie in sehr unterschiedlichen Welten auf. Der Vater war Steinarbeiter im Bettelberg Steinbruch in Mauthausen. Er starb 1944 an offener Lungentuberkulose. Ihre Mutter bewirtschaftete eine kleine Landwirtschaft, die hauptsächlich der eigenen Versorgung mit Lebensmitteln diente, Verkaufserträge waren kaum vorhanden, Arbeit allerdings immer genug. Maria ging noch nicht in die Schule, als der Krieg begann. Als er zu Ende ging, hatte sie die Hauptschule in Perg begonnen.
In der Hauptschule wurde sie eine richtig gute Schülerin und ihre Freude am Zeichnen kam da erst in Schwung. Sie bewunderte zunächst eine Mitschülerin ob ihrer schönen Zeichnungen und eiferte ihr nach. Bald war die Schülerin „Maria Wahl“ diejenige, deren Zeichnungen bestaunt wurden - von den Mitschülerinnen, aber auch von den Lehrern. Ihr Klassenvorstand, Frau Karlinger, wollte sie in ihrem Wunsch eine künstlerische Ausbildung zu machen, konkret unterstützen. Alles war geregelt, damit sie die Kunstgewerbeschule in Linz hätte besuchen können: sowohl ein Stipendium war zugesagt wie ein Wohnplatz bei der schon älteren Schriftstellerin Enrica von Handel-Mazzetti in Linz. Dafür hätte sie haushalterische Dienste übernehmen müssen. Das Hin- und Herfahren mit dem Zug war damals noch keine Alternative. Die Aufnahmeprüfung an die Schule bestand sie problemlos.
Trotzdem ging dieser Plan nicht auf. Sie blieb zu Hause und unterstützte ihre Mutter in der kleinen Landwirtschaft. Weil ihre Mutter schwer herzkrank war und der Stiefvater – die Mutter hatte 1949 noch einmal geheiratet - wegen seines Asthmas auch keine große Hilfe war. Sie hat es nicht fertiggebracht, das zu ignorieren. Damit war ihr erster Traum von sich als Buchillustratorin ausgeträumt.
Vergessen und aufgegeben hat sie ihre Leidenschaft fürs Zeichnen dennoch nicht. Einen kleinen Zeichenblock hatte sie immer dabei. Am ehesten kam er beim Kühehüten in Verwendung. Alte Briefe und Postkarten dokumentieren auch heute noch, dass es ihr Interesse und die Unterstützung von jenen, die an sie glaubten, weiter gab. Schon in ihrer Hauptschulzeit in Perg lernte sie die akademische Malerin und Bildhauerin Maria Louise Poschacher kennen. Aufgrund einer unheilbaren Tropenkrankheit war diese nach vielen Jahren erfolgreicher künstlerischer Tätigkeit in Südostasien 1940 nach Mauthausen bzw. Perg zurückgekehrt. Sie war eine Förderin von Maria Eichinger und blieb ihr bis zu ihrem Tod 1965 verbunden. Ihre Malsachen hat sie ihr vermacht. 2022 wurde die Künstlerin Poschacher im Rahmen der Ausstellung „Auftritt der Frauen“ im Nordico in Linz gewürdigt. Beim Ausstellungsbesuch kamen dabei für Maria Eichinger viele Erinnerungen hoch. Ebenso bei einer Ausstellung im Lichtenwagnerhaus in Schwertberg 2015, zu Ehren des Schwertberger Künstlers und Bildhauers Adolf Kloska. Diesen hatte sie über Frau Poschacher kennengelernt. Auch er war überzeugt, dass sie das Talent für ein Kunststudium in Wien hätte. Aber daraus wurde wiederum nichts. Da war immer noch die Landwirtschaft, außerdem war sie inzwischen verlobt und die Arbeit auf ihrer ersten Baustelle kam dazu. Nicht ein Atelier für sie, sondern eine Werkstatt für ihren zukünftigen Mann wurde gebaut. 1956 heirateten sie.
1957 kam die erste Tochter zur Welt, in sehr kurzen Abständen kamen weitere Kinder dazu. Zum Zeichnen blieb da kaum Zeit, ganz zum Stillstand kam es nie. 1966 machte sie einen erneuten Anlauf zu einer künstlerischen Ausbildung und Berufslaufbahn. Mit inzwischen bereits sechs Kindern begann sie eine Fernschule für Grafik. Famous Arts School hieß das amerikanische Institut, mit einer Niederlassung in Amsterdam. Sie brauchte zwar ein Jahr länger als die vorgesehene Dauer von 3 Jahren, der erfolgreiche Abschluss war angesichts ihrer Lebensrealitäten dennoch erstaunlich. In den Folgejahren erhielt sie immer wieder kleinere Aufträge und sie nützte die lokalen Möglichkeiten, ihre Bilder auszustellen.
Sie hat sehr lange in ihrem Leben bedauert, dass sie ihre künstlerischen Ambitionen nicht so verwirklichen konnte, wie sie sich das in jungen Jahren vorgestellt hat. Andererseits hat sie nie zu zeichnen und zu malen aufgehört. Alles was es in ihrem Leben gab, wurde ihr Anlass und Inspiration, um es aufs Papier oder auf eine Leinwand zu bringen, ob mit Bleistift, Kugelschreiber, Feder, Kohle, Aquarell- oder Ölfarben. So hat sie sich künstlerisch ihr Leben und Umfeld anverwandelt: die Menschen, die Landschaft, das Dorf, die alltäglichen Ecken und Winkel, die Jahreszeiten, die Natur, die Aist, … Wiesen mit Hühnern und Katzen, Blumen, Wege und aufziehende Wolken, … mit Szenen aus ihrem äußeren Leben und inneren Bildern.
„Der Charakter des Künstlers ernährt oder verzehrt sein Talent“. Dieser Ausspruch von Marie von Ebner-Eschenbach steht in einem alten Poesiealbum von Maria Wahl, wie sie dazumals hieß. Ihre Klassenlehrerin und erste Förderin hat ihn ihr hineingeschrieben. Ja, Maria Eichingers Charakter hat ihr Talent genährt, sie hat es nicht abgeschrieben, sie ist beharrlich dran geblieben und hat sich alles Mögliche an Schlaf und Zeit abgespart, um nicht aufzuhören. Aber das Talent und die Kunst haben vor allem auch sie genährt, um vom Leben nicht verzehrt zu werden. Es hat ihr Zufluchten aus dem Arbeitsalltag und in schweren Zeiten geboten, beides hat es mehr als genug gegeben. Den Sinn für das Schöne und Gute hat sie nie verloren. Ihre Bilder zeugen davon.
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