Rita Katzmaier: "Blinden Menschen das Leben etwas einfacher machen"
REICHENTHAL. Der Oberösterreichische Zivilinvalidenverband hatte die Tischlerei Katzmaier für den Preis „Complemento“ vorgeschlagen. Das Einrichtungsteam Katzmaier hat einen breit gefächerten Kundenkreis und auch eine Spezialisierung für sehbehinderte Menschen.
Rita Katzmaier führt das Familienunternehmen Tischlerei Einrichtungsteam Katzmaier in sechster Generation. Den ersten Kontakt mit einem blinden Kunden hatte ihr Vater bereits vor zwanzig Jahren. Schöne Pläne zeichnen fällt bei sehbehinderten Kunden aus. „Er hat dann probiert, die Pläne in dicken Karton einzugravieren, aber das half dem Kunden nicht“, erinnert sich Katzmaier. „Wir haben immer schon Modelle im Karton gebaut. So haben wir das erste Modell in Schuhschachtelgröße gefertigt. Die Kunden können sich so durch den Modell-Raum tasten.“ Diese Modelle sehen aus wie kleine Puppenhäuser und sind sehr detailgetreu. Die kleinsten Schubladen können damit ertastet werden. „Unser Service für Blinde ist wie für jeden anderen Kunden. Jeder Mensch hat spezielle Bedürfnisse, zum Beispiel weil sie klein sind oder viel Stauraum oder Platz für Deko brauchen. Wir gehen auf jeden Kunden ein, so auch auf die speziellen Bedürfnisse von sehbehinderten Kunden.“
Viele Fragen
Rita Katzmaier hat sich viel mit den Anliegen von sehbehinderten Menschen befasst. „Für Blinde ist im Alltag vieles schon schwerer, da ist es schön, wenn man ihnen etwas helfen kann“, sagt Katzmaier. Viele Fragen gingen der Tischlerin und Innenarchitektin durch den Kopf: Wie räumen Sehbehinderte ihren Kasten ein? Wie sortieren sie die weißen von den schwarzen Socken? Wie kennen sie in der Abstellkammer den Tetrapack-Apfelsaft vom Orangensaft auseinander? „Das sind alles wichtige Fragen, wenn man einen Raum plant und gestaltet.“ Ihr Wissen hat sich Katzmaier selbst erarbeitet. „Es gab und gibt kaum Literatur zu dem Thema.“ Hilfreich war auch eine ihrer ersten Kundschaften. „Das war eine Familie mit der ich mich sehr gut verstand und die ich auch vieles fragen konnte.“
Vergleiche mit Erdbeeren und Schokolade
Rita Katzmaier hat ihr Angebot für sehbehinderte Kunden immer mehr spezialisiert. So gibt es bei ihr eigene Holz-Musterplatten. „Die meisten Musterplatten sind lackiert und dadurch lässt sich für Blinde kein Unterschied ertasten.“ Es wurden Musterplatten angefertigt, die auf einer Seite unlackiert und leicht angebürstet sind, um den Unterschied der Holzarten spüren zu können. Auch im Umgang mit Farben hat Katzmaier eine gute Strategie entwickelt. „Bei Kunden, die einmal sehen konnten, kann man die Farben noch einfach beschreiben, zum Beispiel ein helles Grün wie eine Frühlingswiese. Bei Menschen, die nie sehen konnten, ist es schwieriger. Hier verwende ich gerne Früchte oder andere Sachen, die man essen kann für die Beschreibung“, erklärt die Reichenthalerin. „Man sagt zum Beispiel, die Couch hat ein schönes Erdbeerrot. Dann kommt es darauf an, ob der Kunde Erdbeeren mag oder nicht. Holzarten lassen sich schön mit Schokolade beschreiben. Wenge ist für mich wie Bitterschokolade, das mag nicht jeder, ist was Besonderes, etwas kantig. Oder Nußholz wie Milchschokolade.“
Viele Auszeichnungen
Auch die zehn Mitarbeiter sind geschult, um es sehbehinderten Menschen einfacher zu machen. Denn auch bei der Montage vor Ort gibt es einiges zu Bedenken. „Zum Beispiel, dass man eine Werkzeugkiste oder ein Kabel nicht einfach im Raum stehen oder liegen lässt, ist hier noch wichtiger“, sagt Katzmaier. „Oder auch, dass die Mitarbeiter sich unterhalten oder vor sich dahinpfeifen, um zu signalisieren, wo im Raum sie sich gerade aufhalten. Das macht die Montage für blinde Kunden angenehmer.“ Die gute Zusammenarbeit im Team ist für Katzmaier generell ein wichtiges Thema. „Ohne meine Mitarbeiter ginge gar nichts. Ich bin sehr stolz auf meine Truppe. Unser Team hat auch schon viele Auszeichnungen für die Betriebsführung bekommen.“ Zwei Dinge wünscht sich Katzmaier noch für ihre sehbehinderten Kunden: „Dass Verkäufer auch im Umgang mit blinden Menschen geschult werden. Und dass bei der Herstellung von Elektrogeräten auch an Sehbehinderte gedacht wird. Touchscreen ist für viele Menschen eine Katastrophe.“
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