Fußballfest im Klaus-Roitinger-Stadion: Gurten brachte Rapid an den Rand einer Niederlage und musste sich erst nach einem Stromausfall geschlagen geben
RIED. Die Union Raiffeisen Gurten verlor in der zweiten Runde des ÖFB-Cups vor gut 5.000 Zuschauern im Rieder Klaus-Roitinger-Stadion gegen SK Rapid mit 2:5 (2:2, 1:1). Das Ergebnis klingt sehr deutlich, aber in der regulären Spielzeit hatte Gurten den Favoriten an den Rand einer Niederlage gebracht und war nur wenige Minuten von der Sensation entfernt.
In der ersten Halbzeit war Gurten eindeutig die bessere Mannschaft und hatte auch die besseren Torchancen, in der zweiten Hälfte waren die Innviertler zumindest ebenbürtig. Das 2:2 nach 90 Minuten war für Rapid schmeichelhaft und durch den späten Ausgleich auch glücklich.
Erst ein Stromausfall kurz nach Beginn der Verlängerung zog den Innviertlern den Stecker. Nach der 47 Minuten dauernden Unterbrechung wegen des ausgefallenen Flutlichts waren die Konzentration und die Körperspannung der Gurtener weg, danach spielte nur noch Rapid.
Selbstbewusste Gurtener
Gurten begann ohne Respekt oder Angst und ließ sich auch durch das 0:1 nicht aus der Fassung bringen. Nach einer Berührung von Horner an Gale entschied Schiedsrichter Fluch auf Elfmeter, den Oliver Strunz sicher verwandelte (17.). Gurten spielte aber weiter wie vorher – schnörkellos in der Abwehr, mit gut abgestimmten Abläufen und herausgespielten Abschlüssen. In der 36. Minute erzielte Jakob Kreuzer nach Zuspiel von Fabian Wimmleitner den Ausgleich.
Nach der Pause änderte sich zunächst wenig, obwohl Rapid-Trainer Zoran Barisic einige taktische Änderungen vornahm und die Defensive fast komplett umstellte. Nach einem sehr schönen Angriff erzielte Wimmleitner nach einer schönen Flanke von Rene Wirth sogar das 2:1 für Gurten. Nach einem Freistoß in der 81. Minute gab es auf der Tribüne noch einmal Torjubel, aber der Ball war nur im Außennetz gelandet.
Fast im Gegenzug erzielte Rapid den zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt verdienten Ausgleich durch Matthias Seidl (81.). In der Nachspielzeit (90+1) hätte Rapid die Partie beinahe für sich entschieden, aber der sehr starke Gurten-Torwart Felix Wimmer konnte den Schuss von Marco Grüll mit einem sensationellen Reflex abwehren.
Ausfall des Flutlichts
Etwa 40 Sekunden nach Beginn der Verlängerung wurde es plötzlich finster im Stadion – ein großer Teil des Flutlichts war ausgefallen. Die Zuschauer nahmen es nicht tragisch. Im Gurtener Stehplatz-Sektor leuchteten hunderte von Handy-Lampen, während die Rapid-Fans mit einigen Bengalos, die wohl vom „Einleuchten“ der Rapid-Viertelstunde übrig geblieben waren, für illegale, aber bemerkenswerte Lichteffekte sorgten.
Die Zwangspause dauerte letztlich 47 Minuten – vorübergehend stand sogar im Raum, die Restspielzeit am Donnerstag nachzuholen.
Klare Verhältnisse in der Verlängerung
Auch Rapid-Trainer Zoran Barisic hatte damit gerechnet, dass die Zwangspause eher den Gurtenern nützen würde – aber das Gegenteil war der Fall. Die Gastgeber hatten in der Dreiviertelstunde offensichtlich die Konzentration verloren und konnten den Grün-Weißen auch körperlich kaum noch etwas entgegensetzen.
In der 96. Minute erzielte Grüll aus einem Hand-Elfmeter, den nicht jeder Schiedsrichter gegeben hätte, die 3:2-Führung für Rapid, sechs Minuten später traf der junge Franzose Fally Mayulu nach starker Vorarbeit von Grüll und Oswald zum vorentscheidenden 4:2.
Bemerkenswert aus Gurtener Sicht war danach nur noch ein Flitzer, der sich mit dem eingesprungenen Ronaldo-Jubel von den Ordnern einfangen ließ.
In der 108. Minute traf Mayulu nach einer schönen Kombination zum 2:5-Endstand. Trotz der letztlich klaren Niederlage wurden die Gurtener Spieler auf ihrer Ehrenrunde von den Zuschauern mit langem Applaus verabschiedet. Traurig war niemand, der Stolz über die starke Leistung in der regulären Spielzeit überwog.
Viel Lob für Gurten
Zoran Barisic, der einige Stammspieler vor dem Wiener Derby am Sonntag schonen wollte (und dann doch noch einwechseln musste), lobte die Gastgeber: „Gurten war toll organisiert, hat leidenschaftlich gekämpft. Sie haben uns 90 Minuten lang das Leben irrsinnig schwer gemacht.“
Gurten-Trainer Peter Madritsch bestätigte, dass der Licht-Ausfall vor allem seiner Mannschaft schadete: „Die Pause hat uns weh getan. Als die Spieler zurück aufs Feld gingen, habe ich schon gesehen, dass viele kräftemäßig am Ende waren. Bei uns waren die Akkus leer, während Rapid von der Bank gut nachlegen konnte. Schade, dass wir kurz vor Schluss dieses depperte Tor zum 2:2 bekamen. Ich bin trotzdem stolz auf meine Mannschaft. Wir haben uns richtig gut verkauft.“
VAR hätte Gurten geholfen
Viele Innviertler haderten etwas mit den Entscheidungen des Schiedsrichters – das Fehlen des VAR war an diesem Abend eindeutig ein Nachteil für Gurten. Besonders der zweite Elfmeter wegen Handspiel war grenzwertig und Mayulu war vor dem 4:2 in abseitsverdächtiger Position.
Klaus Roitinger, der Jahrhunderttrainer der SV Ried und Namensgeber des Stadions, ließ sich dieses Spiel natürlich nicht entgehen. Er war nicht der einzige, der sich durch die Stimmung im Stadion an die „guten alten Zeiten“ der SV Ried erinnert fühlte. Beim Spiel der Gurtener waren ihm vor allem die „perfekten Abläufe“ aufgefallen. Die Namenspatenschaft für das Stadion hatte für Roitinger unerwartete Folgen: Als das Flutlicht ausfiel, war plötzlich Hochbetrieb auf seinem Handy, denn viele Bekannte fragten ihn per SMS, ob er vergessen habe, den Strom zu bezahlen.
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