Staatssekretärin Claudia Plakolm in Ried: „Wir müssen ,Klimaschutz made in Austria‘ schaffen“
RIED. Gerade von der Reise in die heurige europäische Jugendhauptstadt Lublin (Polen) zurückgekehrt, besuchte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am vorigen Donnerstag Ried. Tips bekam die Gelegenheit zu einem Exklusivinterview.
Bei der Firma FACC traf Claudia Plakolm mit Lehrlingen zusammen, in der Rotkreuz-Geschäftsstelle sprach sie mit ehrenamtlichen Helfern und Zivildienern. Danach besuchte Plakolm den Rieder Sozialmarkt und am Abend die Bezirksleitung der Rieder ÖVP.
Tips: Politik ist ja immer noch zum großen Teil eine Veranstaltung älterer Männer. Haben Sie diesbezüglich als junge Frau schon mal Probleme gehabt? Kommt es vor, dass „alte Hasen“ Sie nicht ernst nehmen?
Plakolm: Ich bin extrem froh, dass es viele jungen Menschen in Politik gibt, die der Gegenbeweis sind. Politik lebt vom Miteinander der Generationen. Natürlich diskutiert man unterschiedliche Ansichten, aber durch diese Diskussionen erzielt man die besten Lösungen.
Tips: Würden Sie jungen Leuten, und besonders jungen Frauen, empfehlen, in die Politik zu gehen?
Plakolm: Definitiv. Politik ist der Ort, wo man die Zukunft mitgestalten und für die nächsten Generationen vieles verbessern kann. Wir brauchen definitiv mehr junge Frauen in der Politik, darum kann ich jede einzelne nur ermutigen.
Tips: Vor kurzem wurde die Jugendförderung erstmals seit Einführung vor 21 Jahren erhöht, um rund 20 Prozent von etwa sechs auf 8,4 Millionen Euro. Was bringt das den Jugendlichen?
Plakolm: Ich bin extrem stolz auf mein erstes Budget als Jugendstaatsekretärin. Wir haben drei Meilensteine erreicht. Die Erhöhung der Jugendförderung kommt jedem jungen Menschen zugute, der in seiner Freizeit mehr macht als nur seine Pflicht und sich zum Beispiel beim Roten Kreuz, den Pfadfindern oder im Musikverein engagiert. Darüber hinaus haben wir es geschafft, das Grundentgelt für Zivildiener und Grundwehrdiener um 47 Prozent zu erhöhen.
Es ist wichtig, dass wir in Zeiten der Teuerung mehr Geld in die Hand nehmen für junge Burschen, die in unserer Gesellschaft so extrem viel leisten und gerade den Schwächsten in unserer Gesellschaft helfen. Es ist und bleibt Staatsdienst, aber wir haben viel dafür getan, dass es auch finanziell attraktiver wird.
Mein Ziel als dafür Zuständige ist, dass man den Zivildienst als Einstiegsmöglichkeit in den Sozialberuf für junge Burschen sieht. 70 Prozent derer, die beim Roten Kreuz Zivildiener waren, bleiben danach als Ehrenamtliche tätig. Ich sehe es als Chance, Burschen in „weibliche“ Berufsfelder zu bringen. Das wird uns gelingen, wenn wir es schaffen, den Zivildienst für die Pflegelehre anrechenbar zu machen. Die Lehrpläne sind gerade in Ausarbeitung.
Der dritte Meilenstein ist das Thema psychische Gesundheit. Spätestens die Pandemie hat gezeigt, dass wir auch für die psychische Gesundheit von jungen Menschen etwas tun müssen. Mit dem Projekt „Gesund aus der Krise“, das heuer noch aufgestockt wird, bieten wir kostenlose Therapieplätze für junge Menschen an.
Im Rahmen des Kinderschutzpakets stocken wir das Projekt noch um zusätzliche Plätze für missbrauchte Kinder auf. Es gibt auch härtere Strafen – erstmals auch Mindeststrafen – für Kindesmissbrauch und die Darstellung von Kindesmissbrauch. Mir wird schlecht, wenn ich daran denke, dass Kinderschänder theoretisch nach Absitzen ihrer Strafe wieder mit Kindern beruflich zu tun haben könnten. Wir bringen jetzt ein generelles Berufs- und Tätigkeitsverbot ins Gesetz.
Tips: Sie haben sich für härtere Strafen gegen Klima-Aktivisten, die so genannten „Klima-Kleber“, ausgesprochen. Warum?
Plakolm: Ich halte diese Klima-Kleberei auf ganz vielen Ebenen für respektlos. den Menschen gegenüber, die tagtäglich in die Arbeit pendeln und womöglich Kinder dabei haben, respektlos den Polizisten gegenüber, und es ist respektlos den Steuerzahlern gegenüber, weil die für die Schäden und für die Einsätze aufkommen müssen.
Aktuell kann man Klima-Klebern nur mit Verwaltungsstrafen begegnen. Das sind ein paar Euro, und das steht nicht in Relation zu dem, was ein Polizeieinsatz für solche Aktionen kostet.
Tips: Aber was ist mit Politikern, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und nichts für den Klimaschutz unternehmen? Die Strafen, die Österreich zahlen muss, weil es die Klimaziele nicht erreicht, muss ja auch der Steuerzahler begleichen.
Plakolm: In Österreich brauchen wir uns nicht verstecken, was wir im Klimaschutz unternehmen. Bevor man die Menschen verärgert, sollte man an den großen Schrauben drehen, wo wir wirklich etwas einsparen können. Wir haben in der Regierung viel auf den Weg gebracht, zum Beispiel die ökosoziale Steuerreform, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, und wir haben zum ersten Mal CO2 einen Preis gegeben. Spätestens das vergangene Jahr hat gezeigt wie wichtig es ist, unabhängiger zu werden. Da passiert sehr viel, Gerade auch in der Transformation von Wirtschaft und Industrie nehmen wir sechs Milliarden Euro für die Transformationsoffensive in die Hand.
Ich möchte, dass sich viele andere Länder in Österreich etwas abschauen, weil wir der technologische Herzschrittmacher über unser Land hinaus sein wollen.
Wir haben nicht nur die Pariser Ziele, sondern haben uns auch selbst ambitioniertere Ziele gesetzt als die Europäische Union, und ich bin überzeugt, dass wir die auch schaffen werden. Wir wollen bis 2030 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugen und bis 2040 klimaneutral werden.
Sicher ist in vielen Bereichen noch Luft nach oben. Aber schaffen werden wir es nicht, wenn wir die Avocado auf dem Frühstückstisch verbieten oder niemand mehr auf Griechenlandurlaub fliegen darf. Wir müssen an den großen Schrauben drehen und zum Beispiel China, Indien und den USA klar machen, dass man, wenn man auf Umweltschutz setzt, auch Wohlstand, Beschäftigung, Arbeitsplätze sichern kann.
In Österreich werden wir es nicht alleine schaffen, aber wir sollten Vorbild sein.
Tips: Vorausgesetzt, Sie bleiben noch länger in der Politik, dann werden Sie als Politikerin der jungen Generation noch sehr viel mit dem Thema Klimaschutz zu tun haben. Was sind die dringendsten Aufgaben? Wofür werden Sie sich einsetzen?
Plakolm: Ich finde es wichtig, dass man vor allem jungen Menschen ermutigt, sich nicht auf den Errungenschaften der letzten Jahre auszuruhen. Wir brauchen Innovation in Österreich, wir brauchen die klügsten Köpfe. Wir müssen „Klimaschutz made in Austria“ schaffen. Dafür brauchen wir die junge Generation, die man auch ermutigen kann. Aber mit Verboten wird's nicht gelingen. Nur mit Innovation.
Tips: Ein Thema, das zu einem großen Teil eher jüngeren Leuten zugerechnet wird, ist die Legalisierung von Cannabis. Sie wird in mehreren Ländern diskutiert oder ist kurz davor beschlossen zu werden. Wie stehen Sie dazu?
Plakolm: Ich glaube, dass wir deutlich dringendere Probleme und Herausforderungen haben, um die wir und bemühen müssen, da steht diese Idee ganz am Ende.
Tips: Das ist jetzt kein nein, oder?
Plakolm: Gerade junge Menschen haben andere Erwartungshaltungen an die Politik. Mein oberstes Ziel für das heurige Jahr ist es, Wohnen und Eigentum leistbar zu machen. Das hat für mich Priorität.
Tips: Gibt es dafür konkrete Planungen?
Plakolm: Ich arbeite gemeinsam mit dem Finanzminister daran, Steuererleichterungen auf den Weg zu bringen. Die Grunderwerbssteuer aufs erste Eigenheim abschaffen, das macht mehrere 10.000 Euro aus. und auch die Entragungsgebühr ins Grundbuch erlassen.
Die Aussicht, sich eigene vier Wände zu schaffen, ist in den letzten Jahren in unerreichbare Ferne gerückt. Die schlechte Kombination aus gestiegenen Baupreisen, gestiegenen Kosten fürs Eigentum und einer in meinen Augen realitätsfremden Richtlinie bei der Wohnraumkreditvergabe vernichtet den Traum von den eigenen vier Wänden. 400.000 Euro kostet die durchschnittliche 80-Quadratmeter-Wohnung in Österreich – welcher Mitzwanziger hat 80.000 Euro für einen Wohnbaukredit auf der Seite? Da ist auch die Finanzmarktaufsicht am Zug, damit wir diese Richtlinie auf ein vernünftiges Maß lockern können.
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