Zeitreise: Als ein Kaufmann spurlos verschwand
SARLEINSBACH. Von einer schauerlichen Mordsgeschichte ist in der Sarleinsbacher Topothek nachzulesen. Eine kleine Zeitreise ins Jahr 1589.
Es ist Kirtag in Sarleinsbach. Neben vielen anderen Händlern ist auch ein italienischer Kaufmann eingetroffen, der gute Geschäfte macht, reichlich isst und trinkt und unvorsichtigerweise viele Goldstücke sehen lässt. Besonders freundet er sich mit dem Lederer Thomas Reisinger an, der ihn zur Übernachtung in sein
Haus am Marktplatz, das heutige Mesnerhaus, lädt.
Am nächsten Tag ist der Kaufmann verschwunden. Reisinger erzählt, dass er schon sehr früh aufgebrochen sei und sich daher nicht mehr verabschieden konnte. Der Nachtwächter kann sich jedoch nicht erinnern, den Kaufmann gesehen zu haben.
Ein seltsamer Mann
Schon bald beginnt die Gerüchteküche zu brodeln, zumal Reisinger hin und wieder größere Beträge an Goldmünzen sehen lässt, ohne dass klar wird, wie er zu ihnen gekommen sein könnte. Er benimmt sich immer seltsamer, trinkt übermäßig und misshandelt regelmäßig seine Frau. Überdies kommt das Gerücht auf, er wolle Sarleinsbach verlassen und sich in Passau bei einem Regiment anwerben lassen, das in den Religionskriegen in Frankreich oder den Niederlanden eingesetzt werden soll.
Als er wieder einmal im Suff seine Frau so unmäßig schlägt, dass man das Geschrei bis auf die Gasse hinaus hört, versucht der Marktrichter, ihn zu verhaften, um ihn zur Vernunft zu bringen. Reisinger erblickt rechtzeitig die Abordnung, flieht in den Pfarrhof und bittet um Kirchenasyl.
Reue, die Wirkung zeigte
Alexander von Sprinzenstein, Reichshofrat und hoher Beamter bei den kaiserlichen Behörden in Wien, kann ihn überreden, den Pfarrhof zu verlassen und in sein
Haus zurückzukehren. Eine Hausdurchsuchung in Anwesenheit von Marktrichter und Pfarrer bringt nur kleinere Beträge zu Tage. Man lädt Reisinger ins Schloss vor und hält ihm sein Saufen, seine Rohheit gegen seine Frau und sein unbürgerliches Benehmen vor. Reisinger bittet um Verzeihung, welche ihm gegen drei Auflagen gewährt wird: Er darf seine Frau nicht mehr schlagen, an Alkohol wird ihm nur noch eine halbe Wein pro Tag gestattet und es wird ihm verboten, in den Krieg zu ziehen. Anscheinend wirkte der Schock. Thomas Reisinger muss wohl zu einem ordentlichen bürgerlichen Leben zurückgekehrt sein, denn wenige Jahre später wird er sogar zum Marktrichter gewählt. Das Verschwinden des italienischen Kaufmanns aber blieb ungeklärt.
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