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Bergretter haben viel zu tun: "Der Böhmerwald muss wie hochalpines Gelände gesehen werden"

Martina Gahleitner, 11.09.2023 16:38

AIGEN-SCHLÄGL/BEZIRK. Vom Böhmerwald mit seinen Gipfeln bis zu den Steilhängen der Donauleiten spannt sich das Einsatzgebiet der nördlichsten Bergrettungs-Ortsstelle Aigen-Schlägl. So wie im ganzen Land merken auch hier die Bergretter eine Zunahme an Einsätzen.

  1 / 5   24/7 einsatzbereit: Die Böhmerwald-Bergretter rücken bei jeder Tages- und Nachtzeit und bei jedem Wetter aus, um Menschen zu retten. (Foto: Foto Mathe)

Seit Corona, als die Leute Freiraum in der Natur gesucht haben, nimmt die Frequenz am Berg und im Gelände stetig zu. „Wir hatten heuer schon mehr als 100 Einsätze“, berichtet Reinhold Petz, Leiter der Bergrettungs-Ortsstelle Aigen-Schlägl. Da sind Wanderer, Kletterer, Radfahrer in Not; verirrte Personen, die sich im unüberschaubaren Böhmerwald vor allem im Dreiländer-Eck nicht mehr zurecht finden; Paragleiter, die nach einer unglücklichen Landung vom Baum gerettet werden müssen; und natürlich die Alarmierungen im Winter, wenn Skifahrer, Tourenskigeher oder Schneeschuhwanderer Hilfe brauchen.

„Ein Gewitter kann sehr plötzlich daherkommen“

„Als Bergretter werten wir nicht, ob jemand leichtsinnig gehandelt hat. Wir stehen rund um die Uhr bereit und rücken aus, wenn es um Menschenleben oder auch um Tierleben geht“, sagt Petz. Aber gerade im Böhmerwald dürfe man nicht vergessen, dass man hier über 1.000 Meter Seehöhe ist. „Das ist wie hochalpines Gelände zu betrachten“, rät der kundige Bergfex bei jedem Vorhaben zur richtigen Kleidung, ordentlichem Schuhwerk und zum genauen Blick auf den Wetterbericht. „Ein Gewitter mit Hagel und Starkregen kann sehr plötzlich daherkommen und so eins will man im Böhmerwald nicht draußen erleben.“ Dabei geht es nicht nur um die Sicherheit des Patienten, sondern um die ganze Mannschaft an Rettern, die im Einsatz stehen.

Schlagkräftiges Team

Die Ortsstelle Aigen-Schlägl, die 1967 von Emmerich Petz (dem Vater des heutigen Ortsstellenleiters) gegründet wurde, war anfangs mit einer Kerngruppe von zehn bis zwölf Männern hauptsächlich am Nordwaldkammweg im Einsatz; später kam der Hochficht dazu. Mittlerweile ist das Team auf 30 Männer und sechs Frauen zwischen 21 und über 70 Jahren angewachsen. „Darunter sind zwei Ärztinnen, zwei Medizin-Studenten, Notfallsanitäter. Wir sind also von medizinischer Seite gut aufgestellt, um Menschenleben zu retten“, ist Reinhold Petz stolz auf seine schlagkräftige Mannschaft. Ohnehin hat jeder Bergretter eine alpine Sanitätsausbildung absolviert das heißt unter anderem Erste Hilfe in Verbindung mit Seiltechnik und Bergung im unwegsamen Gelände. Die schonendste Variante kann auch Taubergung und Abtransport durch die Luft mit dem Hubschrauber sein. „Im Grenzraum am Plöckenstein, Dreisesselberg oder am Steinernen Meer ist die nächste Forststraße weit weg. Und bei manchen Verletzungen ist eine Bergung am Boden nicht optimal. Die Symbiose von Luft- und Bodenpersonal machts für den Patienten aus“, ist der Aigen-Schlägler überzeugt und zugleich dankbar für die gute Zusammenarbeit mit allen anderen Einsatzkräften, auch über die Landesgrenzen hinweg. „Kameradschaft ist der wichtigste Faktor. Wenn man am Felsen oder am Baum hängt, muss und kann man sich darauf verlassen, dass ordentlich gesichert wird.“

Technische Unterstützung

Eine wichtige Anschaffung war vor drei Jahren das moderne Transportfahrzeug „Aurora“, das österreichweit sonst nur in Tirol eingesetzt wird. Damit kommen die Retter kräfteschonend zum Patienten und dieser wiederum kann in der Korbtrage liegend und geschützt abtransportiert werden. Selbst zwei Meter Tiefschnee sind für das Amphibienfahrzeug kein Problem.

Ortsstelle entsteht

Mit zunehmender Einsatz-Häufigkeit wird auch ein eigener Stützpunkt immer wichtiger. Dieser entsteht gerade zusammen mit dem Feuerwehr-Haus in Ulrichsberg. Damit bekommt die Bergrettung Böhmerwald, wie sie mit Einzug im Sommer 2024 heißen wird, erstmals eine eigene Ortsstelle mitsamt Mannschaftsraum, Kommandoraum, Materiallager, Trockenraum und Garage, in der auch eine Kletterwand zum Trainieren installiert wird. Neben dem Aurora soll dort auch bald ein Mannschaftsbus stehen, denn bis dato sind die Bergretter mit ihren Privatautos unterwegs. Bei der Finanzierung ist man aber auf Sponsoring angewiesen und dankbar für jede Unterstützung, um weiter helfen zu können.

Gipfelmesse am Plöckenstein

Am Sonntag, 8. Oktober, 12 Uhr, lädt die Bergrettung Aigen-Schlägl zur Gipfelmesse am Plöckenstein (1.379 m) mit Abt em. Martin Felhofer. Am Hufberg wird eine Labstation eingerichtet. In Zusammenarbeit mit der Feuerwehr gibt es einen Shuttledienst von der Lift-Talstation Schwarzenberg zum Hufberg.

Die acht Tausender des Mühlviertels stehen im Mittelpunkt der Bergwelten-Dokumentation, die am Montag, 11. September, um 20:15 Uhr auf Servus TV ausgestrahlt wird. Oft wird das Mühlviertel als Hügelland abgetan und die alpinen Möglichkeiten darin unterschätzt. Gleichzeitig sind daraus Persönlichkeiten wie etwa der erfolgreiche Skirennläufer Vincent Kriechmayr oder auch Peter Schröcksnadel hervorgegangen, die um die Schönheit der Mühlviertler Berge wissen.
Wiederholungen der Sendung gibt es Montag, 11. September um 23:40 Uhr sowie am Mittwoch, 13. September um 13 Uhr auf Servus TV. Außerdem kann man den Beitrag auf www.servustv.com in der Mediathek nachsehen.

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