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Ärzte im Einsatz gegen Atomwaffen: „Nach einer Atombombe gibt es keine Behandlung, da hilft nur Prävention“

Martina Gahleitner, 30.07.2025 11:16

ALTENFELDEN. Langfristig kann nur die Abschaffung von Atomwaffen die einzige Lösung sein: Davon ist man beim Verein der Österreichischen Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW) überzeugt. Vorsitzender ist seit zwei Jahren der Altenfeldner Gemeindearzt und Allgemeinmediziner Michael Schober. Anlässlich der bevorstehenden Jahrestage von Hiroshima und Nagasaki macht er auf die atomare Bedrohung aufmerksam.

Friedensradtour in Kasachstan, wo Atombombentests stattgefunden haben (Foto: IPPNW)
  1 / 5   Friedensradtour in Kasachstan, wo Atombombentests stattgefunden haben (Foto: IPPNW)

„Das Risiko, dass es zu einer Atomwaffenexplosion kommt, kann man nicht einschätzen. Aber es ist auf jeden Fall viel höher als vor fünf Jahren“, sagt Michael Schober und weist damit auf die aktuelle Entwicklung hin, die komplett in die falsche Richtung geht. Seit zwei Jahren ist er Vorsitzender der Österreichischen Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges, zuvor war er lange als Vizepräsident aktiv. „Auch wenn diplomatische Verhandlungen sehr langwierig sind, man viele Kompromisse eingehen muss und es ein langfristiger Prozess ist, haben wir vor Ausbruch des Ukraine-Krieges viel bewirken können. Die Abrüstung ging zwar langsam, aber doch voran und neue ehemalige Atomstaaten haben sich für ein Atomwaffenverbot ausgesprochen. Seit Beginn der Ukrainekrise hat sich das geändert, die weltpolitischen Entwicklungen sind besorgniserregend.“ 10.000 atomare Sprengköpfe gibt es nach wie vor, „90 Prozent davon sind im Besitz der USA und Russland, auch in Deutschland oder der Türkei sind Atomwaffen stationiert.“

Umso wichtiger sei deshalb das politische Gegengewicht zu Kriegstreiberei und Aufrüstung durch Organisationen wie IPPNW. „Unsere Friedensorganisation hat viel Zulauf, auch mehrere Ärzte aus dem Bezirk Rohrbach sind Mitglied“, freut sich der Vereinsvorsitzende und ist überzeugt, dass man diplomatisch und gemeinsam auch etwas erreichen kann.

Katastrophe für Mensch und Natur

Als Arzt kennt er auch die medizinische Seite: „Da gibt es nur Prävention – eine Behandlung nach einer Atombomben-Explosion ist unmöglich“, sagt Schober. Bei einem Aufenthalt in Kasachstan hat er an einer IPPNW-Friedensradtour teilgenommen und war mit Schutzanzug im Areal der Atombombentests in den 60er- und 70er-Jahren. „Die Menschen leiden immer noch an den gesundheitlichen Folgen. Die Rate für Schilddrüsenkrebs oder Lymphdrüsenkrebs ist hier weitaus höher, viele jetzt Erwachsene sind mit Fehlbildungen zur Welt gekommen“, berichtet er. Bei internationalen Konferenzen an der UNO, etwa in New York oder Genf, hat der Allgemeinmediziner selbst referiert und ist auch mit Überlebenden der Atombombenabwürfe von Nagasaki und Hiroshima ins Gespräch gekommen. „200.000 Menschen starben unmittelbar nach den Katastrophen, weitere Zehntausende an den Spätfolgen der Strahlung. Krieg und Gewalt zu verhindern ist mindestens so wichtig, wie das Leid der Betroffenen zu lindern.“ Dabei seien die physischen Folgen der Strahlenkrankheit bei einer Atombomben-Explosion gleich wie bei einem AKW-Unfall.

Eine Studie hat die medizinischen Folgen eines atomaren Angriffs in Großstädten mit jenen der Covid-Krise verglichen: Hier zeigt sich, dass etwa in Paris rund 1,4 Millionen Menschen medizinisch in Krankenhäusern versorgt werden müssten, in Berlin 600.000 Menschen – bei Covid19 lag die tägliche Spitze in Paris bei 100.000, in Berlin bei 10.000. „Und hier ist das Gesundheitssystem schon an die Grenzen gestoßen“, zeigt Schober auf. „Langfristiges Ziel kann nur sein, dass Atomwaffen nicht mehr existieren dürfen. Die Folgen für Mensch und Natur sind einfach zu verheerend.“ Von den Unsummen an Kosten, die für Militär ausgegeben werden, ganz zu schweigen.

Gedenkveranstaltung am 6. August in Wien

Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945 jähren sich heuer zum 80. Mal. Am 6. August (17.30 Uhr) findet deshalb am Stefansplatz eine große Gedenkveranstaltung statt, bei der auch die IPPNW vertreten ist. Daneben bemüht sich die Organisation immer wieder, das Thema bei der UNO, in den Außenministerien, bei Kongressen oder auch bei öffentlichen Kundgebungen aufzugreifen. Jeder könne seinen Beitrag gegen Atomwaffen leisten, ergänzt der Vater von drei kleinen Kindern und lädt ein, sich in verschiedenen Organisationen zu engagieren. „Das ist auch eine persönliche Bereicherung.“ Für Schulen bietet IPPNW auch Ausstellungen und Workshopprogramme an.

www.ippnw.at

www.ippnw.org

Die weltweite Ärzteorganisation IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) ist in 60 Ländern aktiv. In Österreich hat der Verein rund 200 Mitglieder. 1985 erhielt die IPPNW den Friedensnobelpreis.

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