Raaber gibt Friedhofsblumen mit Schönheitsfehler eine zweite Chance
SCHÄRDING/RAAB. Er rettet sie aus dem Müll, peppelt sie auf und gibt sie denen zurück, die sie nicht mehr haben wollten. Mit seinem Projekt „Die Umtopf-Bar“ gibt der 30-jährige Raaber Benjamin Franke Blumen, die auf dem Friedhof in Schärding bereits entsorgt worden sind, eine zweite Chance.
„Im Grunde geht es bei dem Projekt darum, lebenden Pflanzen in der heutigen Wegwerfgesellschaft eine zweite Chance zu geben und nicht achtlos alles, nur weil es nicht mehr perfekt ist, wegzuwerfen“, beschreibt Benjamin Franke sein Projekt „Umtopf-Bar“, das er am Schärdinger Friedhof ins Leben gerufen hat. „Die Pflanzen vom Friedhof, seien es einjährige oder mehrjährige, sind wie Mensch und Tier Lebewesen und man sollte das Leben – egal welcher Form – respektvoll behandeln.“ Trauer, Zorn und Verachtung kommen in ihm hoch, wenn er sieht, wie die Menschen lebende Pflanzen wegwerfen. Die Einstellung „Das sind ja nur Pflanzen“ kann er nicht verstehen: „Für mich sind es Lebewesen, die auch das Recht haben sollten zu leben. Es klingt makaber, da es um Friedhofspflanzen geht, aber man wirft die älteren Menschen auch nicht lebend auf den Komposthaufen.“ Anfangs hat der 30-Jährige, der zuvor am Friedhof in Raab tätig war und nun über die Tagesstruktur von pro mente Schärding als Friedhofspfleger in Schärding arbeitet, die Pflanzen selbst mit nach Hause genommen und sie im Garten seiner Schwiegermutter angepflanzt. „Aber ich habe keinen freien Platz mehr, den ich noch bepflanzen könnte“, sagt der gebürtige Bad Reichenhaller. Und da kam ihm die Idee, die Blumen zur Gratis-Abholung bereitzustellen. „Innerhalb einer Stunde hatte ich die Erlaubis von der Pfarre.““Die Pflanzen kann jeder abholen, nicht nur Friedhofsbesucher. Ich möchte jedem die Möglichkeit geben, die Planzen abzuholen. Hauptsache sie bekommen ein neues Zuhause und enden nicht am Komposthaufen“, sagt Franke. Damit die Chance größer ist, dass die Blumen auch tatsächlich mitgenommen werden, bietet er diese kostenlos an. „Ich seh“ auch keinen Grund, etwas zu verlangen, da sie aus dem Biomüll stammen.“ Die Zeit, die der Pflanzenretter in das Projekt investiert, stammt hauptsächlich von den Arbeitspausen. „Und ob ich nur dumm rumsitze oder lieber etwas Sinnvolles tu, ist auch egal“, sagt er.Alle Arten von Pflanzen sind es wert gerettet zu werden. Am häufigsten findet Franke Stiefmütterchen und Erika im Müll. Rund um Ostern werden sehr viele Zwiebelblumen entsorgt, obwohl diese im nächsten Jahr wieder austreiben. „Kaum jemand macht sich die Mühe die Zwiebeln wieder zu trocknen“, sagt Franke traurig.
Projekt hilft beim Sparen
Benjamin Franke sieht viele Vorteile, die das Projekt mit sich bringt. Egal ob ein- oder mehrjährig – die Pflanzen bekommen die Chance weiterzuleben. Mit ihrer Schönheit können sie den Menschen weiterhin Freude bringen, als Garten-, Balkon- oder wieder als Friedhofspflanzen. Mit seinem Projekt hilft er den Friedhofsbesuchern auch beim Sparen und es entsteht weniger Müll. „Vielleicht lernen doch noch ein paar Menschen, sich mehr für die Natur einzusetzen“, hofft Franke die Menschen mit seinem Projekt zum Umdenken zu bewegen.Bis jetzt hat der Raaber eigentlich nur gutes Feedback bekommen und sehr viele liebe und aufbauende Kommentare auf Facebook. „Es ist ein Wahnsinn, wie gut es ankommt.“
Lageplan
Seit 11. Mai findet man die Blumen beim Depot für Kränze und Gestecke. Dieses befindet sich rechts außerhalb des Friedhofs Schärding. Auf der Facebook-Seite „Die Umtopf-Bar – Schärding“ befindet sich auch ein genauer Lageplan.
Solange die Menschen nicht damit aufhören, lebende Pflanzen wegzuwerfen, kommen laufend neue Pflanzen dazu. „Ich hoffe, dass dieses Projekt angenommen wird und dass sich andere Gemeinden anschließen“, sagt Franke.
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