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Psychische Probleme: "Die Patienten werden immer jünger"

Omer Tarabic, 22.06.2023 14:37

BEZIRK SCHÄRDING. Vor zehn Jahren wurde die Tagesbehandlung für psychische und psychiatrische Gesundheit am Klinikum Schärding eröffnet. Seitdem wurden rund 1200 Personen behandelt.

Gert Bürger (2. v. r.) mit Oberärztin Michaela (r.) Heckmann und den Psychologinnen der Tagesbehandlung Petra Hubinger (l.) und Heidemarie Maier (Foto: Dominik Derflinger / OÖG / 2023)

Regionalität ist in aller Munde. So auch bei der medizinischen Versorgung. Wohnortnahe Behandlungsmöglichkeiten sorgen für Sicherheit bei der Bevölkerung. Das ist auch Landeshauptmann-Stellvertreterin Christiane Haberlander klar. „Deswegen bin ich froh, dass wir hier am Klinikum Schärding top Ärzte und Pflegepersonal haben und die Erkrankten hier vor Ort behandeln können.“ Vor allem bei psychischen Erkrankungen gab es bis vor wenigen Jahren mit dem Landes-Nervenklinik Wagner Jauregg in Linz (jetzt Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums) quasi nur eine Behandlungsmöglichkeit bei psychischen Krankheiten. Aus diesem Grund wurden, in Zusammenarbeit mit dem Klinikum St. Josef in Braunau, im Jänner 2013 die Tore der Tagesbehandlung für Patienten aus dem Bezirken Ried und Schärding geöffnet. Die häufigsten Krankheitsbilder, welche in der Tagesbehandlung für psychische Gesundheit behandelt werden, sind Depressionen, Angst- und Panikstörungen.

Start mit zwei Patienten

Gestartet wurde 2013 mit einem hochmotivierten Team und zwei Patienten. Mit der Zeit stiegen nicht nur die Patientenzahlen, auch neue Konzepte wurden eingeführt. „Zehn Jahre ist eine beachtliche Leistung und zeigt, wie gut auch das Angebot angenommen wird. Ich gratuliere recht herzlich zum 10-jährigen Bestehen“, fügt Christine Haberlander hinzu. Das Team – bestehend aus Fachärzten, Psychologen, speziell geschulten Pflegemitarbeitern, Ergo- und Physiotherapeuten, einer Musiktherapeutin, DiätologInnen sowie einer Sozialarbeiterin – macht die Tagesbehandlung erst zu einem Erfolgskonzept. „Da die tagesklinischen Patienten täglich nach Hause zurückkehren, können sie die Strategien, die tagsüber erarbeitet werden, dort gleich umsetzen“, so Gert Bürger, Leiter der Tagesbehandlungen für psychische Gesundheit. Aktuell befinden sich 15 Personen in Behandlung, bisher wurden rund 1200 Patienten behandelt. Die Wartezeit beträgt rund vier bis sechs Wochen. Wer die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch nehmen will, der muss bis zu sechs Monate warten. Im Bezirk Schärding gibt es mit Wolfgang Eichinger nur einen Psychiater. Hier besteht laut Haberlander auf alle Fälle Nachholbedarf.

Angst vor Krankheit

Auch wenn immer mehr Personen bei psychischen oder psychiatrischen Krankheiten Hilfe in Anspruch nehmen, ist die Scheu vor dem Gang zum Experten laut Bürger groß. Die Dunkelziffer der Erkrankten hoch. „Auch wenn ein Umdenken stattfindet, haben viele nach wie vor Angst zuzugeben, dass sie psychisch erkrankt sind. Der Gang zum Psychiater oder in eine Klinik erfolgt meist dann, wenn die Betroffenen keine andere Möglichkeit mehr sehen. Auch haben viele keinen Mut, mit ihren engsten Vertrauten über ihre Probleme zu sprechen, denn sie haben Angst, dass dies als Schwäche ausgelegt werden könnte“, sagt Bürger. Gerade durch Corona und die derzeitige Krisensituation (Teuerungen, weniger Geld) ist die Gefahr, dass nun noch mehr Personen in die Depression abrutschen laut den Ärzten groß. Vor allem junge Menschen zwischen 18 und 22 Jahren sind davon betroffen. „Unsere Patienten werden immer jünger“, berichtet Bürger. Und weiter: „Psychische Krankheiten lassen sich behandeln. Je eher Betroffenen zu uns kommen, desto größer sind die Heilungschancen und die Rückkehr in ein Leben ohne Angstzustände möglich.“


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Walter N.
Walter N.
26.06.2023 16:33

Die Zielsetzungen sind ehrenwert

Dass nicht einfach eine Dauerbehandlung, sondern eine Heilung angestrebt wird, ist eine für die Psychiatrie nicht selbstverständliche Zielsetzung. Dass Strategien erarbeitet werden, die man zu Hause umsetzen soll, finde ich einen konstruktiven Ansatz.