Die Saga des Waldviertels

„Es ist das Buch meines Lebens“, sagt Buchautor Roland Kernstock zu seinem neuesten Werk „Mythos Nordwald – Die Saga des Waldviertels“. Zwölf Bücher und etliche Jahre hat er gebraucht, um die Zeit und Muse zu finden, sein Herzensprojekt zu verwirklichen. Als es heuer dann soweit war, setzte er die Ideen in seinem Kopf in knapp zwei Monaten um, ein beachtliches Tempo. 282 Seiten sind es geworden, die meisten davon mit Texten gefüllt, wie bei Roland Kernstock üblich findet der Leser aber auch wieder einen Bild- und Grafikteil sowie ein Literaturverzeichnis. Beibehalten hat er auch das Format DIN A4, als Titelbild fand diesmal ein Foto der Burg Hartenstein im Kremstal Verwendung.

Viele Kapitel

Roland Kernstock hat ein Faible für Einteilung und Struktur in seinen Büchern, das ist auch in „Mythos Nordwald“ nicht anders. Die Geschichte des Waldviertels unterteilt er neben einem Epilog und Prolog in zwei Überkapitel, beginnend mit „Mythologisches Zeitalter und prähistorische Zeit“, dem folgt das „Historische Zeitalter“. Die zwei sind dann in zahlreiche weitere Kapitel unterteilt, das „Mythologische Zeitalter“ in 14, das „Historische Zeitalter“ in 33. Im Anschluss folgt ein mehrseitiger Bildteil. Dann beschreibt er die Schauplätze der Handlungen der einzelnen Kapitel damit Leser, die die Orte in echt auch besuchen wollen, diese finden können. Denn „ich möchte die Leserinnen und Leser hinausführen in das Land“, wie er sagt.Nach den Schauplätzen präsentiert der Autor den Lesern eine zeitliche Chronik im Überblick. Auf den Grafikteil folgt schließlich noch der Anhang mit dem Literaturverzeichnis.

Mythologisches Zeitalter

„Am Anfang...gab es weder Land noch Wasser“, mit diesen Worten taucht der Leser in die Saga des Waldviertels ein. Daraus wird im zweiten Kapitel „ein Ball aus interstellaren Gasen“, der sich schließlich zur Erde weiter entwickelt. Ein detaillierter Blick im dritten Kapitel führt zum Urmeer im Osten, von dem heutzutage die Wissenschaft weiß, dass es östlich von Eggenburg begann. Dort widmet sich Roland Kernstock dem möglichen Schicksal von einigen Seekühen, deren Skelette in den 1980er Jahren als wissenschaftlicher Sensationsfund ausgegraben wurden. Es folgt die Beschreibung der weiteren Erdentwicklung bis zur Eiszeit und dann tauchen schließlich menschenähnliche Wesen in den Erzählungen auf, „eine Gruppe von aufrecht gehenden, behaarten Wesen“, wie Roland sie beschreibt, auf einer Ebene nördlich des Kremstales vor etwa 90.000 Jahren, von der aus sie hinunter in ein Tal streifen, wo sie einen perfekten Zufluchtsort finden, eine besondere Höhle. Sie ist heutzutage als die berühmte „Gudenushöhle“ im Kremstal bei der Burg Hartenstein bekannt. 45.000 Jahre taucht ebenfalls im Kremstal der Mensch auf, weitere 17.000 Jahre später ein Clan mit dem Anführer Eman, ein Schamane und seiner Enkeltochter Freyja. Die Menschheitsgeschichte im Waldviertel nimmt ihren Lauf. In Kapitel 12 kommt Roland zu einem seiner Lieblingsthemen und -plätze, den Waldnomaden beim „Kalblloch“ und der Pumperskirche“ bei Neunagelberg. Der Schamane heißt nun Cathbad, die weibliche Figur ist Side, die Tochter von ihm. Im abschließenden 14. Kapitel ist der Schauplatz die Burg Kollmitz, Svanhilde die Herrin der Zinnen, deren Schicksal sich im Kampf mit Raubrittern erfüllt.

Historisches Zeitalter

Mit dem 15. Kapitel beginnt das „Historische Zeitalter“in Kernstocks neuem Werk. Inhaltlich geht es um einen Ausschnitt aus der Nibelungensage. In den folgenden Kapitel tauchen viele historischen Berühmtheiten und Orte des Waldviertels auf, Hadmar von Kuenring und Zwettl, die Burg Dürnstein mit König Richard Löwenherz und dem Sänger Blondl, die Burg Aggstein mit Hadmar III von Kuenring und so weiter. Der Autor wendet sich historischen Personen, Ereignissen und Orte zu, die gemeinhin bereits bekannt sind: Die Burg Raabs, Maria Taferl, der Galgenberg von Arbesbach, Amaliendorf, Ludwigsthal, der Räuber Grasel darf natürlich nicht fehlen. Und so weiter. Die Saga des Waldviertels endet im Kapitel 47, das im Frühjahr 2018 angesiedelt ist, mit einer Gruppe Weißstörchen die sich von Südafrika aus auf den Weg Richtung Norden machen und in Ludwigstal schließlich im Waldviertel ankommen. Für Roland Kernstock sind auch sie „Geschöpfe des Nordwalds“.

Doch kein Roman

Die Besonderheit dieses Buches im Vergleich mit den bisherigen Veröffentlichungen liegt darin, dass Roland Kernstock als stilistisches Mittel die literarische Erzählform gewählt hat. Der Leser findet also in den einzelnen Kapitel literarische Erzählungen, erdacht vom Autor, beruhend auf historischen bzw. wissenschaftlichen Tatsachen. Die Idee ist großartig, allerdings konnte ich nie wirklich in eine Szene, in ein bestimmtes Geschehen richtig eintauchen, weil die einzelnen Kapitel dafür zu kurz angelegt sind. Der ständige Wechsel der Orte, Personen und Ereignisse hat mich mehr verwirrt, als es für einen roten Faden gesorgt hätte. Ich hatte einen Roman erwartet. Geworden ist es eine Sammlung von Geschichten, die mehr einer literarischen Chronik gleicht, als einem Roman über das Waldviertel. Wer sich für den Norden Österreichs, den Nordwald, interessiert, sollte sich dieses Buch dennoch nicht entgehen lassen.