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Ferien ohne Handicap für Kinder mit besonderen Bedürfnissen

Leserartikel Eva Leutgeb, 02.08.2019 08:00

SCHWARZENAU. Sommerzeit, Ferien und Urlaub, verreisen mit Kind und Kegel - auf das freuen sich viele. Es gibt aber auch Familien, die Kinder mit schweren Behinderungen haben und rund um die Uhr für die Betreuung da sein müssen. Urlaub und verreisen bedeutet für diese Eltern oft mehr Stress, als zu Hause zu bleiben oder ist erst gar nicht möglich. Der Verein Ferien ohne Handicap in Schwarzenau bietet genau für solche Kinder und Jugendliche ein Feriencamp an.

Plantschen im Thayatal-Vitalbad; Foto: Verein Ferien ohne Handicap
  1 / 2   Plantschen im Thayatal-Vitalbad; Foto: Verein Ferien ohne Handicap

Birgit Stoifl, Obfrau des Vereins Ferien ohne Handicap, hat in ihrem Beruf als Entlastungsbetreuerin viel mit schwer beeinträchtigten Kindern zu tun. Durch Gespräche mit Eltern hat sie bemerkt, dass Betreuungsmöglichkeiten für jene Kinder in den Ferien kaum oder gar nicht vorhanden sind. Deshalb entstand in ihr der Wunsch, dieses spezielle Feriencamp für Kinder und Jugendliche mit einem sehr hohen Unterstützungsbedarf, und den Eltern damit einmal eine sorgenfreie Auszeit, anzubieten. Seit 2014 gibt es den Verein in Schwarzenau. Wie groß die Nachfrage ist, sieht man anhand der Warteliste, die jährlich länger wird. Die heurigen Sommertermine sind bereits seit fast einem Jahr ausgebucht.

Das Feriencamp

Im Feriencamp, das im JUFA Gästehaus in Raabs an der Thaya, stattfindet, haben Kinder mit besonderen Bedürfnissen die nötige und intensive Pflege durch erfahrene Betreuung. Das bedeutet nicht nur, dass diese Kinder erlebnisreiche Ferien, sondern auch Eltern die Möglichkeit haben, einmal Urlaub für sich in Anspruch zu nehmen. Im Camp erleben Kinder und Jugendliche einen Kennenlern-Nachmittag mit Musik und Spielen. Ausflüge in das Thayatal-Vitalbad mit Warmwasserbecken werden unternommen, Therapiehunde und Lamas kommen zu Besuch, Workshops mit malen, trommeln, Kräuter- und Dufterlebnisse, Seifen machen, Ort und Leute kennen lernen, Neues entdecken oder einfach nur Eis essen und die Seele baumeln lassen. Musik ist ständiger Begleiter, in dem man entweder selber musiziert oder Musiker da sind. Das Camp ist kein Therapiecamp, auch wenn speziell ausgebildete Tiere kommen. Ferien stehen hier im Vordergrund, weil diese Kinder unter dem Jahr oft viele Therapien haben. Ein Grundsatz für die Aufnahme im Camp ist: „Je schwerer die Beeinträchtigung, desto eher die Teilnahme.“ Einem Kind oder Jugendlichen steht eine Betreuungsperson für 24 Stunden zur Seite, die auch nachts im Zimmer verweilt. Viele haben spezielle Bedürfnisse, auf die behutsam eingegangen wird. Eltern und Kinder lernen den Betreuer bereits vor dem Camp kennen.

Berührende Erlebnisse

Es gibt unzählige, schöne Momente für Birgit Stoifl: „Die Freude der Kinder, das Vertrauen, das sie uns zeigen, wenn anfängliche Anspannung von Tag zu Tag zu immer mehr Entspannung führt. Wenn ein Bursche sagt, das war sein allerschönster Urlaub, wenn Beziehungen innerhalb der Kinder entstehen oder ein Kind, das sonst Probleme mit Nähe hat, seine Betreuerin oft umarmt. Ein Kind, das noch nie von zu Hause weg war, hat nach einer Woche mitgeteilt, dass es am liebsten gleich wieder mitfahren möchte. Wenn Eltern im Nachhinein erzählen, dass beim Fotos ansehen die Augen eines Teilnehmers immer wieder strahlen. Wenn schwierige Verhaltensweisen im Laufe der Woche immer weniger werden.“ Auf die Frage, ob Eltern sich leicht von ihren Kindern trennen können, sagt Birigt Stoifl: „Der Wunsch nach diesem Entwicklungsschritt ist sehr groß, dennoch ist es ein Prozess. Viele Teilnehmer sind schon öfters mit uns mit, da beobachten wir, wie es von Mal zu Mal leichter wird und sich die Eltern „weiter weg“ wagen. Eltern können sich selbstständig ein Zimmer in unserer Unterkunft dazu buchen, das ist schon einmal vorgekommen. Da war es wichtig, dass das Kind zum Einschlafen die Eltern hatte, beim zweiten Mal war es nicht mehr notwendig. Manche Eltern machen auch gleichzeitig in der Nähe Urlaub, dass sie im Notfall nicht weit weg sind. Mit jeder Campteilnahme werden Eltern und Kind „mutiger“. Wichtig hierbei ist Eltern, dass sie diesen Ablöseprozess beginnen beziehungsweise durchgehen. Sie wollen eine freie Zeit haben, das passiert oft erstmals im Jugendalter des Kindes. Solch ein Kind kann nicht einfach einmal bei Freunden schlafen.“ Für Eltern, die mehrere Kinder haben, ist es eine Gelegenheit, mit ihren anderen Kids einmal etwas zu unternehmen. Die Mütter und Väter wissen, dass ihre Kinder mit besonderen Bedürfnissen in besten Händen sind, sich wohl fühlen und Spaß haben.


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