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GROSSREICHENBACH. Es fliegen die Hornraspeln, wenn Babsi und Bernadette ihr Werkzeug ergreifen. Sie haben die beiden Esel Maxi und Milli fest in der Hand. Von wegen männliche Domäne – Hufschmied und Chef Werner Filler ist da ganz anderer Ansicht. Tips war unterwegs mit dem Dreiergespann und hat bei einer der ältesten Handwerks­traditionen über die Schulter geschaut.

Da fliegen die Hornraspeln
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„Manche schauen noch immer ein wenig verwundert, wenn eine weibliche Person als Hufschmied auf den Hof kommt“, schmunzelt Werner Filler. Denn es galt auch in Österreich lange Zeit als männlich dominiertes Gewerbe. Anders bei dem 53-Jährigen aus Großreichenbach bei Schweiggers. Er betreibt sein Handwerk mittlerweile seit 20 Jahren und hat seit jeher immer wieder auf weibliche Helfer gesetzt. „Erstens haben sie ein Händchen für Pferde und zweitens haben sie meistens nicht das Interesse, sich selbstständig zu machen“, meint Filler mit einem Augenzwinkern.

Barbara Beigl arbeitet bereits 14 Jahre mit ihm und hat seit fünf Jahren den staatlich geprüften Hufschmied in der Tasche. Und Bernadette Balcarek war österreichweit sogar die erste weibliche Person, die den Lehrberuf damals vor sechs Jahren ergriff.“Ich wollte unbedingt einen Beruf mit Pferden ausüben, von dem man auch leben kann“, meint die 21-Jährige. „Es ist toll – man fährt den ganzen Tag durch die Natur, sieht Pferde, Land und Leute“, schwärmt die blonde junge Frau begeistert, während sie an Esel Maxi arbeitet.

Jetzt gerade haben sie im Naturpark Nordwald bei Großpertholz Halt gemacht, denn die beiden Esel dort müssen dringend ausgeschnitten werden. Sorgfältig hebt Bernadette den Hinterfuß des Vierbeiners, legt ihn auf den Bock, reinigt die Sohle, schnappt sich die Zange und entfernt das überschüssige Horn des Hufaußenrandes, um schließlich noch den Feinschliff mit der langen Raspel zu erledigen. „Bei den Hinterbeinen ist es Pediküre, vorne dann wohl die Maniküre“, scherzt Chef Werner Filler. Die „Fußpflege“ war schon dringend notwendig, „durch die vermehrte Fütterung verändere sich auch das Hornwachstum“, informiert Filler. Die beiden Tiere haben sprichwörtlich eine Eselsgeduld, und lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Mit gekonnten Griffen ist das „Ausschneiden“ bald erledigt. Gut so, denn der nächste Termin steht bereits am Programm. Elf Tiere im Raum Eichberg und Harbach hatten sie bereits am Vormittag in der Mangel, nachmittags folgen nochmals 13. Ein straffer Zeitplan also.

Hufschmied im Aufwind

Das ist allerdings nicht immer so, ein Team von drei Leuten will schließlich beschäftigt werden. „Ja man muss schon schauen, dass genügend Arbeit da ist, unsere Touren reichen mittlerweile von Litschau bis Ziersdorf, von St. Georgen bis nach Spitz an der Donau“, meint Hufschmied Filler.

Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn zählte das Gewerbe eher zum aussterbenden Handwerk, mittlerweile gäbe es in der näheren Umgebung von rund 25 Kilometer acht Hufschmiede, die meisten davon im Nebenerwerb. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich der Reitsport als Freizeitbeschäftigung zunehmender Beliebtheit erfreut. Rund 450 Betriebe besuchen Filler und sein Team in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen. Leichter sei es in den vergangenen Jahren aber definitiv nicht geworden, alles müsse dokumentiert und gerechtfertigt werden, auch die Registrierkasse hat ihn nicht ausgelassen – die hat er in seinem geräumigen Auto immer dabei.

„Pferde sind oft viel pflegeleichter als die Menschen selbst.“ Werner Filler, Hufschmied

Der „moderne“ Hufschmied

Werner Filler bezeichnet sich als „modernen“ Hufschmied, sein Steckenpferd ist die Orthopädie, sämtliche Spezialbeschläge – von Klebe- bis zu Kunststoffbeschlägen über Kunsthorne – das ist sein Metier. Auch beim Thema Hufschuh ist er ausgewiesener Experte. Grundsätzlich legt Werner Filler viel Wert auf Weiterbildung – gerade das sieht er bei seinem Beruf als das „Um und Auf“ an. „Es ist eine eigene Wissenschaft und es gibt stetig neue Erkenntnisse“. Und seiner Ansicht nach könne man immer etwas dazulernen, in jeder Lebenslage. „Es ist wichtig, offen zu sein für Neues, denn man lernt nie aus!“. Verständnis und Gespür für die Pferde, das sollte ein guter Hufschmied aber auf jeden Fall mitbringen.

Zuhause in Großreichenbach

So ist es nicht verwunderlich, dass auch er selbst etliche Vierbeiner sein Eigen nennt. Zuhause auf seinem Bio-Hof in Großreichenbach züchtet er mit seiner Partnerin Sabina edle Quarter Horses. Überhaupt beherbergt Familie Filler eine spannende „tierische“ Kombination: Als einer der ersten Züchter Österreichs startete Filler vor zwanzig Jahren mit Australian Shepherds. In Amerika eine beliebte Hunderasse und idealer Reitbegleiter. Mittlerweile hat er zwölf „Aussis“ bei sich am Hof. Dem nicht genug, hält er noch zehn Dahomeys, die Miniaturausgabe von Kühen. „Die sind viel pflegeleichter, brauchen weniger Futter und weniger Platz“, so seine Argumentation.

Herz im Waldviertel

Werner Filler ist ein Waldviertler mit Leib und Seele. Nie und nimmer könnte er sich ein Leben in der Stadt vorstellen. „Mich zieht es nicht in die Ferne, gar nicht. Wir haben doch alles rund um das Haus, was wir brauchen, schau!“ Ja und wenn man den Blick über die herrlichen Weiden samt den edlen Pferden, die wuscheligen Kücken, die kugeligen Zwergkühe und das kleine Biotop schweifen lässt, so muss man dem Hufschmied aus Leidenschaft doch irgendwie recht geben!


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