Umweltanwalt Martin Donat über Wildtiere im Einklang mit Betriebsbaugebieten
ST. GEORGEN. Die Stimme von Umweltanwalt Martin Donat in der Causa „Pöttinger-Werk-Erweiterung in St. Georgen“ wiegt schwer. Donat gibt von Seiten der Umweltanwaltschaft nur grünes Licht für den Bau, wenn der Wildtierkorridor und der Grünzug beschlossene Sache sind. Dafür wurde im Gemeinderat ein erster Schritt gesetzt. Im Interview erklärt Donat seine Sicht der Dinge und warum es gar nicht um den Wolf geht.
Tips: Der Gemeinderat hat nun den Grünzug wieder beschlossen – ist damit die positive Stellungnahme Ihrerseits für das Projekt fixiert?
Martin Donat: Die Position der Umweltanwaltschaft zum Kompromissvorschlag hat sich nicht geändert, wir haben unsere Position auch nicht verlassen. Darum ja.
Tips: Der Wildtierkorridor zieht sich laut Ihrer Studie eigentlich durch jenes Gebiet, wo das Unternehmen Pöttinger bauen will – warum hat man nicht auf dieses Gebiet für den Korridor bestanden und warum geht der Wildtierkorridor nicht zwischen dem geplanten Pöttinger-Werk und der Firma Fröling hindurch – hier wäre ja noch Platz.
Es stimmt, dass der Hauptkorridorast im Bereich des geplanten Betriebsbaugebiets Pöttinger liegt. Die Flächen zwischen Pöttinger und Fröling sind – denke ich – keine Dauergrünflächen, sondern werden wohl bei etwaigen Betriebserweiterungen herangezogen werden. Dies liegt aber im Ermessen der Betriebe und der Gemeinde. Für uns ist die Überlagerung mehrerer Schutzzwecke wie Grünkorridor, landwirtschaftliche Vorrangfläche, Oberflächenwasserüberflutungsfläche, Gehölzzug und Landschaftsgliederung sinnvoll – was im Bereich des Nebenkorridors der Fall ist. Solche Schutzflächen gäbe es auch auf angrenzendem Taufkirchner Gebiet.
Tips: Widersprechen Sie mit dem neuen Grünzug und dem „neuen“ Wildtierkorridor nicht Ihrer eigenen Studie?
Nur zum Teil – der Nebenkorridor ist auch in der Studie ausgewiesen. Wir hätten ein regionales Raumordnungsprogramm für die Ausweisung von Grünzonen wie Wildtierkorridore, agrarische Grünlandflächen oder Erholungsflächen, Wohngebiete und Betriebsentwicklungszonen für den Raum Grieskirchen für sinnvoll erachtet. Bis dato hat dazu der politische Wille gefehlt.
Tips: In Ihrer Studie heißt es, dass Eisenbahnen und noch mehr stark befahrene Straßen eine „Vollbarriere“ für Wildtiere darstellen – mit dem jetzigen Grünzug müssten die Wildtiere nach der Bahn gleich zwei Mal eine Straße überqueren? Warum lässt sich die Umweltanwaltschaft auf diesen Grünzug ein, der doch ein noch größeres Risiko für die Wildtiere darstellt?
Es stimmt, dass die Infrastrukturkorridore wilddurchgängig gemacht werden müssen. Das eine schließt aber das andere (Freihalten von Korridorflächen) nicht aus. Auch auf der Westautobahn wurde die Wildbrücke bei Ybbs erst vor Kurzem errichtet. Im Bereich der Innkreisautobahn ist eine Grünbrücke vorgesehen.
Tips: Sind für das Überqueren der beiden Straßen und der Eisenbahn Maßnahmen wie eine Über- oder Unterführung angedacht?
Derzeit nicht. Aber das kann noch werden. Es ist schon schwer genug, den Gedanken der Lebensraumvernetzung und des Bodenschutzes konkret in den Flächenwidmungsplanungen zu verankern und umzusetzen.
Tips: Wann rechnet die Umweltanwaltschaft damit, dass Wildtiere in dieses Gebiet kommen könnten?
Es geht nicht um Standwild wie Rehe oder wandernde Wölfe – die verhalten sich ganz anders und würden auch zwischen Fröling und Pöttinger durchlaufen, oder Bären, sondern um strukturabhängige Arten wie den Luchs. Es geht um die Vernetzung von Lebensräumen, die auch regionalen Arten nützt und letztlich geht es darum, welches Gesicht Grieskirchen und Umgebung in Zukunft hat. Bei offiziellen Feiern wird nicht selten das Ländliche und die Tradition „im Landl“ betont. Am Tag danach schaut das bei Fragen der Raumordnung ganz anders aus. Was soll dem Bezirk Grieskirchen letztlich sein Gesicht geben? – sind es bunt gestrichene große Blechboxen ohne Grünbereiche und Gehölzzüge längs viel befahrener Straßen oder darf doch ein wenig von der gewachsenen landschaftlichen Grundstruktur übrig bleiben? Darf die Natur überhaupt noch etwas Platz haben?
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