Todes-Metaller Epsilon: "Death Metal ist ein Showbusiness wie jedes andere auch"
ST. PÖLTEN. Die 2003 gegründete St. Pöltner Death Metal-Band Epsilon ist aus der niederösterreichischen Metal-Szene nicht mehr wegzudenken. Im Laufe der Jahre veränderte sich nicht nur die Besetzung der Band mehrmals, sondern auch die Musikrichtung entwickelte sich vom Thrash hin zum Death Metal. Tips plauderte beim Tales From The Moshpit - Chapter LIX im Freiraum St. Pölten, bei dem Epsilon als Headliner auftrat, mit Bassist Mecki und Gitarrist Christian, die schon seit dem allerersten Gig der Band dabei sind.
Tips: Wie ist es zum Namen Epsilon gekommen?
Mecki (Bass): Das ist eine vielgestellte Frage. Der Name kommt aus einer Zeit, als die Band noch eher ein Projekt war, also weit vor dem ersten Gig. Es weiß eigentlich keiner mehr so genau, wie das ganze entstanden ist. Irgendwann haben wir Epsilon geheißen, und das ist über die Jahre geblieben. Das war wahrscheinlich eine Rauschgeschichte im Proberaum oder so. Es gibt viele Gerüchte darüber, aber keiner weiß, wie es wirklich passiert ist.
Tips: Ihr kennt euch schon aus der Schulzeit, oder?
Christian (Gitarre): Das geht sich nicht aus (schmunzelt).
Mecki: Bei uns geht es sich nicht aus. Er (Christian) hat mit einem alten Sänger schulische Kontakte gehabt, aber das sind Leute, die schon lange nicht mehr in der Band sind. Das war in der grauen Anfangszeit, als sie noch ein Projekt war. Da war von Auftritten noch lange keine Rede.
Tips: Ihr habt ursprünglich mit Thrash Metal und Hip Hop-Gesang angefangen und seid 2006 zum Death Metal gekommen. Warum das?
Christian: Das mit den Genres ist immer eine schwierige Geschichte. Wir haben uns irgendwann darauf geeinigt, eher ins Thrashige hinein etwas zu machen und dann in die Death Metal-Richtung zu gehen. Diese beiden Genres lassen sehr viel Spielraum und haben die meisten Einflüsse aus anderen Musikrichtungen. Es steht nirgends geschrieben, das muss jetzt so und so ausschauen. Wenn man sich Machine Head anschaut, die jetzt in den New Thrash Metal hineingehen, oder Bands wie Slayer, die auch Thrash Metal machen, sieht man, dass solche Bands auch schon in anderen Genres unterwegs waren.
Tips: Man hat also mit diesen Genres mehr künstlerische Freiheit?
Christian: Genau. Es steht nirgends geschrieben, wie es zu klingen hat.
Mecki: Man hat auch mehr Spielraum beim Songwriting. Thrash oder Death Metal wird wieder unterteilt in was weiß ich alles. Dann ist das, was vor zehn Jahren cool war, wieder oldschool. So hat man den Überbegriff, bei dem sich die meisten auskennen, und den Rest soll man sich einfach anhören. Den Genre-Wechsel hatten wir auch, weil wir den Sänger gewechselt haben. Wir gingen weg von der Hip Hop- zu einer sehr tiefen Stimme, was sich inzwischen auch schon wieder verändert hat. Weil wir stimmlich schon so in der Death Metal-Ecke waren, haben wir gesagt, dass wir da als Ganzes gut hineinpassen.
Tips: Ihr habt in eurer 15-jährigen Bandgeschichte schon oft die Bandmitglieder gewechselt. Mit der jetzigen seid ihr aber zufrieden, oder?
Mecki: Wir sind jetzt knapp über ein Jahr in der aktuellen Besetzung. Wir haben in den letzten Monaten super zusammengespielt. Das braucht natürlich ein bisschen, bis sich alle kennengelernt haben, bis man weiß, wie jeder spielt und wie die Vorlieben sind. Wir haben jetzt auch schon angefangen, neue Nummern zu schreiben. So wie es ist, ist es super.
Tips: Euer letztes Album war 2015 „zu richten“. Wann ist das nächste geplant?
Mecki: Wir sind jetzt am Anfang vom Songwriting. Wir gehen nicht vor Ende 2019 damit raus. Wir wollen uns – das ist der Erfahrung der letzten beiden Alben geschuldet – wirklich Zeit lassen dafür, uns gut vorbereiten und mit einem Label Vorarbeit leisten, damit wir nicht in eine Drucksituation reinkommen und Dinge dann nicht so passieren, wie sie passieren sollten.
Tips: Welche Probleme hat es bei den letzten Alben gegeben?
Mecki: Es war am Schluss mit dem Songwriting ein bisschen knapp zum Aufnehmen, zum Mischen und zum Abgabetermin hin. Es geht ja nicht nur ums Aufnehmen, Mischen, Mastern und dann ans zum Label-Schicken, sondern man hat auch Fotosessions. Man muss auch Videos machen, dann kommt noch der ganze Musikprozess dazu. Ein Monatsmagazin braucht das Album zwei bis drei Monate vorher, damit man beim Release überhaupt im Magazin drinnen ist. Manche Musikmagazine erscheinen zwei-, andere sogar nur dreimonatlich, da braucht man einen entsprechenden Vorlauf.
Christian: Was noch dazu kommt, ist, dass wir die Band als Hobby betreiben und jeder von uns seinen Brotjob hat. Die Zeit wird, wenn man fertig werden soll, nicht unbedingt der beste Freund. Es wird alles immer enger, und wenn dann noch Dinge passieren, die nicht planbar sind, dann kommt man in Stress.
Tips: Ihr wart schon Vorband von Bands wie Biohazard, Cradle of Filth, Cannibal Corpse oder Obituary. Wie prägt einen das?
Christian: Mit Obituary haben wir bei unserer fünften Show gespielt. Das war natürlich eine Riesenfreude. Es ist schon eine tolle Geschichte, wenn wir auf Festivals oder international besetzten Konzerten solche Bands treffen. Ich finde es immer sehr interessant, die Leute abseits der Bühne kennenzulernen und mit ihnen ganz privat reden zu können.
Tips: Wie sind die von der Art her?
Christian: Gerade die Mitglieder der oldschool-Bands sind quer durch die Bank gestandene Leute, die selber Familie haben und die zwischen der Rolle, die sie auf der Bühne spielen, und dem, was sie abseits davon sind, trennen.
Tips: Wie ist allgemein die Death Metal-Familie?
Mecki: Normal (lacht). Für Leute, die mit Death Metal nichts zu tun haben, schaut alles recht wild aus mit Tod und Teufel und was weiß ich noch alles. Im Endeffekt ist Death Metal ein Showbusiness wie jedes andere auch. Ein Schlagersänger erzählt dir dauernd, wie schön und wie heil die Welt ist. Wie es bei den Schlagersängern mit Saufen und anderen Dingen aussieht, weiß man auch. Bei Death Metal ist es genau so, alles ist Tod und Teufel, und wenn du von der Bühne herunter bist, quatscht man ganz normal. Dass es Auswüchse in alle Richtungen gibt, hat man in allen Musikrichtungen. Das kann auch bei bildnerischen Künstlern sein.
Christian: Wobei Death Metal nicht immer Tod und Teufel ist. Das hängt man oft dem Genre an, aber man hat darin nicht nur musikalisch, sondern auch textlich und inhaltlich sehr viel Spielraum.
Tips: Um was geht es in euren Songs?
Christian: Um gesellschaftskritische Themen. Unser voriger Sänger ist hauptberuflich Mediziner, der hat sich auf dieser Ebene ein bisschen ausgetobt.
Mecki: Gerade das letzte Album war ein Spiegel der Gesellschaft. Es ging darum, was Leute für unglaublich dumme oder grausliche Sachen machen. Es geht quasi um Leute, die durchdrehen oder darum, was die Weltwirtschaft aus einem macht und mit dem Planeten bis hin zum Tierschutz. Sozialkritische Themen sind ein sehr breites Feld, auf dem man sich ohne Ende austoben kann. Die Themen sind uns ein persönliches Anliegen, weil, wenn man die Zeitung aufschlägt oder den Trump sieht, greift man sich als normaler Mensch nur mehr auf den Schädel. Man fragt sich: „Wo seid ihr eigentlich alle angerannt?“ Das Lustige daran ist, dass es offenbar immer noch so viele Leute gibt, die das alles als normal oder als super empfinden. Wegen dem Bullshit, den die Leute im Fernsehen permanent sehen, und wegen der Hockn, wo sie e schon auf Anschlag sind, können sie über wichtige Themen gar nicht mehr nachdenken, weil sie dafür keine Zeit mehr haben. Sie müssen schauen, dass sie ihre Kinder füttern, eine Wohnung zahlen und in der Hockn durchkommen.
Tips: Wie wichtig ist euch Tierschutz? Ihr habt auf einem YouTube-Video ja Leiberl mit Tierschutz-Botschaften an.
Mecki: Wir sind beide Vegetarier. Wir sind keine militanten Tierschützer, es ist uns aber schon ein Anliegen.
Christian: Das war diese Nutzmensch-Geschichte. Es kommt aus dieser Ecke, in der es vordergründig um Tierschutz geht, wobei sich dieser Begriff generell auf das Thema Ausbeutung bezieht. Wir wollten das in dem Video plakativ darstellen.
Mecki: Man kann den Vergleich so ziehen: Eine Tierfabrik repräsentiert das, was in der Wirtschaft abrennt und wie man – zwar nicht in allen Jobs – hergeprügelt wird. Wenn man sich diese neoliberalen Sachen anschaut – manchen wäre es ja lieber, man hackelt wieder 60 Stunden die Woche für 500 Euro und muss dann auch noch Danke sagen. Die Ausbeutung von Tieren, die sich nicht wehren können, ist vom Vergleich her nicht weit weg, und daher kommt dieses „Nutzmensch“.
Tips: Paul le'Buche von der Rock“n“Roll Highschool hat einmal gemeint, St. Pölten ist eine Elektro-Stadt. Stimmt ihr dem zu?
Mecki: Ja, ist sie. Gerade die Drum“n“Bass-Szene ist in St. Pölten sehr stark. Früher gab es auch noch diese Reggae- und Ragga-Sachen. Es gibt viele Künstler, die im St. Pöltner Umfeld bekannt geworden sind wie Camo & Krooked.
Tips: Was wollt ihr noch erreichen in eurer Musik-Karriere?
Mecki: Wir haben jetzt schon sehr viele Bands, bei denen wir als Vorband auftreten wollten, durch. Es gibt schon einige Bands, bei denen es schwer ist, bei ihnen als Tour-Supporter zu spielen. Wir gehen das eigentlich relativ ruhig an und machen unser Ding. Wir arbeiten schon sehr bewusst an dem Ganzen, setzen uns jetzt aber nicht das Ziel, in zwei Jahren dort oder dort sein zu müssen. Planen kann man in Wahrheit e nicht. Man muss sich schon Ziele setzen, aber nicht solche wie nächstes Jahr 30.000 Alben zu verkaufen, sondern man muss schauen, wie weit man mit dem, was man macht, kommt. Der Rest ergibt sich dann e.
Christian: Wünsche sind find ich am schönsten, wenn sie Wünsche bleiben können. Meiner wäre Support von Slayer zu spielen, aber das geht sich ganz sicher nicht mehr aus, nachdem sie gesagt haben, dass sie Ende des Jahres in Pension gehen.
Tips: Bist du traurig darüber?
Christian: Ja und nein. Sie haben es sich verdient und es gibt sie schon sehr lange. Slayer ist eine Band, mit der ich zur Musik gekommen bin. Es passt, wenn sie aufhören, aber es wäre eine tolle Geschichte, wenn wir als ihre Vorband spielen könnten (lacht).
Mecki: Was sich viele Bands in unserer Liga wünschen, ist „Support the Underground“. Je mehr Leute zu den kleinen Konzerten kommen, desto eher kommt eine kleine Band weiter.
Tips: Ihr wollt also Lokalitäten wie den Freiraum unterstützen?
Mecki: Natürlich. Es ist ja quasi ein Geben und Nehmen. Der Freiraum bietet kleineren und jungen Bands die Möglichkeit zu spielen. Umgekehrt ist es für den Freiraum cool, wenn Bands spielen und es kommen viele Leute. Es geht vorrangig nicht um Geld, sondern um die Möglichkeit, Musik zu machen.
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