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Zeugen der NS-Zeit - Luftschutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg in St. Pölten

Thomas Lettner, 17.10.2018 10:29

ST. PÖLTEN. März und April 1945 – der 2. Weltkrieg liegt in seinen letzten Atemzügen. Die Front rückt immer näher, und amerikanische Bomben fallen auf St. Pölten. Die Menschen suchen Zuflucht in Luftschutzbunkern, von denen manche noch gut erhalten sind.

Stadthistoriker Thomas Lösch im Luftschutzkeller des Rathauses St. Pölten. Foto: Thomas Lettner
  1 / 5   Stadthistoriker Thomas Lösch im Luftschutzkeller des Rathauses St. Pölten. Foto: Thomas Lettner

Auf St. Pölten gab es während des Zweiten Weltkriegs acht Luftangriffe. Allein am Ostersonntag 1945 musste die Stadt 14 Angriffswellen über sich ergehen lassen. „St. Pölten war das Ausweichziel für Wien. Die Bomber nahmen die Bahnhöfe und die Gleise der West- und Mariazellerbahn ins Visier“, weiß Stadthistoriker Thomas Lösch. Stark getroffen wurden auch die Innenstadt und die Siedlung am Eisberg. Fabrikgebäude gehörten jedoch nicht zu den vorrangigen Zielen.

Bau von Luftschutzkellern und Bunkern

Schon vor Beginn des Krieges wurden Schutzanlagen in Kellern historisch bedeutender Gebäude wie dem Rathaus oder der Franziskanerkirche am Rathausplatz geplant. Der Bau der Anlagen wurde ab Kriegsbeginn intensiviert. Im Bereich des Doms befanden sich zwei große Luftschutzkeller, die Platz für fast 400 Personen boten. Eine große Kelleranlage zwischen dem Prater Kellerweg und dem Mamauer Kellerweg wurde zu einem unterirdischen Lazarett umgebaut. Errichtet wurden auch übermauerte Luftschutzdeckungs- oder Splittergräben und Bunkeranlagen wie beispielsweise unter dem Kaiserwald oder hinter der „Schulkaserne“ (bei der HTL).

Aufschriften an der Wand

Im Rathauskeller fanden der damalige NSDAP-Oberbürgermeister Emmo Langer und die Magistratsmitarbeiter nach der Alarmierung Zuflucht. Der Eingang konnte mit einer massiven Metalltür verschlossen werden. Zutritt zum Keller bekam man über die Gasschleuse, deren Luftfilteranlagen heute nicht mehr erhalten sind. An den Wänden sind dafür noch Original-Aufschriften wie „Im tiefen Keller sitze ich und tue fröhlich singen, denn alle Feinde können mich…  nicht aus der Fassung bringen“ zu lesen. Bei dem Gedanken, dass die Menschen hier auf engem Platz zusammengepfercht stundenlang vom Voralarm bis zur Entwarnung ausharren mussten und dabei oft auch noch der Strom ausfiel, klingt das ziemlich zynisch. Für den Fall, verschüttet zu werden, konnte man durch ein kleines Metallschott an der Wand ins Freie gelangen.

Luftangriff der deutschen Wehrmacht

Die Luftschutzkeller versprachen jedoch keine hundertprozentige Sicherheit. Als am 20. März 1945 nach einem Bombentreffer der Eisbergtunnel einstürzte, fanden rund 50 Menschen den Tod. Der letzte Bombenangriff auf St. Pölten kam aber nicht von den Alliierten, sondern von deutscher Seite. Nach der Einnahme St. Pöltens durch die Russen am 15. April versuchte das „Schlachtgeschwader 10„ am 16. und 19. April die Stadt zurückzuerobern. Noch am Tag des Waffenstillstands, dem 8. Mai 1945, tobten heftige Kämpfe rund um die Stadt. Eine der letzten Schlachten fand beim Dunkelsteinerwald statt, wo sich eine deutsche Kampfgruppe verschanzt hatte und sich auch nach der Kapitulation nicht ergeben wollte.


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