Facharzt Peter Perger vom Europlasma Spendezentrum St. Pölten über den Sinn und Nutzen des Plasmaspendens
ST. PÖLTEN. Aus Blutplasma und seinen Bestandteilen werden wichtige Medikamente hergestellt, die das Leben vieler Menschen retten können. Tips sprach mit Peter Perger, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Facharzt für Transfusionsmedizin vom Europlasma Spendezentrum St. Pölten.
Tips: In welchen Bereichen sind Sie als Arzt tätig?
Perger: Ich arbeite sowohl bei Europlasma als auch in einem Krankenhaus. Als Notfall- und Intensivmediziner habe ich oftmals die segensreiche Wirkung von Blutkonserven und Gerinnungspräparaten erlebt.
Welche Zusatzausbildungen braucht es, um als Arzt in einem Plasmaspende-Zentrum arbeiten zu können?
Dazu braucht es das ius practicandi (Recht zur selbständigen ärztlichen Berufsausübung), Einschulungen in die Spendekriterien und die EDV als auch viel Gesprächsgefühl.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, damit man zu einer Spende zugelassen wird?
Freiwilligkeit und die körperliche Eignung besonders der Venen. Als Spender sollte man auch zwischen 18 und 65 Jahren alt sein, über 50 Kilogramm wiegen und einen Bodymass-Index von unter 35 haben. Auch der Blutdruck und die Temperatur müssen stimmen. Darüber hinaus sind ein regelmäßiger Herzschlag, Infektionsfreiheit, kein Aufenthalt oder Urlaub in infektionsgefährdeten Gegenden beziehungsweise keine Nähe zu infektionspositiven Mitmenschen wichtig (dann muss der Spender kurzfristig gesperrt werden). Es dürfen auch keine relevanten Vorerkrankungen wie Autoimmunerkrankungen oder Herz-oder Lungenleiden vorkommen. Unsere Sperrliste umfasst fast 20 Seiten, den Empfängern - meist Schwerkranken - geschuldet.
Wie läuft eine Plasmaspende genau ab?
Der Spender füllt zuerst einen Gesundheitsbogen aus, wird untersucht und auf einige wichtige Infektionen getestet. Wenn der Spender alle Bedingungen erfüllt, wird er zu seinem Allgemeinzustand und zu seinem Schlaf-, Stress- und Trinkverhalten befragt. Auch die Daten der vorhergehenden Spenden sind erfasst. Dann wird der Spender in den Spendesaal geschickt. Der Spender nimmt dort Platz, bekommt ein Getränk verabreicht, wird an der Einstichstelle desinfiziert und an der Vene gestochen, worauf das Blut entnommen wird. Die Abnahme dauert etwa 40 bis 50 Minuten. Es wird regelmäßig ein kleines Volumen Vollblut abgenommen (180 - 230 Milliliter je nach Pheresemaschine) und durch die Pheresemaschine zentrifugiert. Das Plasma fließt in einen Sammelbeutel, der Rest des Blutes wird in den Spender zurücktransfundiert. Der Vorgang wird mehrmals durchgeführt, bis die maximale, vorher eingestellte Abnahmemenge erreicht ist. Nach der Abnahme erhält der Spender einen kleinen Verband an der Einstichstelle und wird dazu aufgefordert, eine ca. dreißigminütige Ruhezeit einzuhalten.
Wie muss man sich auf eine Spende vorbereiten?
Wichtig ist, viel zu trinken und verlässliche Aussagen zu machen. Natürlich braucht es auch ausreichend Sprachverständnis, um die gestellten Fragen zu verstehen.
Welche Risiken können für den Spender entstehen?
Komplikationen passieren bei unter 0,03 Prozent der Spenden. Hauptsächlich sind es leichte Kreislaufprobleme, die durch Volumenersatz (passiert teilweise automatisch) behoben werden. Diese Zahl stammt aus dem Jahr 2016, wobei 38 Millionen internationalen Spenden ausgewertet wurden. Im Jahr 2015 wurden der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) bei etwas über 700.000 Apheresespenden 23 Zwischenfälle gemeldet und bei circa 350.000 Vollblutspenden 24 Zwischenfälle, also fast doppelt soviel.
Kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen?
Schwerwiegende Komplikationen sind in Europa extrem selten, da immer ein Arzt beziehungsweise diplomiertes Pflegepersonal anwesend sein müssen. Nervenverletzungen beim Stechen oder Wunden bei Kollaps sind nie ganz auszuschließen. Weltweit werden jährlich mehr als 45 Millionen Plasmapheresen im Spendewesen durchgeführt. Jede Komplikation muss erhoben werden. Es sind enorme Erfahrungswerte, die in den täglichen Betrieb einfließen. Dazu muss in jedem Spendezentrum ein Qualitätssicherungssystem vorhanden sein.
Wie sollte man sich als Plasmaspender vor und nach einer Spende aber auch im täglichen Leben verhalten?
Spender sollten viel trinken und eine ehrliche Auskunft über ihre Lebens- und Reisegewohnheiten geben.
Was passiert mit einer Spende?
Sie wird sofort tiefgefroren, um alle wertvollen Proteine zu bewahren, und dient dann als Ausgangsmaterial für über 100 Arzneimittel, die auch heutzutage nicht künstlich hergestellt werden können wie beispielsweise Blutgerinnungsfaktoren, Immunglobuline, Impfstoffe oder Humanalbumin, um nur einige zu nennen.
Wozu wird das Plasma beziehungsweise werden welche Bestandteile des Plasmas verwendet?
Um zum Beispiel einen Hämophilen (besser bekannt als „Bluter“) ein Jahr lang mit seinem Gerinnungsfaktor versorgen zu können, benötigen wir etwa 1200 Spenden. In Österreich gibt es etwa 700 registrierte Bluter, die heutzutage eine normale Lebenserwartung besitzen (infolge sorgfältiger Spenderauswahl und chemisch-physikalischer Erregereliminierung bei der Medikamentenherstellung / Anfang 1900 erreichten sie noch maximal die Pubertät; bis 1985/90 war ihre Lebenszeit infolge Ansteckung mit dem HIV- oder dem Hepatitis-C-Virus begrenzt). Das Plasma wird auch zur Rhesusprophylaxe verwendet, was heutzutage Standard bei rhesusnegativen Schwangeren ist. Die Gabe von Immunglobulinen ist bei angeborener oder erworbener Abwehrschwäche wichtig, Eiweißersatz bei Mangelzuständen. Darüber hinaus braucht man das Blutplasma als Notfallmedikament zum Beispiel bei einem Angioödem (jähe Schwellung im Kopf-/Halsbereich). Es werden damit also oft „rare diseases“ (seltene aber lebensbedrohliche Krankheiten) behandelt.
Welche Vorteile ergeben sich für die Spender?
Die Spender erhalten bei jeder Spende eine laufende Gesunden- und Infektionsuntersuchung. Die Blutdruckregulation ist bei Dauerspendern besser. Bei der Erstuntersuchung oder den regelmäßigen vier- bis sechsmonatigen ärztlichen Untersuchungen werden oft Krankheiten entdeckt in Zusammenhang mit Blutdruck, Infektionen, Lungenproblemen oder Anämie, die somit frühzeitig einer Therapie zugeführt werden können. Sämtliche Spendezentren unterliegen sowohl behördlichen (in Österreich die AGES) als auch den Auflagen unserer Abnehmer, die an einem „gesunden“ Plasma extremes Interesse haben. Zuletzt und natürlich nicht ganz unwichtig bekommt man bei jeder Spende 25 Euro als Aufwand für seine Bemühungen und den aufgetretenen Zeitverlust.
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