Jubiläumsjahr: Steyr feiert 500 Jahre Reformation
STEYR. Mit der offiziell übergebenen Urkunde ist Steyr Reformationsstadt Europas. Auf einen stimmstarken Eröffnungsfestakt folgt nun eine Reihe spannender Veranstaltungen, die auf die bewegte Geschichte der Stadt blicken.
Vier Chöre aus der Region – zwei katholische und zwei evangelische – erhoben am Freitag zum feierlichen Auftakt von „500 Jahre Reformation“ ihre insgesamt 80 Stimmen im Stadtsaal. Der evangelische Pfarrer in Steyr Friedrich Rößler begrüßte dazu viele Gäste, darunter den designierten Landeshauptmann Thomas Stelzer, Stadtchef Gerald Hackl, Diözesanbischof Manfred Scheuer, den Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich Michael Bünker und Superintendent der Evangelischen Diözese OÖ Gerold Lehner, die jeweils einleitend zum Reformationsjubiläum sprachen.
Von „versöhnter Verschiedenheit“ der Kirchen war dabei die Rede, von einer Versöhnung, für die man heute verantwortlich sei. Die reformatorische Bewegung prägte Steyr ab 1517 ein Jahrhundert lang nachhaltig. Doch schon ab dem 13. Jahrhundert bestand in der Gegend eine starke Waldenserbewegung, die Laienprediger Petrus Waldus“ Auslegung der Bibel nachfolgte. 100 Waldenser starben 1397 von der Inquisition verurteilt im Garstner Kraxental am Scheiterhaufen.
120 Jahre später war es Martin Luther, der 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg schlug und sich – mit einer immer größer werdenden begeisterten Bevölkerung hinter sich – leidenschaftlich für Reformen einsetzte. Was Luther kritisierte, war insbesondere der Ablasshandel – dass die Kirche Menschen glauben machte, sie könnten sich mit Geld von ihren Sünden und dem Fegefeuer freikaufen.
Große Neuerungen
In Steyr nahm die Reformation bald spürbare Formen an, evangelische Überzeugungen verbreiteten sich unaufhaltsam. 1545 starb der letzte Pfarrer in Steyr, der sich noch als katholisch verstand, wie Pfarrer Rößler zu berichten weiß. Zu den vielen folgenden Neuerungen der Reformation gehörten die Gottesdienste in deutscher Sprache, die Einführung des Gemeindegesangs sowie die Predigt als Kernstück des Gottesdienstes. Die Verbreitung der Bibel wurde gefördert, ebenso die Bildung für Knaben und Mädchen (Steyr hatte eine berühmte protestantische „Lateinschule“) und in allen Kirchen der Stadt wurden evangelische Gottesdienste gefeiert. Das kulturelle und auch wirtschaftliche Leben erblühte.
1616 hatte Steyr gerade noch 18 katholische Bürger. Nur rund ein Jahrzehnt später begann mit aller Härte die Gegenreformation, die geistlich, menschlich und wirtschaftlich große Verluste brachte. Erst 1877 wurde in der Stadt wieder eine evangelische Gemeinde gegründet.
Mit dem Jubiläum begeht Steyr als eine von über 80 Reformationsstädten Europas auf vielfältige Weise ihre Geschichte. Das ganze Programm: www.evang-steyr.at/rj-2017
Programmauszug (erste Veranstaltungen)
Do., 23. März, 19.30 Uhr: Es eröffnet eine Ausstellung im Stadtmuseum, die das evangelische Jahrhundert in Steyr und seine Auswirkungen im Alltag darstellt. Etliche historische Dokumente werden erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Dauer der Ausstellung bis 5. November 2017
Sa., 25. März, 14 Uhr: Erste Stadtführung durch Steyr, die auf den Spuren der Reformation wandelt; Vorstellung des Bildführers
Sa., 1. April, 19.30 Uhr: Mit der Johannespassion von Johann Sebastian Bach kommt in der Stadtpfarrkirche ein bedeutendes Werk evangelischer Kirchenmusik zur Aufführung. Mitwirken der Chor NowaCanto (Leitung: Michael Nowak) sowie Solisten und das Kammerensemble der Anton Bruckner Privatuniversität (Leitung: Thomas Kerbl)
Mo., 24. April, 19 Uhr: Evangelische Bildung: Evangelische Schulen einst und jetzt; Veranstaltung mit Margret Rasfeld von der Evangelischen Schule Berlin zum Thema „Schule im Aufbruch – Leben und Lernen in Freiheit und Verantwortung“ in der Aula des BG Werndlpark
Fr./Sa., 28./29. April, 20 Uhr: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders…“ – eine Performance der ROSE (Reformpädagogisches Gymnasium der Evangelischen Kirche) in der Evangelischen Kirche: Gedanken und Darstellungen zu Widerstand, Protest und Zivilcourage
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