STEYR. Zur Eröffnung einer neuen Diskothek der erfolgreichen „Nachtschicht“-Kette in Steyr gaben sich 2003 die Schönen und Reichen die Türklinke in die Hand. In Gründer Andreas Schutti aber war schon damals etwas daran, zu zerbrechen. Am 26. Februar spricht er im Stadtsaal über seinen Höhenflug, den Absturz und seinen neuen Weg.
21 Jahre alt ist Andreas Schutti, als er mit seinem „Monkey-Dancing“ in Micheldorf einen Volltreffer landet. Das Geschäft läuft prächtig, doch nach drei Jahren verkauft er das Lokal. Weil ihn die Angst quält, das Gewonnene zu verlieren, gibt er es lieber selbst auf, geht auf eine jahrelange rastlose Suche. Schon als Kind umgeben von den Beziehungsdramen der Eltern und in der Nachbarschaft, von der feuchtfröhlichen Zügellosigkeit am Wirtshaustisch und auf Festen, war Schutti ein Mensch „ohne Fundament“, wie er sagt. Einer der in vollen Zügen die Dinge auskostete, wie sie ihm zuflogen. Beruflich ging es für ihn früh steil bergauf – was er anfasste wurde zu Gold, der Rubel rollte, Frauen umschwärmten ihn. „Durch die Gründung der Disco-Kette „Nachtschicht“ schaffte ich den Sprung vom Kellner-Lehrling zum Multi-Millionär. Viele Menschen verfolgten mein Jet-Set-Leben und fanden das extrem cool. Wie die Wahrheit aussah, wusste niemand“, erzählt Schutti.
Exzesse in Hülle und Fülle Denn mit dem geschäftlichen Aufstieg kam der innere Abstieg. „Ich erlag allen möglichen Versuchungen und Süchten, aber nichts konnte meinen Hunger stillen. Rückblickend war es Selbstverstümmelung und ich habe viele Menschen in meinem Umfeld verletzt.“ Das Leben in Saus und Braus mündete in eine schlimme Sex- und Pornographie-Sucht, in außereheliche Eskapaden. Der erste Versuch einer Wende kam 2002. „Ich trennte mich von meinen Partnern und suchte diese Veränderung auch in der Familie – ich dachte, ich müsste mich von der Mutter meiner Kinder trennen und fing ein Verhältnis mit der damaligen Miss Austria an.“ Das Chaos wurde jedoch nur größer. Aber es gab auch gute Erkenntnisse: „Was mir bis zum damaligen Zeitpunkt nie aufgefallen war, waren all die betrunkenen Jugendlichen vor der Nachtschicht, die herumlagen, sich übergaben. Ich fragte mich zum allerersten Mal: Was mache ich da eigentlich?“ Das Aufwachen 2005 dann das Finanzstrafverfahren mit Hausdurchsuchung und allem drum und dran. Die angehäuften Reichtümer aus den gut laufenden kleinen und großen Diskotheken – in der Blütezeit waren es zehn Nachtschichten und sechs „Mausefallen“ – waren weg. Die größten Ängste auf einmal Wirklichkeit. „Alles Weltliche stürzte zusammen. Mein Ego war ja voll auf Erfolg eingestellt. Und trotzdem: Am Tiefpunkt meines Lebens habe ich erstmals richtig inneren Frieden gespürt.“ Im Glauben – seiner ganz persönlichen Beziehung zu Gott – fand Schutti schließlich einen völlig neuen Weg zu leben. Klarheit geben konnte ihm die Bibel. Seine Sexsucht verabschiedete sich fast unbemerkt von ihm, nachdem er sich ein zweites Mal taufen ließ und auch die Familie hat mit ihm einen Neuanfang gewagt. „Ich fand bei ihr in der schwierigsten Zeit Halt. Die Beziehung zu meiner Frau hat erst in den letzten Jahren wirklich begonnen. Dass wir auf der Herzensebene wieder zusammengefunden haben, war ein sehr langer Prozess. In der Zeit, in der wir materiell alles hatten, hatten wir in Wahrheit nichts.“ Schutti schildert heute den Glauben als seine Rettung, sieht Religion jedoch auch kritisch: „Was die Kirchen oft auslassen, ist, dass einen die Religion nicht runterdrücken darf. Wie viele Regeln gibt es, die überhaupt nicht so in der Bibel stehen. Man muss sich nur selbst prüfen – wie viele Gedanken man so am Tag hat, die nicht passen und was alles nicht rund läuft. Wir würden an den vielen Gesetzen kaputtgehen. Die persönliche Beziehung zu Gott ist etwas völlig anderes. Ich erfahre Gott heute täglich. Es ist unfassbar im Vergleich zu dem was ich früher kannte.“ Dass er ein Buch (“Der Discokönig“) über sein Leben geschrieben hat und Vorträge hält, beschreibt er als Art Wiedergutmachung: „Ich habe mir überlegt, wie viele tausende Menschen in meinen Diskotheken ein- und ausgegangen sind und was ich denen vorgelebt habe, all den jungen Mitarbeitern. Ich sehe heute noch, wie sie versuchen dieses Leben nachzuahmen und wie sie irgendwann am Boden liegen. Einmal im Leben kommt der Zeitpunkt des Nachdenkens und für diese Menschen ist das Buch.“ Heute arbeitet der gebürtige Kirchdorfer übrigens nach wie vor für die Gastronomie, übt eine beratende Tätigkeit aus und entwirft Konzepte. Trinkaktionen kommen darin nicht vor. Am Donnerstag, 26. Februar, ist Andreas Schutti um 19.30 Uhr im Stadtsaal Steyr zu Gast. Der Vortragsabend wird von der Freien Christengemeinde (www.fcg-steyr.at) organisiert. Eintritt frei!
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