Sonntag 14. April 2024
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MOLLN/STEYR. Frida Kieninger (33) leitet in Brüssel die Umweltorganisation Food & Water Action Europe mit dem Hauptschwerpunkt Erdgas, Fracking und Wasserstoff. Im Tips-Interview erklärt die gebürtige Steyrerin, warum es aus ihrer Sicht zu keiner Erdgas-Förderung in der Nationalparkregion kommen darf und der Umstieg auf Erneuerbare Energien gelingen muss.

Frida Kieninger (Foto: privat)
Frida Kieninger (Foto: privat)

Tips: Erdgas in Oberösterreich zu fördern, anstatt es aus dem Ausland zu importieren, klingt gut.

Frida Kieninger: Das wird gerne so kommuniziert. Dabei ist es nicht nur eine schlechte, sondern auch eine sehr risikoreiche Idee. Eines stimmt. Der Status quo ist katastrophal, zumal das Erdgas, das wir heute in Österreich beziehen, neben Norwegen aus Katar und Aserbaidschan kommt. Ländern, in denen Menschen- und Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden. Außerdem kommt mehr und mehr Flüssiggas aus den USA, wo der Brennstoff mittels der brutalen Fracking-Methode gefördert wird, die Luft und Wasser verschmutzt, Erdbeben verursacht und viele Menschen krank macht. Dass russisches Gas hochproblematisch ist, wurde in letzter Zeit schon ausführlich diskutiert. Dass wir aus diesem unverantwortlichen Import-Gas aussteigen müssen, ist klar. Trotzdem ist Erdgas aus Österreich kein gangbarer Weg.

Tips: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Gefahren?

Frida Kieninger: Gas, egal woher, ist ein hochgefährlicher fossiler Brennstoff. Da Erdgas geruchlos und unsichtbar ist, wurde es uns lange als „sauber“ und als Unterstützung für die Energiewende verkauft. Dabei ist Erdgas, auch Methan genannt, ein Klimakiller, ein Treibhausgas, das über achtzigmal stärker wirkt als CO2. Mit den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels, die wir weltweit, auch in Österreich, bereits sehen, können wir uns nicht leisten, die Abhängigkeit von Erdgas weiter aufrechtzuerhalten und noch mehr Gelder in die fossile Brennstoffindustrie zu stecken. Auch unsere Klimaziele, sowohl in Österreich als auch EU-weit, können nicht erreicht werden, wenn wir 2023 damit beginnen, neue Gasvorkommen zu erschließen. Vorgeblich riesige Gasvorkommen wie in Molln sind erstens nicht bestätigt, zweitens würde es Jahre dauern, bis Gas fließen kann. Jahre, die wir nutzen können, um Österreich klimafitter und unabhängiger von fossilen Energien zu machen.

Tips: Die Alternativen?

Frida Kieninger: Es gibt nicht die eine Lösung für den dringend nötigen Ausstieg aus Erdgas. Vielmehr geht es darum, verschiedene Lösungen zu kombinieren, da Gas ja auch verschiedene Anwendungsgebiete hat. Im Industriesektor, in Österreich der größte Gas-Schlucker, können viele Prozesse auf erneuerbare Elektrizität umgestellt werden. Nur wenige Bereiche wie die Stahlherstellung bleiben knifflig. Dennoch: Hier auf Wasserstoff zu setzen, kann schnell nach hinten losgehen, wird doch heute über 99 Prozent des Wasserstoffs mit fossilen Energien hergestellt, größtenteils mit Erdgas. Heizen mit Gas ist der zweite Grund, warum in Österreich noch viel zu viel des fossilen Brennstoffs verbraucht wird. Hier kann man sowohl mit Wärmedämmung, Erdwärme und Wärmepumpen sowie erneuerbarer Fernwärme viel bewegen.

Tips: Was erwarten Sie von der heimischen Politik?

Frida Kieninger: Gewählte Volksvertreter müssen endlich im Sinne der Bevölkerung handeln. Das bedeutet nicht nur, die Wende zu leistbarer, sauberer Energie voranzutreiben, sondern auch, uns dadurch jetzt und in Zukunft vor den immer brutaleren Auswirkungen der Klimakrise zu schützen. Kurzfristiges Gewinndenken sowie blinder Gehorsam gegenüber der Gasindustrie, die in den letzten Monaten hunderte Milliarden Euro durch die Energiekrise gewonnen hat, ist dabei komplett fehl am Platz. Europäer sehen den Einfluss der fossilen Brennstofflobby mit wachsender Sorge, Politiker die sich nicht hinter die Menschen stellen, sondern hinter schmutzige Milliardenkonzerne, werden früher oder später Vertrauen und Unterstützung bei den Österreichern verlieren.

Tips: Wie soll Europas Energieversorgung künftig aussehen?

Frida Kieninger: Genauso wie in Österreich müssen wir auch auf europäischer Ebene auf eine Vielzahl an sauberen Lösungen setzen. Dafür wird noch viel zu wenig Geld ausgegeben, das stattdessen in Milliardenhöhe in fossile Energien gesteckt wird: Da sorgen mich zum einen die Pläne, Europa stark von Flüssigerdgas (LNG) abhängig zu machen, wobei riesige Importterminals und Pipelines gebaut werden sollen, die jeweils hunderte Millionen Euro oder gar Milliardenkosten verursachen. Zum anderen hat die Gas-Importrechnung der EU in nur drei Monaten – Juli, August und September – sagenhafte 101 Milliarden Euro betragen! Man muss sich nur vorstellen, was das an Mehrwert für einen gerechten Umstieg auf Erneuerbare Energie gebracht hätte. Das Geld ist da, die Technologien und Lösungen auch, es geht wirklich nur darum, dass Politiker auf EU- und nationaler Ebene endlich den Startschuss geben.

Tips: Braucht es ein Umdenken in der Bevölkerung?

Frida Kieninger: Das Bewusstsein darüber, wie problematisch Erdgas ist, ist gering. Gleichzeitig regt sich in ganz Europa wachsendes Unwohlsein im Angesicht der Teuerungskrise, die von unserer Gasabhängigkeit befeuert wird, sowie gegenüber den vom Klimawandel angefachten Naturkatastrophen. Während Österreich- und EU-weit die Emissionen alles andere als sinken. Um den „grünen Schein“ zu wahren, wird die fossile Brennstoffindustrie (und ihre Unterstützer in Politik und Gesellschaft) immer kreativer. Versprechen, wie jenes, dass man CO2 einfach auffangen und speichern könne, sowie der regelrechte Wasserstoff-Boom werden nicht dazu beitragen, unser Klima zu schützen. Diese kolportierten Scheinlösungen sind jedoch hochwirksam dabei, Interessen und das Geschäftsmodell der Kohle-, Gas- und Ölindustrie zu schützen. Noch – denn ich bin davon überzeugt, dass die Österreicher diese Manipulationen bald verurteilen und Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen werden.


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