
GARSTEN. Im Zuge der Neugestaltung des örtlichen Bahnhofs und seiner Gleisanlagen stieß der Bagger auf einen längst verschollenen steingemauerten Tunnel. Das Besondere daran: Der Tunnel geht zurück auf den Bahnbau um 1860.
Die Entdeckung kam beim Fundamentieren eines Pfeilers zutage. „Als in den 1860er-Jahren die Strecke der Kronprinz-Rudolf-Bahn von Steyr bis Küpfern im Ennstal gebaut wurde, trennte plötzlich der neue Gleiskörper einen Teil des Ortes vom Zentrum ab“, weiß Karl Mayer aus Garsten. Als Abhilfe wurde ein Gehweg-Tunnel durch die neue Bahnböschung gelegt. Er führte vom freien Feld- und Wiesengrund aus Richtung Garstner Höhe in den Ortskern von Garsten. Der Tunnel lag in der Nähe des alten Feuerwehrdepots hinter der 1908 eröffneten „Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsschule“ und mündete in den Bereich des Schulhofs der Volksschule.
Beinahe vergessen
1889 wurde die erste Teilstrecke der Steyrtalbahn von Garsten nach Grünburg, später bis Klaus gebaut. Der neue Bahndamm bedeutete eine weitere Abschottung der freien Wiese vom Zentrum. Somit behielt der Tunnel neben den bestehenden größeren Bahnunterführungen in der „Garstner Straße“ (heute St. Berthold-Allee) und in der „Klosterstraße“ (bei der Molkerei) seine Bedeutung als Fußgängerdurchlass. Entlang des Weges an der Steyrtalbahn-Böschung wurden Bäume gepflanzt.
„Von diesem Tunnel erzählte noch unsere Oma Josefine Mayrhofer“, verweist Mayer auf seine Schwiegermutter. „Sie war die Tochter des ehemaligen Besitzers der Gemischtwarenhandlung Josef Mayr (Nachfolger: Fineder) und hat als Kind den engen Tunnel noch selbst benützt.“
Als in den 1930er-Jahren der Bahnkörper der Staatsbahn erweitert und der Platz zwischen den sich verzweigenden Bahnkörpern aufgeschüttet wurde, sei der Tunnel unter der Erde verschwunden und bald vergessen worden.