Hartlauer-Jubiläum: „Mein Vater war ein echtes Vorbild“
STEYR/OBERÖSTERREICH. So wie Tips feiert auch Hartlauer in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Seit 45 Jahren brüllt der blaue Foto- und Optiker-Löwe des Familienunternehmens mit Hauptsitz in Steyr. Im Interview erzählt der heutige Geschäftsführer Robert Hartlauer über Familienwerte, Nachteile der Persönlichkeitswerbung und wie sein verstorbener Vater und Firmengründer, Franz Josef Hartlauer, das Unternehmen heute noch prägt.
Tips: Bei Firmenübernahme waren Sie sehr jung, war die Weiterführung durch Sie an der Spitze selbstverständlich, oder gab es Zweifel?
Hartlauer: Mein Vater ist nie davon ausgegangen, dass das Unternehmen automatisch durch die Familie weitergeführt wird. Er war immer der Meinung, dass jeder Mensch für sich alleine sein Glück finden soll, ein Werdegang war für ihn nie automatisch vorprogrammiert. Es ist ein großer Unterschied, ob ein Familienunternehmen übernommen werden darf oder muss. Automatisch von seinen Kindern eine Weiterführung zu erwarten, finde ich falsch. Mein Vater war fünf Monate vor seinem Tod davon überzeugt, noch mindestens zehn Jahre aktiv das Unternehmen zu leiten. Auch ich hatte damals völlig andere Pläne für meine Zukunft. Ich hätte den Zivildienst antreten sollen und hatte eigene Ideen zur Selbstständigkeit, weil ich ursprünglich nicht im Unternehmen arbeiten wollte. Das war auch nicht im Sinne meines Vaters, er war immer der Ansicht, dass es nicht gut ist, wenn Kinder im Unternehmen unter einem Elternteil arbeiten, weil er das familiäre Verhältnis dadurch gefährdet sah. Und das war meinem Vater immer wichtiger als alles andere. Er meinte immer, dass er mir oder meinen Schwestern die Unternehmensführung anbieten würde, wenn die Zeit reif wäre. Meine Schwestern hatten kein großes Interesse daran und meinem Vater war es wichtig, das Unternehmen in nur eine Hand zu geben, um die Vorteile und Flexibilität eines Privatunternehmens zu erhalten.
Tips: Fühlten Sie sich ausreichend vorbereitet auf die neue Aufgabe?
Hartlauer: Ich habe erst die Handelsakademie gemacht und danach eine Optikerlehre im Unternehmen. Parallel dazu bin ich Tag und Nacht mit meinem Vater unterwegs gewesen. Jede Besprechung habe ich in dieser Zeit als Zuhörer und Fahrer miterlebt, dabei konnte ich irrsinnig viel lernen. Vater hat mir viele Hintergründe erläutert und ich habe gerne von ihm gelernt, er war mir ein echtes Vorbild. Was mir bei der Übernahme aber besonders geholfen hat, war eine hervorragende Führungsmannschaft und ein perfektes Team in ganz Österreich, das voll hinter mir stand. Die Mannschaft hat sich gefreut, dass es mit dem Unternehmen weitergeht. Ich kann mich noch an eine Mitarbeiterveranstaltung im Designcenter in Linz erinnern, bei der wir davon ausgingen, dass nicht allzu viele kommen würden, da sie an einem Sonntag stattfand. Wir hatten im Endeffekt viel zu wenige Sitzplätze, denn alle kamen. Ich war nervös, weil es meine erste Rede vor so vielen Leuten war. Als ich die Bühne betrat, fingen alle zu applaudieren an und hörten für drei Minuten nicht auf damit. Da hatte ich noch kein einziges Wort gesprochen. Das war ein großer Moment für mich, weil ich gespürt habe, wie sehr sich das Team freut, dass das Familienunternehmen bestehen bleibt.
Tips: Was waren die großen Herausforderungen für Sie als junge Führungsperson?
Hartlauer: Herausforderungen hat es viele gegeben, aber das schöne war, es waren keine unlösbaren Probleme. Es gab natürlich extrem viel zu lernen. Eine der größten Herausforderung war es, mit der eigenen Bekanntheit umzugehen. Ich hab damals ohne langes Nachdenken den Weg meines Vaters übernommen, auch die Persönlichkeitswerbung fortgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt hat mein Vater noch gelebt. Ich hab nicht lange über die Konsequenzen nachgedacht. Die Bekanntheit hat natürlich einerseits Vorteile. Man bekommt schnell Termine und kommt leicht ins Gespräch. Aber im persönlichen Bereich habe ich auch Nachteile kennengelernt. Speziell, als meine Kinder zur Welt gekommen sind habe ich überlegt, mit der Persönlichkeitswerbung aufzuhören. Ich habe mich dennoch dafür entschieden, diesen Weg fortzuführen, auch wenn die Grenze zwischen Privatem und Geschäftlichem sehr verflochten ist.
Tips: Wie hat sie die starke Persönlichkeit Ihres Vaters in Ihrer Kindheit und später im Unternehmerleben geprägt?
Hartlauer: Mein Vater war eine sehr große Persönlichkeit mit starken Prinzipien. In der Familie war er zwar ganz klar das Oberhaupt, aber er hätte seine Überlegenheit, Stärke oder Dominanz nie ausgespielt. „Ich habe nichts davon, wenn ich gegen meine Kinder siege“, hat er immer gesagt, Konkurrenzverhalten innerhalb der Familie wollte er immer vermeiden. Das hat mich und meine Geschwister zu ganz fantastischen Menschen gemacht. Ich habe zwar schon als Kind im Unternehmen mitgearbeitet, aber weil es mir Spaß gemacht hat, es war nie ein Zwang dahinter. Ich war auch nie auf der Suche nach Idolen, weil ich mit meinem Vater ein klares Vorbild gehabt habe und bis heute habe.
Tips: Wie sieht bei den vielen Tätigkeiten Ihr Tagesablauf aus?
Hartlauer: Das Unternehmen ist heute so aufgebaut, dass es auch in meiner Abwesenheit perfekt läuft. Ob im Verkauf, im Einkauf oder im Marketing, ich habe ein ganz wunderbares Team um mich. Meist kümmere ich mich in Intervallen um einzelne Bereiche intensiver. Ich führe zwar schon Gespräche mit allen Lieferanten, aber teilweise nur noch einmal im Jahr. Wenn wir, so wie jetzt gerade das Jubiläum „45 Jahre Hartlauer“ feiern, mache ich natürlich wieder eine Runde bei allen Partnern.
Was wichtig ist, wenn man Geschäftsführer ist, dass man die Einzelstrategien der unterschiedlichen Bereiche zu einer Gesamtstrategie zusammenführt. Ich bin als Familienunternehmer ganz klar dafür verantwortlich, dass ich einen ganz dichten Kontakt mit meiner gesamten Mannschaft halte. Ich versuche auch einmal im Jahr jedes Geschäft zu besuchen und durch die Hartlauer-Akademie Kontakt mit den Verkäuferinnen und Verkäufer zu halten.
Tips: Hartlauer ist längst nicht mehr nur der Fotolöwe, sondern arbeitet in vielen Sparten. Wie sehen die nächsten Unternehmensziele aus?
Hartlauer: Es sind nicht nur Felder dazugekommen, es sind auch welche weggekommen. Wir waren zum Beispiel einst Österreichs größter Schallplattenhändler, diese Sparte gibt es nicht mehr. Vor 30 Jahren kam die Augenoptik dazu, oder später der Bereich Hörgeräte. Diese Sparten sind intern immer größer ausgebaut worden. Mittlerweile gibt es 160 Hartlauer-Geschäfte. 114 davon mit Hörgeräte-Akustikstudios. Das ist ein Bereich der gerade wächst, eine stille, interne Expansion, sozusagen. Für die Zukunft kann ich nicht ausschließen, dass es noch andere Bereiche geben wird, ich habe viele Ideen, wir haben auch einige Dinge in Test. Zum Beispiel sind wir sehr offen gegenüber dem Thema elektronischer Gesundheitsartikel und Gesundheitsartikel generell.
Tips: Aktuell hört man viele Klagen über die schwierige Situation des Wirtschaftsstandortes Österreich. Wie sehen Sie die Lage?
Hartlauer: Es gibt Zeiten, da rennt die Wirtschaft super und dann gibt es wieder Branchen, die funktionieren auch in guten Zeiten nicht. Genauso gibt es Branchen, die laufen gut, wenn die Wirtschaft auch nicht boomt. Ich hab das Glück und habe in Wahrheit verschiedene Branchen und dadurch ganz selten die Situation, dass keine der vier Sparten läuft. Gleichzeitig habe ich aber auch ganz selten die Situation, dass alle vier Bereiche gleich erfolgreich sind. Gott sei Dank gibt es hier ein Auf und Ab, das bringt uns hier eine schöne Kontinuität und eine gute Planbarkeit.
Tips: Ist es schwierig, gute Mitarbeiter zu rekrutieren?
Hartlauer: Doch, das Problem kenn ich leider schon immer wieder. Es gibt große regionale Unterscheide. Wir haben Regionen wo wir sehr schwer erstklassige Leute bekommen und dann haben wir Regionen, da geht es uns sehr leicht von der Hand. Da bekommen wir sehr gute neue Lehrlinge oder Mitarbeiter. Wir sind aber auch dabei eine Arbeitgebermarke aufzubauen, weil wir gesehen haben, dass es einfach auch dazugehört, dass man nach außen hin mehr zeigt, wie es einem Mitarbeiter im Unternehmen geht. Das hab ich zugegeben etwas vernachlässigt in den letzten Jahren. Mir war aber immer wichtig, dass es einem Hartlauer-Mitarbeiter im Unternehmen gut geht, das zeigen jetzt auch unsere Zahlen: Externe Umfragen ergeben, dass wir einen sehr hohen Zufriedenheitsgrad im Unternehmen haben.
Tips: Gibt es irgendwas im ihrem Leben was Sie anders machen würden wenn Sie das Rad der Zeit zurückdrehen könnten?
Hartlauer: Wenn ich es ganz zurückdrehen könnte, dann würde ich wahrscheinlich die Persönlichkeitswerbung nicht mehr starten. Das ist das Einzige was ich anders machen würde.
Tips: Ihr Vater war immer im Musikantenstadl mit dem Fotoapparat sehr präsent, das war ein Markenzeichen von ihm. Sie selbst sind kein Fan der Volksmusik?
Hartlauer: Nein, ich bin kein Volksmusikfan. Die einzige große Ausnahme für mich ist der Kärntner Gesang. Das Doppelsextett höre ich wirklich gerne singen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass meine Mutter Kärntnerin ist und ich die Lieder schon als Kind mitgehört habe. Ich höre sonst lieber klassische Musik, Jazz, aber auch gerne aktuelle Musik und Rock und Pop. Mein Vater war wirklich bei jedem Stadl und ich habe ihn auch oft begleitet. Ich hab den Karl Moik gut kennengelernt auch seinen Sohn und das ganz Stadl-Team.
Tips: Wären jetzt Sie nicht in die Hartlauer-Familie hineingeboren worden, hätte es einen anderen Berufswunsch gegeben?
Hartlauer: Ich denke, ich wäre auf jeden Fall Unternehmer geworden. Allerdings könnte ich mir auch ganz andere Bereiche vorstellen. Ich hatte zum Beispiel einmal die fixe Idee, einen Luxusreisezug für Österreich und Europa zu machen. So etwa wie der Orientexpress, nur zeitgemäßer. Auch die Idee eines mobilen Optikerdienstes hat mich immer beschäftigt. Genauso könnte ich mir aber auch vorstellen, Weltenbummler zu sein. Bevor ich eine Familie gegründet habe, bin ich leidenschaftlich gerne mit dem Geländeauto durch fremde Länder gefahren um dort zu fotografieren. Diese Leidenschaft habe ich momentan auf Eis gelegt, aber ich könnte mir vorstellen, Bildbände und Reiseberichte zu machen. Es gab und gibt viele Sachen, die mich interessieren, aber es wäre immer irgendwo eine Komponente vom Handel oder der Dienstleistung dabei gewesen.
Tips: Sie haben auf dem Pöstlingberg eine tolle Galerie ins Leben gerufen. Warum gerade am Pöstlingberg und welche Bedeutung hat die Galerie für das Unternehmen?
Hartlauer: Die Hartlauer-Fotogalerie entstand aus mehreren Aspekten heraus. Ein Aspekt war das Gebäude am Pöstlingberg, das wir gekauft haben. Mein Vater wollte eine Mitarbeiterakademie bauen, aber ich hatte in der Zwischenzeit den VierKanthof gefunden, den ich für diese Zwecke umbauen ließ. Das Haus am Pöstlingberg hat eine Tourismus-Widmung. Das heißt, es muss einem öffentlichen Zweck zugeführt werden. Ich fotografiere extrem gerne und viel und schöne Bilder möchte man teilen, ein guter, leidenschaftlicher Fotograf sucht in Wahrheit nach einer Bühne. Beim Pöstlingberg haben wir entschieden, nie eine Ausstellung für einen einzigen Fotografen zu machen, sondern immer themenbezogen auszustellen. „Nackte Tatsachen“ ist jetzt momentan das Thema, die letzte Ausstellung davor war „Wasserwerke“. Die kommende Ausstellung im heurigen Jahr wird heißen „Unterwegs – Von A nach B“. Hier werden Reisefotografien aus der ganzen Welt zu sehen sein. Wir werden heuer bis Ende des Jahres bereits auf 25.000 Besucher kommen.
Tips: Sie haben es angesprochen. Die aktuelle Ausstellung heißt „Nackte Tatsachen“. Haben Sie da mal kurz überlegt, ob nicht Kritik kommen könnte. Stichwort „Voyeurismus“?
Hartlauer: Aktfotografie richtig gemacht hat nichts Anrüchiges, sie ist einfach nur ästhetisch und schön. Erotik spielt natürlich eine Komponente dabei, aber sicher nichts Schmutziges und nichts Unangenehmes. Die Grenze ist natürliche eine Verschwimmende man muss da sehr strickt und sehr hart sein in der Selektion. Schlechte Fotos gibt es heute so viele, aber erstklassige Fotos hat nichts mit irgendwelchen Nacktfotos zu tun. Da sind Bilder dabei die berühren mich wirklich, weil sie zum Beispiel Geborgenheit und Nähe ausstrahlen. Es sind auch Bilder dabei, die provozieren, die gehören zu einer guten Ausstellung dazu.
Tips: Woher schöpfen Sie die Energie für Ihre Arbeit?
Hartlauer: Ganz klar, ich hole die Energie ursprünglich aus einer positiven Grundeinstellung und aus meiner Beziehung. Ich habe eine wunderbare Frau und vier tolle Kinder, die mir Kraft geben und mich motivieren. Wenn man Kinder hat, weiß man, warum man kämpft, Gas gibt und sich weiterentwickelt. Stillstand ist da keine Option. Ich bin ein neugieriger Mensch, und möchte mir diese Eigenschaft auch bis ins hohe Alter hinein behalten. Mich interessieren die Geschichten von Menschen und es gibt viele Gebiete, in die ich mich hineinzuarbeiten versuche. Zu guter Letzt habe ich Spaß an der Arbeit, das gibt mir auch Kraft.
Tips: Neben dem Hobbyfotografieren und der Familie, bleibt da in der Freizeit noch etwas über für andere Hobbys, oder Leidenschaften?
Hartlauer: Die Kinder sehe ich als echte Aufgabe im Leben. Nicht nur für meine Frau, sondern auch für mich als Vater, wir ziehen da gemeinsam an einem Strang. Ich habe auch einen erstklassigen Freundeskreis in Steyr, mit dem ich mich zu unterschiedlichsten Themen weiterentwickle Wir plaudern über Medizin, sind gelegentlich mit Off-Roadfahrzeugen unterwegs und campieren im Dachzelt. Die Natur erleben in Form von einem guten Glas Wein genießen, schöne Musik, einen Sonnenuntergang genießen, das gefällt mir extrem gut und ziehe auch viel Kraft daraus. Wenn es mir nicht gut geht, dann ziehe ich mich eher zurück und gehe in die wilde Natur.
Tips: Welches Unternehmen finden Sie so spannend, dass sie dort gerne einen Monat Chef dort sein möchten?
Hartlauer: Also, ich würde lieber einen Monat aktiv in einem neuen Unternehmen arbeiten, um dort wirklich eintauchen zu können. Es gibt natürlich Unternehmen, die einen großen Reiz mit sich bringen und von denen man sich etwas abschauen könnte. Für mich wäre es interessant, unerkannt im eigenen Unternehmen mitarbeiten zu können.
Tips: Welche wichtigen Personen haben noch Ihr Leben geprägt?
Hartlauer: Ganz sicherlich meine Mutter und meine beiden Schwestern. Meine Mutter hat vor 45 Jahren gemeinsam mit meinem Vater das erste Geschäft eröffnet und das Firmenleben immer mitbegleitet. Sie hat meinen Vater und mich immer unterstützt und arbeitet heute noch aktiv, etwa bei der Passbildqualitätsentwicklung mit. Dazu ist sie eine wunderbare Großmutter, die für ihre vier Enkelkinder Zeit findet. Ich bewundere sie, weil sie durch und durch Unternehmerin ist. Genauso meine beiden Schwestern. Eva hat mich bei der Unternehmensübernahme sehr unterstützt. Sie war zum damaligen Zeitpunkt schon wesentlich länger in der Firma und hat sämtliche Mechanismen gut verstanden. Sie war für mich ein ganz wichtiger Austauschpartner. Meine zweite Schwester Ingrid ist Juristin und eine wichtige Kontaktperson bei rechtlichen, heiklen Fragen. Sie arbeitet zwar nur indirekt im Unternehmen, aber kümmert sich zum Beispiel auch gerade um die Hartlauer Fotogalerie. Ingrid ist eine sehr wertvolle Person für mich, weil sie immer sehr klar und präzise ihr Gefühl und ihre Meinung Kund tut. Gemeinsam mit meiner Frau sind meine Mutter und meine Schwestern eine große Rückendeckung für mich, privat wie beruflich.
Das ganze Interview auch als Audiodatei:
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