„Niemand von uns muss irgendwelchen veralteten Klischees gerecht werden“
OBERNEUKIRCHEN. Seit 90 Jahren gibt es die Firma Foisner Trans aus Oberneukirchen. Auch in der dritten Generation ist der Fortbestand des Unternehmens gesichert: Claudia Foisner wird mit Jahresende die Geschicke übernehmen. Tips hat die Jungchefin zum Interview gebeten.
Tips: Sie übernehmen in diesem Jahr den Betrieb Ihres Vaters. War dieser Schritt für Sie schon immer klar oder kam doch alles ganz anders?
Claudia Foisner: Wenn mir vor sechs Jahren jemand gesagt hätte, dass ich einmal die Nachfolge meines Vaters übernehmen werde, hätte ich das nie im Leben geglaubt. Der Gedanke, eine Führungsposition in einer reinen Männerwelt einzunehmen, hatte mich etwas eingeschüchtert, noch dazu in einer so schwierigen und harten Branche wie die eines Transportunternehmens. Auch der Umgang mit den tonnenschweren LKWs ist keine leichte Sache und für Frauen ziemlich untypisch. Die Selbstzweifel waren jedoch sofort vergessen, als ich meinen alten Job als Bürokauffrau kündigte und 2016 in den Familienbetrieb einstieg. Von dort an entflammte die Leidenschaft zu meinem heutigen Beruf und ich stellte mich gerne den neuen Herausforderungen. Nach meiner abgeschlossenen Matura, die ich nebenbei an der Abendschule absolvierte, nahmen die Dinge ihren Lauf. Ich holte alle nötigen Führerscheine wie C, CE, C95 inkl. Kranschein nach und legte 2018 erfolgreich die Konzessionsprüfung für das Güterbeförderungsgewerbe ab. Mir ist klar, dass der Weg, den ich gehe, nicht gerade einfach ist, aber ich habe mit der Übernahme auf alle Fälle die richtige Entscheidung getroffen. Ich habe Spaß daran und freue mich auf die Zukunft.
Tips: Was wird Ihnen als neue Chefin besonders wichtig sein?
Foisner: Es war mir von Anfang an besonders wichtig, im Unternehmen mitanzupacken – dazu gehört eben auch, sich die Hände schmutzig zu machen. Ich möchte niemandem das Gefühl geben, mich abheben zu wollen, weil ich in einer Führungsposition bin – das wäre so gar nicht meine Art. Als Geschäftsführerin möchte ich meine Arbeit verstehen und sie professionell ausüben. Das lernt man eben nur in der Praxis und darum fahre ich die LKWs auch selbst. Ich denke, nur dann macht man seinen Job auch wirklich gut. Auch der gute Umgang mit meinem Team ist mir wichtig und liegt mir sehr am Herzen. Einige langjährige Mitarbeiter kennen mich, da war ich noch ein kleines Kind und es ist ein schönes Gefühl, feststellen zu dürfen, dass ein Teil dieser Leute nach wie vor bei uns arbeitet. Das macht unser Unternehmen so familiär und stärkt den Zusammenhalt – man kann sich eben aufeinander verlassen.
Für mich gibt es noch vieles zu lernen und deshalb gibt es auch viele Ziele, die ich verfolge. Mein Vater ist in dieser Hinsicht der beste Lehrmeister für mich. Ich kann mir so viel von ihm abschauen und ich bewundere seine Ausdauer, die er mit 72 Jahren aufbringt. Ich arbeite sehr gerne mit ihm zusammen und wir sind ein super Vater-Tochter-Gespann. Er ist natürlich unbeschreiblich stolz auf mich und eines meiner größten Ziele ist es, sein Lebenswerk bestmöglich, auf meine Art und Weise, weiterführen zu können.
Tips: Sie sind auch selbst mit den Fahrzeugen unterwegs. Wie sind da die Reaktionen Ihrer männlichen Kollegen? Ist man überrascht, eine junge Frau am Steuer zu sehen?
Foisner: Diese Frage bereitet mir ein Lächeln im Gesicht, denn ich hätte niemals gedacht, dass ich einmal so viel Anerkennung und Wertschätzung für meine Arbeit bekommen würde. Ich hatte eigentlich immer etwas Angst davor, dass mich die männlichen Kollegen vielleicht nicht akzeptieren könnten, weil ich eine Frau bin, oder meine Fähigkeiten nicht ausreichen würden, um mit ihnen mithalten zu können. Wie sich aber schnell zeigte, waren die Sorgen unnötig und es motiviert mich besonders, dass ich so viel positives Feedback von meinen Kollegen und Kunden bekomme. Die Überraschung, wenn ich vor allem auf neue Baustellen komme, ist tatsächlich sehr groß, weil Frauen in dieser Berufssparte einfach selten vorkommen und man deshalb gleich auffällt. Es freut mich immer wieder, dass die Leute positiv reagieren, so macht die Zusammenarbeit gleich noch mehr Spaß.
Tips: Gab es auch negative Reaktionen?
Foisner: Negative Reaktionen habe ich bislang nicht erlebt und falls dies doch einmal vorkommen sollte, werde ich mir das bestimmt nicht zu Herzen nehmen. Dass es manchmal schlechte Laune gibt, ist völlig normal und erlebt man in jedem Berufsalltag, das hat aber nichts damit zu tun, dass jemand keine Frauen akzeptiert.
Tips: Gibt es unter all den Fahrzeugen in Ihrem Unternehmen einen Favoriten, mit dem Sie besonders gern unterwegs sind?
Foisner: Am häufigsten bin ich mit unserem MAN 3 Achs Kipper unterwegs. Er ist schon etwas älter und deshalb vom Fahrverhalten ein wenig anspruchsvoller. Die Doppel-H-Schaltung mit seinen 16 Gängen rauf und runter zu schalten macht mir nichts aus. Ich mag ihn sehr gerne und finde, dass wir ein gutes Team sind. Im Sommer auf Baustellen, sowie im Winter zur Schneeräumung ist er flexibel einsetzbar. Obwohl ich Schnee und Kälte nicht besonders ausstehen kann, freue ich mich dennoch jede Saison wieder, mit ihm die Straßen zu räumen. Mein zweiter Favorit ist unser Volvo NH12 Hauber, oder wie ich ihn nenne – Optimus Prime. Er ist unser Truck für Fernreisen und in ganz Europa unterwegs. Ein treuer Gefährte mit dem ich selbst schon zweimal eine drei-tägige-Tour nach Hamburg unternommen habe. Solche Fernreisen sind jedes Mal wieder ganz besondere Abenteuer, die man ewig in Erinnerung behält.
Tips: Was würden Sie anderen jungen Frauen raten, die sich für den Beruf interessieren?
Foisner: Ich denke, es ist wichtig, über seinen eigenen Schatten springen zu können und Mut zu haben, Neues zu wagen. Uns Frauen sind glücklicherweise in der heutigen Zeit bei der Berufswahl keine Grenzen mehr gesetzt, also warum dann nicht das tun, was uns interessiert und erfüllt. Niemand von uns muss irgendwelchen veralteten Klischees gerecht werden. Jede Frau, die Interesse an diesem Beruf hat, egal ob jung oder alt, sollte sich nicht von ihren Ängsten oder schon gar nicht von negativen Reaktionen anderer beirren lassen. Es ist wichtig, an sich selbst zu glauben, deshalb – go for it! Ich würde mich über neue Kolleginnen jedenfalls sehr freuen und hoffe, dass in Zukunft generell wieder mehr LKW-Fahrer/Innen in diesen langlebigen, spannenden und lebenswichtigen Beruf finden. Ich selbst möchte als gutes Beispiel vorangehen, anderen Mut machen und vor allem zu einem guten Image in der Transportbranche beitragen.
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