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Long Covid: welche zentrale Rolle die psychische Gesundheit spielt

Victoria Preining, 27.10.2021 09:57

BAD LEONFELDEN. Im Gespräch mit Tips spricht der ärztliche Leiter des Vortuna Bad Leonfelden, Dr. Michael Bach, über Long Covid, dessen Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit und gibt Tipps, wie man Letztere unterstützen kann.

Foto: Wodicka
Foto: Wodicka

Tips: Für den Anfang: Was versteht man überhaupt unter Long Covid?

Michael Bach: Long Covid heißt, dass Menschen nach einer Covid-19-Erkrankung nicht wieder gesund werden, sondern weiterhin Beschwerden haben. Normalerweise geht man davon aus, dass die Symptomatik der Krankheit innerhalb von vier Wochen abklingt. Etwa 13 bis 15 Prozent, also jeder Siebte, haben aber weiterhin, über viele Monate oder sogar länger, Beschwerden.

Tips: Welche Symptome gehören zu Long Covid?

Bach: Die häufigsten Symptome sind Erschöpfungsgefühle, also das, was wir als Fatigue bezeichnen. Das zweithäufigste sind diffuse Schmerzen. Und dann gibt es natürlich noch die Symptome, die eh in allen Medien sind: Geruchs- und Geschmacksstörungen und Gedächtnis- und Atemprobleme. Also die Symptome, die akut auftreten, können dann teilweise bestehen bleiben, länger als vier Wochen. Das nennt man Long Covid. Und die Frage ist, warum ist das überhaupt so? Wir vermuten, dass diese schwere Virusinfektion im Körper auch verschiedene Organe betrifft, die dann geschwächt sind und längere Zeit auch geschädigt werden und dass es einfach länger dauert, bis sich die wieder regenerieren. Nach allem was wir wissen, wird dieses Long Covid wahrscheinlich bei den meisten von selber ausheilen. Aber das dauert halt Monate. Was wir aber auch wissen ist, dass die Menschen, die bereits vor der Covid-19-Erkrankung psychisch belastet waren, eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, dann auch so ein Long Covid zu entwickeln. Und das ist das für uns Spannende, dass sich da sozusagen psychische Belastung und körperliche Infektionskrankheit treffen und sich gegenseitig ungünstig beeinflussen und aufschaukeln.

Tips: Wie kann man sich das vorstellen? Wie sehen die Symptome aus?

Bach: Die Betroffenen, die wir jetzt schon in Behandlung hatten, erzählen, dass sie bereits vor der Corona-Erkrankung sehr belastet waren, Angstzustände hatten, ein Burnout, leichte depressive Symptome, Schlafprobleme. Das heißt, sie waren schon geschwächt. Und dann kommt die Virusinfektion. Das setzt sich sozusagen auf einen schon geschwächten Körper drauf. Man kann sich das so vorstellen, dass durch diese massive Stressbelastung, die wir jetzt ja alle in der Pandemie haben, plus die Stressbelastung durch die Virusinfektion dann einfach der gesamte Organismus irgendwie geschwächt wird und zusammenbricht. Und typischerweise, wenn so ein Organismus geschwächt wird und zusammenbricht, entstehen eben Fatigue-Symptome und diffuse Schmerzen. Das ist letztendlich eine Stressverarbeitungsstörung.

Tips: Jetzt gibt es ja diese Studie von den Hochreiter-Gesundheitsbetrieben gemeinsam mit dem Sora-Institut, die besagt, dass das vor allem bei jungen Menschen vorkommt.

Bach: Jüngere Erwachsene, 30- bis 50-Jährige. Wir haben die über 16-Jährigen befragt und da zeigt sich ein Altersgipfel bei den 30- bis 50-Jährigen. Und das ist genau die Zielgruppe, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit Long Covid bekommt.

Tips: Könnte man daraus den Schluss ziehen, dass das auch jene Gruppe ist, die beruflich den meisten Stress abbekommt?

Bach: Genau, das sind die, die jetzt in der Pandemie am stärksten belastet sind. Für uns ist das eigentlich sehr plausibel, dass wir sagen, das sind die, die jetzt durchhalten müssen. Wir sind alle mehrfach belastet und typischerweise eben diese mittlere Altersgruppe, und dann kommt halt ein Virus daher und setzt sich auf diese schon massiv stressgeplagten Menschen drauf und dann kommt der Zusammenbruch. Die Virusinfektion alleine würde wahrscheinlich kein Long Covid machen oder nur bei den allerwenigsten. Aber in der Kombination löst es so ein chronisches Erschöpfungssyndrom aus. Und daher ist die Therapie auch darauf abzustimmen. Es ist keine rein körperliche Behandlung, weil das Virus ist irgendwann einmal aus dem Körper wieder draußen, das Immunsystem kann das nach drei bis vier Wochen in Schach halten. Aber man muss dann mühsam den Körper wieder schrittweise aufbauen und regenerieren, damit man wieder Stressbelastung ertragen kann.

Tips: Können Sie uns einen Einblick geben, wie so eine Therapie aussieht, gerade was die psychischen Folgen betrifft? Worauf wird da gesetzt?

Bach: Wir sehen da keinen Unterschied zwischen psychisch und körperlich, weil wir sehen, dass diese Menschen in beiden Bereichen eingeschränkt sind. Das ist das, was wir als Psychosomatik bezeichnen. Psyche und Soma – also Geist und Körper gemeinsam. Das Gleichgewicht zwischen Seele und Körper ist bei diesen Menschen gestört. Das Therapiemodell beruht auf dem sogenannten „Pacing“. Pacing heißt, dass man versucht, individuell bei jedem Menschen herauszufinden: „Wie schaffst du es, wieder Gleichgewicht zwischen Körper und Seele herzustellen“. Das ist bei dem einen eher über Achtsamkeits- und Entspannungsübungen, beim zweiten eher über Ernährung umstellen, beim dritten über Bewegung, so ein vorsichtiges Aufbautraining. Das ist sozusagen eine tägliche Gratwanderung zwischen Über- und Unterforderung. Eine Batterie die leer ist, wenn sie die gleich noch einmal massiv belasten, wird sie noch leerer. Aber wenn man die Batterie nur ins Bett legt, ladet sie sich nicht wieder auf. Man muss quasi gezielte Stimuli setzten, zum Beispiel Bewegung, eine Kreativtherapie oder auch ein Outdoor-Programm. Hinter unserer Klinik ist ja auch der Moorwald im Mühlviertel, in die Natur gehen, die fünf Sinne wieder anregen. Das heißt, wir stimulieren Körper und Geist, das Gehirn, damit sich das wieder regenerieren kann. Das sind immer nur Millimeter-Schritte. Aber man kann sich vorstellen, wenn jeden Tag ein Millimeter dazukommt, schlägt man in den nächsten Wochen dann auch einen neuen Weg ein.

Tips: Was würden Sie den Leuten prophylaktisch raten, um gerade für die psychische Gesundheit in dieser Zeit etwas zu tun?

Bach: Das Zauberwort heißt Selbstfürsorge. Das heißt, dass wir auf uns schauen, dass wir uns Zeit für uns nehmen, gerade in der Krise. Die meisten Menschen – da gehöre ich auch dazu – sind so gebaut: Wenn man viel um die Ohren hat, vergisst man auf sich selbst. Das rächt sich. Wir sehen das wie auf einer Waage mit zwei Waagschalen. Auf der einen Seite sind die Belastungen, auf der anderen die sogenannten Ressourcen. Und das gilt es, im Gleichgewicht zu halten. Wenn mehr Belastung da ist und Sie gleichzeitig die Ressourcenschale immer leichter werden lassen, immer weniger dafür tun, dann kippt die Waage, dann wird man krank. Das heißt, gerade dann, wenn man am meisten um die Ohren hat, braucht man am meisten die Ressourcen und dann muss man sich das letztlich, so gut das halt geht, einplanen. Das ist auch lernbar. Das heißt, ich empfehle drei Mal in der Woche eine sogenannte Ich-Zeit.


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