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Manuel Grabner: „Ein Restaurantbesuch lebt von Emotionen und Gefühlen“

Andreas Hamedinger, 11.02.2022 10:38

LICHTENBERG. Vier Hauben im Gault Millau, 88 Punkte im Falstaff-Guide: Manuel Grabner gehört mit seinem Restaurant Holzpoldl zu den besten Köchen Oberösterreichs. Im Tips-Interview spricht er über die momentane Situation in der Gastronomie und die Zukunft der Branche.

Manuel Grabner betreibt das Restaurant Holzpoldl in Lichtenberg. (Foto: Andreas Kalteis)
Manuel Grabner betreibt das Restaurant Holzpoldl in Lichtenberg. (Foto: Andreas Kalteis)

Tips: Corona hat die Gastronomie besonders getroffen. Wie geht es Ihrem Betrieb zurzeit?

Grabner: Die momentane Omikron-Welle spüren wir gewaltig. Aufgrund der aktuell hohen Infektionszahlen und der damit verbundenen Quarantäne werden leider viele Reservierungen storniert, vor allem unter der Woche. Am Wochenende ist die Situation nicht ganz so dramatisch. Dazu kommt der Umstand, dass immer wieder Mitarbeiter erkranken und in Quarantäne müssen.

Tips:Unabhängig von der Pandemie: In welche Richtung wird sich die Branche entwickeln?

Grabner: Ich glaube, dass es künftig mehr kleinere Betriebe geben wird, aber auch die sogenannten Gourmetlokale, die ja auch eher kleiner strukturiert sind.

Tips:Warum?

Grabner: Ganz einfach, ein Lokal mit 20 bis 30 Sitzplätzen lässt sich ohne großen Personalaufwand managen. Bei größeren Lokalen wird es – wenn es so weitergeht – unmöglich sein genügend Mitarbeiter zu finden. Damit werden wir uns abfinden müssen.

Tips:Wie könnte diesbezüglich eine Lösung aussehen?

Grabner: Ich habe den Eindruck, dass es manchmal zu leicht gemacht wird, angebotene Jobs nicht anzunehmen. In Einzelfällen ist es vielleicht sogar attraktiver, wenn man nicht arbeiten geht. Aber abgesehen davon müssen auch die Betriebe umdenken: Kann ich etwa einen talentierten, branchefremden Arbeitssuchenden im eigenen Restaurant ausbilden? Ich praktiziere das zurzeit in der Küche mit meiner Pâtissière. Zusätzlich müssen Gäste die Arbeit in der Gastronomie mehr wertschätzen. Das hat sich zwar durch die Corona-Pandemie verbessert, aber hier könnte noch viel passieren

Tips:Was zum Beispiel?

Grabner: Hier geht es sicherlich um eine stärkere Bewusstseinsbildung, dass hinter dem Angebot von sehr gutem Essen, Service, Ambiente und so weiter, auch ein sehr hoher Aufwand steckt. Wenn ich Top-Qualität haben möchte, muss es mir auch etwas Wert sein. Lebensmittel von hoher Qualität zu konsumieren und eine gute Zeit in einem Lokal zu verbringen sind doch Werte, die einen hohen Stellenwert haben.

Tips:Ein hochdekorierter französischer Spitzenkoch versucht zurzeit Geschmäcker und Gerichte mit Hilfe von Computern und Roboter zu kreieren. Wird das Zukunft sein?

Grabner (lacht): Ich hoffe und glaube nicht. Ein Restaurantbesuch lebt von Emotionen und Gefühlen. Das kann die künstliche Intelligenz nicht bewerkstelligen. Ein Beispiel: Wenn ein Gast heute und in einem Monat wieder in das gleiche Restaurant einkehrt, dann kann seine Stimmung eine andere sein; einmal ist er privat hier, einmal in Begleitung eines Geschäftspartners. Diese Situationen gilt es als Gastgeber zu berücksichtigen, das kann kein Roboter.

Tips:Aber kann man nicht etwa Gerichte mittels moderner Technik standardisieren oder den optimalen Geschmack herausfinden?

Grabner: Wie soll das funktionieren? Nehmen wir einmal das einfache Beispiel einer Zwiebel. Im Rohzustand ist sie scharf, gekocht schmeckt sie milder und karamellisiert wird sie süß. Dazu braucht man ein besonderes Gespür, das auch nicht jeder Mensch besitzt.

Tips:Sie haben auch lange in Vorarlberg gearbeitet. Wenn Sie Oberösterreich und das Mühlviertel mit dem Ländle in Bezug auf Lebensmittel vergleichen. Wie fällt Ihr Urteil aus?

Grabner: Das liegt sicherlich am starken Wintertourismus und den damit verbundenen internationalen Gästen. Dadurch sind die Gastronomie und die Produzenten teils besser abgestimmt.

Tips:Warum besser?

Grabner: Es gibt sicherlich noch einen Aufholbedarf in der Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Gastronomie und Produzenten. Wenn man sich hier ­enger zusammentut und gemeinsam nachhaltige Angebote kreiert, dann profitiert jeder. Gerade kleinere Lebensmittelproduzenten sollten – auch in enger Zusammenarbeit mit der Gastronomie – überlegen, ­spezielle Nischenprodukte anzubieten. Wenn man das gemeinsam angeht, können außergewöhnliche Dinge entstehen, die für einen ­stabilen Ab- und Umsatz für alle Beteiligten sorgen

Tips:Wie reagiert man als Gastronom auf diesen Umstand?

Grabner: Man muss flexibel sein und die Speisekarte dementsprechend gestalten. Ideal wäre eine Carte blanche, bei der der Gast bei einem Menü nicht weiß, was er serviert bekommt. Das lässt sich aber wohl nur für einen kleinen Gästekreis realisieren.


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