Neuester genialer Streich von Autor Georg Renöckl: "111 Orte im Mühlviertel, die man gesehen haben muss"
UU/RO/FR/PE/LINZ. Der aus Urfahr stammende Autor Georg Renöckl hat schon viele Werke auf den Markt gebracht. Sein neuestes Buch (erschienen im Emons Verlag) widmet sich ganz und gar dem Mühlviertel - und zwar jenen 111 Orten, die man einfach selbst gesehen haben muss. Im Interview mit Tips verrät er Interessantes aus seinem Werdegang. Vier Exemplare werden verlost!
Tips: Herr Renöckl, wie sind Sie eigentlich zur Schreiberei gekommen?
Renöckl: Ich habe nach dem Studium als Lektor an der Universität Straßburg unterrichtet und wurde dort vor allem zu Kursen eingeteilt, in denen es um die deutsche Presse- und Medienlandschaft ging. Um mich da besser auszukennen, habe ich ein Praktikum bei der Mittelbadischen Presse in Kehl gemacht. Ich bin dort längere Zeit freier Mitarbeiter geblieben und habe auch begonnen, mich journalistisch weiterzubilden. Später habe ich dann anderen Medien (wie etwa der Wiener Zeitung, dem Falter, der Presse und anderen) regelmäßig Reportagen aus Frankreich angeboten. So bin ich relativ schnell bei der Neuen Zürcher Zeitung gelandet.
Verraten Sie unseren Lesern ein paar Infos zum beruflichen Werdegang?
Renöckl: Studiert hatte ich ursprünglich Germanistik und Französisch auf Lehramt. Von Straßburg sind meine Frau und ich nach Paris weitergezogen. Ein begonnenes Doktoratsstudium habe ich dort bald wieder abgebrochen und stattdessen weiterhin als freier Journalist und Universitätslektor gearbeitet. Zurück in Wien habe ich einige Jahre am französischen Lycée Deutsch unterrichtet und mich dann 2015 selbstständig gemacht.
Heute arbeite ich für verschiedene Medien, z. B. die Süddeutsche Zeitung, Ö1, Die Presse, Falter, Der Standard.
Wie kam es dazu, dass Sie selbst Bücher verfassen?
Renöckl: Ich hatte seit meiner Rückkehr nach sechs Jahren in Frankreich die Idee, einen Reiseführer über Paris zu schreiben. Als ich auf die Reihe „Abseits der Pfade“ des Braumüller Verlags aufmerksam wurde, habe ich nicht lange gezögert und mich einfach beim Verlag vorgestellt. Den Auftrag für zwei Bände über Paris habe ich auch gleich bekommen, aber nicht nur den: Ich sollte vorher noch dringend einen Band über Wien schreiben, was ich auch gemacht habe. So kam immer wieder ein neues Buchprojekt nach dem anderen dazu.
Jetzt überraschen Sie aktuell selbst „eingefleischte“ Mühlviertler mit manch unbekannten Orten...
Renöckl: Die Idee stammt eigentlich nicht von mir, sondern vom Emons-Verlag. Für dessen Reihe „111 Orte, die man gesehen haben muss“ habe ich 2018 einen Band über Nordfrankreich geschrieben. Ich sollte eigentlich mit der Auvergne weitermachen, das Projekt wurde aber aus verlagsinternen Gründen kurzfristig abgeblasen. Als Ersatz dafür hat man mir dann das Mostviertel angeboten. Das klang für mich zunächst gar nicht so verlockend, aber es war eine großartige Zeit und ich habe die Gegend wirklich lieben gelernt. Mit dem Mühlviertel weiterzumachen, wie es der Verlag wenig später vorgeschlagen hat, fand ich sehr stimmig, die beiden Gegenden grenzen ja aneinander. Ich habe mich im Winter 2020/21 einzulesen begonnen und bin im darauffolgenden Frühjahr und Sommer ein paar Wochen im Mühlviertel unterwegs gewesen – natürlich muss man als Autor jeden der 111 Orte besuchen, anders geht es nicht. Für die Auswahl braucht es gute Vorbereitung und einen detailliert ausgearbeiteten Plan, den man vor Ort dann aber immer wieder über den Haufen werfen muss. Aus der richtigen Mischung aus Vorbereitung und Improvisation entsteht auch die richtige Mischung an Orten für das Buch.
Was fasziniert Sie am Mühlviertel ganz besonders?
Renöckl: Das Mühlviertel hat für mich eine ganz spezielle Persönlichkeit und einen besonderen Charme. Das liegt zum einen an der Landschaft mit ihren unzähligen Hügeln und den großartigen Ausblicken, die man von dort hat, zum anderen an der Geschichte des Landes als Transit- und Grenzland zwischen Österreich und Böhmen. Das Mühlviertel hat auch eine unverwechselbare Architektur und unzählige Kulturschätze zu bieten und ist die Heimat vieler unkonventioneller und kreativer Menschen. Nicht zuletzt ist es eine der führenden Bio-Regionen Österreichs – da gibt es also eine ganze Menge. Für das Buch bin ich natürlich ein paar Wochen lang vor Ort geblieben.
Was verbindet Sie selbst mit dieser Region?
Renöckl: Ich bin in Urfahr aufgewachsen und im Petrinum in die Schule gegangen, das war damals noch großteils ein Internat. Mehr Mühlviertel auf so engem Raum ist eigentlich gar nicht vorstellbar. Natürlich habe ich als Kind mit meiner Familie immer wieder Ausflüge zu verschiedenen Zielen im Mühlviertel gemacht, mit Freunden bin ich später im Sommer gern zur Resilacke gefahren oder zum Klettern nach Rottenegg.
Was zeichnet die von Ihnen auserwählten 111 Orte im Mühlviertel aus?
Renöckl: Ich war vor kurzem bei einer Lesung in Weyer, das zum Traunviertel gehört. Die Leute dort haben mir aber erklärt, dass sie sich mit dieser Einteilung gar nicht besonders wohlfühlen. Auch zum Hausruckviertel sind die Übergänge eher fließend. Beim Mühlviertel ist die Sache viel klarer, das hat eine ausgeprägtere regionale Identität – dachte ich jedenfalls. Beim Recherchieren habe ich dann aber festgestellt, dass die Donau gar nicht immer die Südgrenze des Mühlviertels ist und vor allem, dass es nicht nur ein Mühlviertel gibt, sondern zwei. Die Sache ist also komplizierter, als man glauben würde...
Der Witz an der ganzen 111er-Reihe ist ja, dass sie so nach Bucket List klingt, nach 1.000 places to see before you die. Im Grunde sind die Plätze aber oft das Gegenteil der typischen must-sees: Kleindenkmäler, an denen man schon hunderte Male vorbeispaziert ist, ungewöhnliche Handwerker, kuriose Museen. Wenn man sich diese Plätze einmal bewusst anschaut, wird das Bild, das man von einer Gegend hat, plötzlich viel differenzierter und schärfer. Vielleicht kann man auch mit dem einen oder anderen im Buch beschriebenen Ort gar nicht so viel anfangen, entdeckt aber auf dem Weg dorthin etwas Spannendes. Hauptsache, man kommt einmal weg von den ewig gleichen „Best-of“-Sehenswürdigkeiten. Darin liegt für mich der Sinn und die Besonderheit dieser Buchreihe.
Es ist eine Mischung, die für viele Interessenslagen passen sollte: Kultur, Geschichte, Landschaft, Kulinarik, Kurioses usw. Eine Grundvoraussetzung gibt es aber für alle 111 Orte: Eine gewisse Offenheit und eine gewisse Neugier mitzubringen ist sicher hilfreich.
Gibt es auch Mühlviertler Regionen, die Ihre persönlichen Favoriten sind?
Renöckl: Da muss ich wirklich passen – ich bin im ganzen Mühlviertel so herzlich empfangen worden und habe so interessante Menschen kennengelernt, dass ich da keiner Gegend den Vorzug geben kann. Auch die Landschaften sind mir in ihrer Unterschiedlichkeit ans Herz gewachsen, von der Donau bis zur böhmischen Grenze. Eine davon war für mich aber wirklich eine Neuentdeckung: Das Machland kannte ich vor der Arbeit am Buch kaum. Dieses flache, weite Land passt eigentlich gar nicht ins Mühlviertel-Klischee, hat mich aber nachhaltig fasziniert.
Also ein Werk für Mühlviertler-Fans?
Renöckl: Das Werk selbst richtet sich an alle, die sich für das Mühlviertel interessieren, ob sie nun selbst Mühlviertler sind oder nicht.
Von den bisherigen Lesern des Buches habe ich jetzt schon öfter gehört, dass sie überrascht sind, wieviel Neues für sie darin steht. Das ist für mich das schönste Kompliment: Auch echte „Mühlviertel-Kenner“ finden Dinge, die sie eben doch noch nicht kannten. Und diejenigen, die ohnehin noch am Entdecken dieses besonderen Viertels sind, finden hoffentlich viele Anregungen für ungewöhnliche und individuelle Zugänge. Das war auch für mich das Spannende an dieser Arbeit: Als Urfahraner bin ich ja in dieser Region aufgewachsen, habe die meisten der im Buch beschriebenen Orte aber selbst erst bei der Recherche entdeckt.
Welcher dieser Orte ist im Bezirk Urfahr-Umgebung ist Ihr Geheimtipp?
Renöckl: Mit Ottensheim liegt in Urfahr-Umgebung der älteste urkundlich erwähnte Ort des Mühlviertels. Aus einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 777 geht hervor, dass dort damals Wein angebaut wurde. Heute gibt es im Haselgraben wieder einen Weingarten, gleich unterhalb von Kirchschlag. Für mich ist dieser Weingarten im zurecht für seine Biere bekannten Mühlviertel ein echter Geheimtipp, man kann dort auch hervorragend essen. Ganz in der Nähe gibt es auch noch den Museumshof Pelmberg, die Kindermumie in der Starhemberger Gruft in Hellmonsödt, und ein Stück weiter nach Norden den Langzwettler Bergkäse, aber das ist noch längst nicht alles. Urfahr-Umgebung ist voll von Geheimtipps!
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