Extreme Wetterlagen: Niederschlag teilt Oberösterreich in zwei Welten
MÜHLVIERTEL. Auch wenn es seit Wochenbeginn kühler geworden ist: Die schier unendliche, regenlose Hochsommerphase hat den oö. Zentralraum und besonders die südlichen Teile der Bezirke Urfahr-Umgebung, Freistadt und Perg verdorren lassen. Die Landwirte verzeichnen auf ihren Feldern und Wiesen bis zu 80 Prozent Ernteeinbußen.
Zwei Welten standen sich im Sommer in Oberösterreich gegenüber: „Grob gesagt war der Westen mit Niederschlägen gut versorgt, während der Raum Linz-Wels-Steyr und vor allem die südlichen Teile der Mühlviertler Bezirke seit Monaten keine nennenswerten Niederschläge mehr bekommen haben“, berichtet Helmut Feitzlmayr, Leiter der Abteilung Pflanzenbau der Landwirtschaftskammer OÖ. Dazu kamen die oft punktuell niedergehenden Regenschauer. Einer der Hotspots der Trockenheit und Hitze war und ist offenbar weiterhin Mauthausen im Bezirk Perg. Im gesamten August verzeichnete man hier nur 23 Liter Niederschlag, es war 3,3 Grad Celsius wärmer als im Durchschnitt. „Im Bezirk Braunau regnete es im gleichen Zeitraum 175 Liter pro Quadratmeter, es war nur um ein halbes Grad wärmer“, weiß Feitzlmayr. OÖ-weit lag die mittlere Monatstemperatur laut Hydrografischem Dienst des Landes OÖ drei Grad über dem langjährigen Monatsmittel.
Rüben und Mais verdorrt
In der niederschlagsarmen Welt Oberösterreichs hat Mathias Hunger aus Zirking in Mauthausen seinen landwirtschaftlichen Betrieb. „Wir haben schon mindestens acht Wochen keinen nennenswerten Niederschlag mehr gehabt“, bestätigt er die Statistik. Auf den Feldern des Ortsbauernobmanns sind die Blätter der Zuckerrüben welk und verdorrt. Der Mais war um mindestens 14 Tage früher erntereif als üblich und wies mit unter 20 Prozent einen Feuchtigkeitsgehalt auf, wie er normalerweise Ende Oktober erreicht wird. Für die Stärkeproduktion ist er zum Teil nicht optimal geeignet. „Der einzige Vorteil ist, dass wir uns heuer das Trocknen der Maiskörner sparen“, meint Hunger. Entsprechend schlecht sei derzeit die Stimmung in der Bauernschaft.
Versicherung: Ja, aber ...
Bei der Landwirtschaftskammer verweist man auf die Dürreindex- Versicherung der Österreichischen Hagelversicherung. „Wer nicht versichert ist, bekommt gar nichts. Daher raten wir den Landwirten, sich versichern zu lassen, um den Ernteausfall zumindest zum Teil abzusichern, auch weil ein guter Teil an öffentlichen Geldern einfließt“, sagt Helmut Feitzlmayr. „Die Versicherung ist nicht schlecht, aber sie macht nicht wett, was abgeht“, meint Mathias Hunger. Der Zirkinger hofft nun in jedem Fall auf ausreichend Regen, denn die Zuckerrüben müssen demnächst aus der Erde, um mit der Bahn abtransportiert zu werden. „Das Erdreich ist völlig ausgedörrt und betonhart, ohne Feuchtigkeit können wir nicht ernten, da sonst die Rüben abreißen, weil sie so fest in der Erde stecken.“ Auch für die Gründüngung, deren Samen seit längerem im Erdreich liegen, ohne zu keimen, sei Regen dringend notwendig.
Grünland: alles verdorrt
Im Grünland gab es in den vergangenen Wochen ebenfalls zum Teil dramatische Entwicklungen. Um Bad Zell und Schönau im östlichen Bezirk Freistadt machten die Regenwolken offenbar einen besonders großen Bogen, während weiter nördlich deutlich öfter Regen niedergeht. „Auf unseren Wiesen ist alles verdorrt, der starke Wind hat dazu noch beigetragen“, sagt der Schönauer Ortsbauernobmann Andreas Brunner. Für ihn ist es fraglich, ob es angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit heuer überhaupt noch zu einem vollwertigen Aufwuchs im Grünland kommt. Für die Zukunft werde man sich verstärkt mit nachhaltiger Grünlandbewirtschaftung mit trockenheitsresistenteren Pflanzen befassen müssen.
Prognose vom „Mühlviertler Wetterfrosch“
„Durch den fehlenden Regen bzw. die fehlende Tiefdrucktätigkeit speziell im Juli und August ist der Wärmeüberschuss im Mühlviertel massiv nach oben gegangen“, erklärt der bekannte Wetterexperte Christian Nimmervoll aus Kirchschlag und gibt zu bedenken, dass der heurige August in Bezug auf den Monatsschnitt sogar fast der heißeste August der letzten 25 Jahre hier in Kirchschlag war. „Es liegt ein ausgesprochen heißer Sommer hinter uns. Blicken wir auf die amtlichen Daten, so war 2024 der heißeste Sommer seit Messbeginn (1767) in Österreich.“ Detaillierte Grafiken stellt der ambitionierte Wetterbeobachter über seine Homepage zur Verfügung. Hier etwa eine Grafik zu den Monaten Juni/Juli und August: https://www.wetter-muehlviertel.at/htm/statistik_monat_2024.php
Extremwetterlagen werden häufiger werden
Eine dieser Grafiken zeigt eindrucksvoll, dass es in den letzten Jahren immer heißer wird. Die Kurve hat den linearen Anstieg verlassen und steigt nun sogar exponentiell nach oben: https://www.wetter-muehlviertel.at/htm/statistik_jahresdurchschnittstemperatur.php
„Der heurige Sommer war im Mühlviertel weniger geprägt von neuen Temperaturrekorden. Vielmehr wurde der Wärmeüberschuss durch viel zu lange und heiße Wetterphasen ausgelöst“, resümiert Nimmervoll den Sommer 2024.
Weiters prognostiziert er, dass man sich wohl an solche Extremwetterlagen gewöhnen muss: „Das kann auch wieder in die andere Richtung umschlagen – also durchaus auch mit zu nassen Wetterphasen. Dennoch, die Beobachtungen der letzten Jahre zeigen eher, dass wir uns im Mühlviertel und generell in Ostösterreich auf im Schnitt zu trockene Zeiten im Sommer einstellen sollten. Damit ist auch die Landwirtschaft gefordert, Lösungen zur Bewässerung zu finden, denn die Dürreschäden 2024 im Mühlviertel sind regional schon sehr hoch.“ Zumindest sei heuer die Situation mit dem Grundwasser noch nicht so angespannt, meint Nimmervoll, denn der letzte Herbst und teils auch der vergangene Winter brachten noch nennenswerten Regen oder Schnee. Zusammengefasst erklärt er: „Die Herausforderungen, speziell in den Sommermonaten, werden uns auch in den kommenden Jahren immer mehr beschäftigen. Daher sollten wir lernen, dass auch in Österreich das Trinkwasser nicht mehr (ständig) selbstverständlich sein wird.“
Vorhersage für das Wetter im kommenden Herbst/Winter
Auf die Frage nach einer Prognose für die Wetterlage im kommenden Herbst/Winter winkt er ab: „Jegliche Prognose für einen längeren Zeitraum als maximal zehn Tage ist unseriös. Was man aber sagen kann, ist, dass wir uns im Winter im Einflussbereich von ,LaNina‘ befinden werden und dieses Wetterphänomen kann in Europa eine tendenziell leichte Abkühlung hervorrufen. Dem gegenüber steht allerdings die globale, massive Erwärmung und damit würde ich ganz vorsichtig den Winter eventuell nicht so warm wie den letzten Winter einschätzen und vielleicht gibt es sogar mal ein paar ,normalere‘ Winterphasen. In Summe dürfte dieser Winter aber zumindest wieder eher zu warm oder zumindest leicht zu warm ausfallen. Bei den Niederschlägen könnten uns in den nächsten Monaten etwas nassere Zeiten ins Haus stehen.“
Dieser Link zeigt den Trend der NOAA für Europa in Hinblick auf grobe Temperaturabweichungen. Auch diese Karten bestätigen eher einen zu milden Winter: https://origin.cpc.ncep.noaa.gov/products/people/wwang/cfsv2fcst/htmls/euT2me3Mon.html
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