Stimmenhören: Ich höre was, was du nicht siehst
BEZIRK URFAHR-UMGEBUNG/LINZ. Intervoice, ein Projekt von Exit Sozial, lädt am 15. und 16. September anlässlich des Welttages des Stimmenhörens in den Wissenssturm Linz ein. Der Schwerpunkt in diesem Jahr liegt bei stimmenhörenden Kindern und Jugendlichen. Tips hat mit Christian Lang, Psychologe bei Exit Sozial, über das Hören von Stimmen und dem Umgang damit gesprochen.
Tips: Was genau kann man sich unter Stimmenhören vorstellen?
Lang: Es gibt verschiedene Formen von Stimmenhören. Manche hören ihr Leben lang Stimmen, die nicht tatsächlich da sind, bei manchen ist es nur vorübergehend. Es gibt hilfreiche Stimmen, die beispielsweise an etwas erinnern, aber auch kommentierende, beängstigende und beschimpfende Stimmen. Bei Magnetresonanz-Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Areale fürs Hören im Gehirn bei den Betroffenen tatsächlich aktiv sind, obwohl niemand spricht.
Tips: Wie viele Menschen hören Stimmen, die nicht wirklich da sind?
Lang: Es hören mehr Leute solche Stimmen, als man annimmt. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, aber nur ein Drittel sucht auch Hilfe. Bei Kindern tritt Stimmenhören öfter auf als bei Erwachsenen. Der imaginäre Freund ist ein bekanntes Beispiel für das Stimmenhören und gilt als positive Bewältigungsform.
Tips: Wann soll man sich oder für seine Kinder Hilfe suchen?
Lang: Wenn die Stimmen das Leben negativ beeinflussen. Einen daran hindern, dass man sich mit Freunden trifft, seinen Alltag meistern kann oder wenn die Stimmen einen beschimpfen oder runtermachen. Mit Hilfe ist es möglich, die Stimmen in den Griff zu bekommen.
Tips: Wie geht man mit diesen Stimmen um?
Lang: Vorübergehende Stimmen kommen oft nach einem traumatischen Erlebnis vor. Dann muss man den Auslöser herausfinden und daran arbeiten. Manche hören diese Stimmen aber immer, dann ist es wichtig, den Umgang damit zu lernen. Man kann lernen, das Stimmenhören besser in den Alltag zu integrieren und auf eine bestimmte Zeit zu verlegen. Wenn man einen wichtigen Termin hat, dann sagt man „jetzt nicht, erst in einer Stunde.“ Man kann auch lernen, den beschimpfenden Stimmen etwas entgegenzuhalten. Bei uns gibt es eine Selbsthilfegruppe und auch eine Beratungsstelle für Einzelgespräche. Telefonische Beratung kann man sich jeden Mittwoch, von 14 bis 16 Uhr unter der Tel. 0699/17188480 holen.
Tips: Was erwartet die Besucher beim Welttag des Stimmenhörens am 15. und 16. September im Wissensturm Linz?
Lang: Experten werden über ihre Arbeit mit traumatisierten Kindern und stimmenhörenden Kindern und Jugendlichen sprechen. Eine Kunsttherapeutin und eine Heilpädagogin sprechen in ihren Vorträgen über das Stimmenhören. Auch eine Betroffene, die seit ihrem fünften Lebensjahr Stimmen hört, erzählt von ihren Erfahrungen, den Schwierigkeiten und dem Umgang mit den Stimmen. Auch Workshops werden dort angeboten.
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