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Waldingerin (47) will mit Tabuthema Demenz brechen: "Kein Betroffener muss sich schämen oder gar verstecken"

Mag. Jacky Stitz, 13.08.2024 09:45

WALDING/LINZ-URFAHR. Die Waldingerin Karin Laschalt (47) ist Leiterin der MAS Alzheimerhilfe mit Sitz in Linz-Urfahr. Von hier aus betreut die Servicestelle für Demenzkranke Betroffene aus Urfahr-Umgebung. Angeboten werden 13 Trainings-Gruppen in acht Bezirksgemeinden. Zudem findet einmal Sprechtag in Walding für Beratung und psychologische Abklärung statt. Im Tips-Talk merkt man, dass es ihr am Herzen liegt, den Betroffene solange es geht ein gewisses Maß an Lebensqualität zu ermöglichen.

  1 / 4   Die 47-jährige Karin Laschalt aus Walding und ihr MAS-Team arbeiten mit Menschen mit Vergesslichkeit oder Demenz und deren Angehörigen. (Foto: Karin Laschalt/Privat)

„Die Demenzservicestelle Linz Nord/Urfahr ist oft mit dem Mythos konfrontiert, dass man bei Demenz eh nichts mehr tun könne. Aber das stimmt nicht. Denn wie bei der körperlichen Fitness bestimmt auch beim Gehirn unter anderem die Aktivität, ob man fit ist oder nicht. Die grauen Zellen können wie Muskeln trainiert werden“, so Karin Laschalt aus Walding. Die 47-Jährige ist diplomierte Sozialarbeiterin und Bereichsleiterin bei der MAS Alzheimerhilfe mit Sitz in Linz-Urfahr und bietet Angehörigen und Betroffenen Unterstützung und Hilfe an. „Ich arbeite jetzt seit 15 Jahren beim Verein MAS Alzheimerhilfe und ich liebe meinen Beruf. Die Arbeit mit Menschen ist für mich viel mehr als nur eine Arbeit. Zu sehen, wenn etwa die Trainingsteilnehmer fröhlich nach dem Training wieder nach Hause gehen, bringt mich zum Schmunzeln. Die Lebensqualität hat höchste Priorität und wenn wir es schaffen, einen Teil dazu beizutragen, habe wir gute Arbeit geleistet. Das macht mich zufrieden“, verrät die Mühlviertlerin.

MAS Ressourcentraining der MAS Alzheimerhilfe: Gedächtnistraining für Betroffene

„Das MAS Ressourcentraining der MAS Alzheimerhilfe ist eine spezielle, psychosoziale Methode und wird zumeist zusätzlich zu einer medizinischen Behandlung durchgeführt. Es ist ein stadiengerechtes Training mit verschiedensten Elementen zur Erhaltung und Förderung der vorhandenen Fähigkeiten, zur Aktivierung des Gedächtnisses und Förderung von Alltagskompetenz, zur Unterstützung von Mobilität und Motorik sowie zur Verzögerung des Krankheitsfortschritts“, erklärt Karin Laschalt, Leiterin der MAS Demenzservicestellen und ruft Interessierte auf, kostenlos in eine der vielen Trainingsgruppen in Urfahr-Umgebung hinein zu schnuppern.„Hier geht es nicht um Leistung, sondern um ein motivierendes Training der Gehirnfunktion, das die grauen Zellen anregen und gleichzeitig Spaß machen soll“, will die Demenzexpertin Interessenten die Scheu nehmen und erklärt dies anschaulich mit einem Zitat der Tochter eines Teilnehmers aus der Ottensheimer-Gruppe: „Mein Vater musste aus gesundheitlichen Gründen länger pausieren und in der Zeit hab ich bemerkt, was ihm gefehlt hat – das Gedächtnistraining hält ihn fit“.

Selbstständigkeit und Lebensfreue erhalten

Das MAS Ressourcentraining und die gezielte Förderung von noch vorhandenen Ressourcen ist wichtig. Es trägt dazu bei Selbständigkeit, Lebensfreude und Selbstwert zu erhalten und kann die späteren Stadien einer Demenzerkrankung nach hinten verschieben.Laschalt betont zudem den Wert für die Angehörigen, denn „nach dem Training sind die Klienten oft ruhiger, fröhlicher und entspannter, was auch die Angehörigen entlastet. Weiters verschafft es den Angehörigen auch eine Auszeit während des Trainings“.

Trainingsgruppen in Urfahr-Umgebung

Im Bezirk Urfahr-Umgebung gibt es aktuell 13 Trainingsgruppen in folgenden acht Gemeinden: Ottensheim, Walding, Puchenau, Feldkirchen/Donau, Vorderweißenbach, Bad Leonfelden, Gallneukirchen und Alberndorf und dann gibt es noch einmal im Monat in Walding einen Sprechtag.

Tips: Was bieten Sie da konkret an?

Karin Laschalt: Wir arbeiten mit Menschen mit Vergesslichkeit oder Demenz und deren Angehörigen. Unsere Angebote sind Beratung, psychologische Abklärung oder Früherkennung, Vorträge für Angehörige, Selbsthilfegruppen für Angehörige, MAS Ressourcentrainings für Betroffene. Ein Beispiel: Uns ruft eine Frau an, der aufgefallen ist, dass ihr Mann in letzter Zeit vergesslich ist. Wir bieten einen Termin für das Ehepaar in unserer Demenzservicestelle oder beim Sprechtag in Walding an. Bei diesem Termin gibt es die Möglichkeit, dass die Psychologin einen Gedächtnischeck macht um herauszufinden, ob die Vergesslichkeit im Rahmen des „normalen Alterns“ liegt oder ob es Auffälligkeiten gibt. Parallel zum Gespräch mit der Psychologin spricht die Sozialarbeiterin in einem anderen Raum mit der Ehefrau. Danach wird gemeinsam ein Plan entwickelt, welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen oder was das Ehepaar in Anspruch nehmen möchte.  

Häufig kommt es auch vor, dass ein Arzt jemanden zu uns schickt mit der Empfehlung, ein MAS Ressourcentraining - also ein Gedächtnistraining - zu machen. Auch dann machen wir als ersten Schritt eine psychologische Einstufung um dann die passende Trainingsgruppe anbieten zu können. Das Training ist stadiengerecht: wenn also jemand ein wenig vergesslich ist, ist das Training anders aufgebaut wie wenn jemand eine schwere Demenz hat.

Tips: Wie oft treffen sich die Gruppen in Urfahr-Umgebung und wie viele Teilnehmer in welchen Altersklassen sind da dabei?

Laschalt: Die MAS Ressourcentrainingsgruppen sind stadiengerecht und finden einmal pro Woche statt – immer zur selben Zeit, am selben Ort. Das Training dauert zwei Stunden. Wir arbeiten in kleinen Gruppen, bis zu acht oder neun Personen. Grundsätzlich gibt es keine Alterseinschränkung. Da aber das Risiko an einer Demenz zu erkranken mit dem Alter steigt, sind viele der Gruppenteilnehmer zwischen 70 und 85 Jahre alt. Allerdings möchte ich betonen, dass es auch jüngere Betroffene gibt und wir mittlerweile auch viel Erfahrung in der Betreuung von jungen Betroffenen (die durchaus auch unter 65 Jahre alt sein können) haben. 

Tips: Kostet das was – wenn ja, wieviel und gibt es genügend Plätze?

Laschalt: Das Angebot wird von den OÖ Sozialversicherungsträgern und dem Land OÖ (im Rahmen des Netzwerkes Demenz OÖ) gefördert. Die meisten Angebote sind kostenlos - zum Beispiel Beratung, Angehörigentreffen, Vorträge für Angehörige. Beim wöchentlichen MAS Ressourcentraining bleibt den Betroffenen ein Selbstkostenbeitrag zwischen 3,50 Euro und 7,50 Euro pro Stunde. Und ja, es sind ausreichend Plätze vorhanden.

Tips: Wer genau nimmt Ihre Angebote in Anspruch?

Laschalt: Jeder, der sich Sorgen um sein Gedächtnis macht oder bereits eine Demenzdiagnose hat, kann unsere Angebote in Anspruch nehmen. Uns ist auch Früherkennung sehr wichtig. Viele Ärzte, Sozialberatungsstellen oder andere Einrichtungen verweisen auch an die Demenzservicestellen.

Zumeist rufen Angehörige bei uns an und vereinbaren einen Termin. Immer öfter melden sich aber auch Betroffene selbst, wenn sie sich Sorgen um ihre Gedächtnisleistung machen. Zu den wöchentlichen Terminen werden Gruppenteilnehmer häufig von Angehörigen gebracht. Ist das nicht möglich, finden wir meistens eine Lösung. Die Kontaktaufnahme kann auch über E-Mail stattfinden. Oder Angehörige kommen zu einer unserer kostenlosen Vortragsreihen und nehmen im Anschluss weitere Angebote in Anspruch.

Tips: Alzheimer versus Demenz: Was bedeutet Alzheimer und was ist Demenz?

Laschalt: Demenz ist ein Überbegriff, wie zum Beispiel „Obst“. Beim Obst gibt es verschiedene Sorten: Bananen, Birnen, Zwetschken usw. Demenz ist genauso ein Überbegriff und es gibt verschiedene Formen von Demenz. Alzheimer ist eine Form von Demenz, die bekannteste und häufigste. So gibt es etwa auch die vaskuläre Demenz als eine andere Form, die auch häufig vorkommt.

Tips: Was sind die ersten Anzeichen einer Erkrankung?

Laschalt: Ein Hauptsymptom einer Demenz ist das schleichend schlechter werdende Kurzzeitgedächtnis. Dabei ist wichtig zu wissen, dass Betroffene nicht absichtlich etwas vergessen und dass es Schwankungen gibt (mal besser, mal schlechter). Auch wenn es oft viel Geduld erfordert, wäre es gut, Betroffenen deswegen keine Vorwürfe zu machen und sie nicht immer auf ihre Defizite hinzuweisen. Eine Demenz geht zumeist mit dem Verlust des Selbstwertgefühls einher. Wenn man zudem immer wieder darauf hingewiesen wird, was man falsch macht oder vergessen hat, fühlen sich Betroffene natürlich noch schlechter.

Tips: Worin liegen hierbei die größten Herausforderungen?

Laschalt: Eine gesellschaftliche Herausforderung ist, dass Demenz nach wie vor ein Tabu ist. Betroffene und teilweise Angehörige schämen sich häufig und verstecken sich. Dadurch wird oft keine Behandlung oder Therapie in Anspruch genommen, was sehr schade ist. Denn je früher man etwas dagegen tut, umso besser. Die Krankheit kann aktuell leider noch nicht geheilt werden, aber es gibt Möglichkeiten, den Verlauf zu verzögern und das bringt Lebensqualität.

Weiters ist zu betonen, dass acht von zehn Betroffenen zu Hause betreut oder gepflegt werden. Dies ist für Angehörige oft eine große Herausforderung, sie finden häufig wenig Unterstützung und laufen Gefahr, über die Jahre der Betreuung auszubrennen. Daher bitte: holen Sie sich Hilfe!

Infos: www.alzheimerhilfe.at
Kontakt: Demenzservicestelle Linz Nord/Urfahr, Ferihumerstraße 5/Top 3, 4040 Linz, Tel.: 0664 2139977 bzw. per Mail: dss.linz-nord@mas.or.at

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