
BEZIRK. Die siebenköpfige Familie Spindler zieht mit ihrem Circus Aramannt seit einigen Jahren durch Oberösterreich. Aktuell stehen die Berliner mit Zelt und Hausstand unterhalb der Kirche in Seewalchen. Tips hat sich einen persönlichen Eindruck vom Zirkusleben geholt.
Familie Spindler lebt für den Zirkus. Anfang 2020 übernahmen Patricia Spindler und ihr Mann den Betrieb von ihren Schwiegereltern, die mit fast bzw. über 80 Jahren nicht mehr weitermachen konnten und wollten. Trotz fortgeschrittenem Alters leben sie weiterhin in ihrem Wohnwagen auf dem Bauerhof eines ihrer Kinder. Patricia Spindler stammt selber aus einer Berliner Zirkusfamilie; ihre Eltern sind bereits verstorben, der Bruder hat den Familienzirkus übernommen. Die insgesamt fünf Kinder der Spindlers sind 17, 16, 14, zehn und drei Jahre alt und leben für den Zirkus. Alle packen mit an, die großen Mädchen passen auf die jüngeren Kinder auf, so funktioniert die Vereinbarkeit von Auftritten und Familienleben auch ohne Großeltern oder Fremdbetreuung.
Schulbildung ist uns sehr wichtig
Die älteren beiden Töchter haben die Schule bereits mit Mittlerer Reife abgeschlossen. Die 14-Jährige besucht per Fernlehre die Schule für Circuskinder, die in Nordrhein-Westfalen ihren Sitz hat. Diana, die zehnjährige Tochter hat - wie alle Kinder in ihrem Alter - Schulpflicht. Je nachdem wo der Zirkus gerade gastiert, besucht sie die Volksschule vor Ort, aktuell in Seewalchen. „Mir persönlich ist Schulbildung sehr wichtig, ich möchte, dass meine Kinder einen ordentlichen Schulabschluss machen, sodass sie gegebenenfalls auch etwas anderes machen könnten“, so Patricia Spindler bodenständig. Die häufigen Schulwechsel waren für keines der Mädchen ein Problem. „Meine jüngste Tochter hat Freunde aus ganz Oberösterreich, die sie seit Jahren immer wieder besuchen kommen. Wenn sich eine Freundschaft einpendelt, so bleibt diese auch“.
Zusammenleben auf engstem Raum klappt gut
Die Familie lebt ganzjährig in ihrem mobilen Zuhause, das ständige Zusammenleben auf engstem Raum klappt gut. Die älteren Mädchen haben in eigene Wohnwägen und damit ihr eigenen Reich, wie es für jeden Teenager wichtig ist. In den kalten Monaten wird der gemütliche Wohnbereich mit einer Diesel-Zentralheizung wohlig temperiert, der Strom wird mit den jeweiligen Standplätzen über einen eigenen Zähler abgerechnet.
Zwei Tage dauert der Aufbau
Eine Woche gibt sich die Familie Zeit, um zwischen zwei Standorte zu wechseln. Die Wohnwägen und Trailer müssen dabei einzeln verlegt werden, damit die Kinder nicht soviel Zeit auf der Strecke sind versuchen sie die Etappen zwischen den Standplätzen möglichst kurz zu halten. Etwa zwei Tage dauert es, bis das komplette Zirkusgelände aufgebaut ist - sofern das Wetter mitspielt. Die größeren Mädchen packen dabei schon kräftig an - jede Hand wird für die anstrengende körperliche Arbeit gebraucht. Das Zelt wird dabei sturmsicher verankert. „Wir haben aber auch schon schwere Stürme erlebt, wo wir glaubten, dass das Zelt jeden Moment abhebt“, erzählt Patricia Spindler.
Kein fixer Tourneeplan
Einen fixen Tourneeplan hat die Familie nicht, von einem Standplatz aus wird der nächste organisiert. Gemeinde und Grundpächter müssen zustimmen, dass der Zirkus gastieren darf. „Wir sind gerne in Oberösterreich unterwegs, es ist ein schönes Land. Die Bevölkerung ist sehr herzlich und hilfsbereit“, lobt Patricia Spindler die Oberösterreicher. Solange der Schnee nicht zu hoch liegt, gibt es Vorstellungen. Während der Winterpause bleibt das Team an einem fixen Standplatz, meistens bis Ende Februar oder Anfang März. Im vergangenen Jahr überwinterten die Spindlers in Gaspoltshofen, im Jahr davor in Marchtrenk.
Artistenschule in Berlin
Während der Winterpause besuchen die Mädchen die Artistenschule in Berlin. Dort werden die Nummern, die sie von der eigenen Familie lernen, weiter vertieft. „Ich trainiere meine Töchter selber. Sie sind sehr ehrgeizig und wollen immer höher hinaus. Ich kann ihnen nicht alles verbieten, aber ich bin auch froh, wenn sie wieder sicher am Manegenboden stehen. Toitoitoi - zum Glück ist noch nie etwas passiert. Ich bin mächtig stolz auf meine Mädels,“ beschreibt Patricia Spindler ihre Sicht als Mama.
„Jeder hat seine Rolle“
Die großen Mädchen gehen voll in der Artistik auf, die 14-Jährige hat ihre Rolle als Clownin Peppina gefunden, bei der sie auch den dreijährigen Bruder mit einbezieht. Die zehnjährige Diana tritt mit einer Taubennummer auf und beeindruckt mit ihrer Geschicklichkeit bei Hula-Hoop-Reifen. Zirkusdirektor Spindler präsentiert seine stolzen Friesenhengste und die frechen kleinen Ponys in der Manege. „Wir haben nur noch wenige Tiere, vier Pferde und einige Tauben. Die Tierhaltung wird wegen der vielen Auflagen leider immer schwieriger. Die Tiere stehen für jeden Zirkus an erster Stelle, bei Aufbau des Geländes kommt immer das Stallzelt zuerst“, so Spindler.
„Auch wir spüren die Teuerung“
Doch auch die Zirkusfamilie leidet unter der aktuell schwierigen Finanzlage: „Wir merken, dass sich die Leute manche Vergnügungen verkneifen, weil es finanziell eng ist. Auch wir spüren die Teuerung an allen Ecken und Enden. Wir können in der Familie auf drei Zirkusgenerationen zurückblicken und die Erfahrung zeigt uns - es kommen wieder bessere Zeiten, es geht immer irgendwie weiter“, blickt Patrizia Spindler optimistisch in die Zukunft: „Die meiste Freude machen mir die Vorstellungen und wenn unser Gelände schön aussieht, wenn wir es aufgebaut haben.“
Zirkus Feriencamp
Bis 11.Juni gastiert der Zirkus noch in Seewalchen, ab 17. Juni voraussichtlich in St. Georgen, anschließend in Vöcklabruck, wo auch das von Tips präsentierte dreiwöchige Zirkus-Feriencamp stattfindet. Die Workshops starten jeweils am Montag, 10. Juli, 17. Juli und 24. Juli und dauern jeweils bis Freitag. Die Teilnehmer erhalten dabei Getränke und Verköstigung. (Frühstück, Mittagessen, kleine Snacks und auch Eis). Die Abschluss-Vorstellung für die Eltern findet dann in der jeweiligen Woche am Freitag um 16 Uhr statt. Anmeldung bei Patricia Spindler 0681 206 03 986
Tips verlost Workshop-Tickets
Tips verlost für jeden der drei Workshops ein Teilnehmer-Ticket. Dazu einfach ein E-Mail mit dem Betreff „Zirkus-Feriencamp Vöcklabruck“ an redaktion-voecklabruck@tips.at senden und uns mitteilen, was euch an einem Zirkus am besten gefällt.