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Kinder mit Down-Syndrom sind Verlierer im Bildungssystem

Leserartikel Katharina Kühn, 16.03.2023 11:40

VÖCKLABRUCK. Am 21. März ist Welt Down-Syndrom Tag. Kinder mit Down-Syndrom werden im Bildungssystem benachteiligt, kritisiert der Vöcklabrucker Verein 46+1, Down-Syndrom.

Schulassistent Alexander Moser unterstützt Simon Offenberger und Annalena Peer beim Lernen. (Foto: Verein 46+1)

Ausgehend von Wien läuft derzeit eine österreichweite Kampagne für das Recht auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Kinder mit einer kognitiven Beeinträchtigung. „Im Gegensatz zu anderen Kindern, haben Kinder mit kognitiven Beeinträchtigungen wie dem Down-Syndrom in Österreich nicht automatisch die Möglichkeit, zwölf Schuljahre zu absolvieren“, erklärt Verena Kettl, Obfrau des Vereins 46+1, Down-Syndrom. Eltern müssen um diese beiden Schuljahre ansuchen und sind dabei der Willkür von Direktoren und Behörden ausgeliefert. Immer öfter kommt es zu einer Ablehnung dieser Ansuchen. „Unsere Kinder sind in ihrer kognitiven Entwicklung verzögert und brauchen diese beiden Schuljahre dringend, um sich ihren Fähigkeiten entsprechend hin zur Reife für eine Berufsausbildung entwickeln zu können“, betont Kettl.

Durch das Bildungssystem benachteiligt

Die Mutter einer Tochter mit Down-Syndrom verweist darauf, dass das österreichische Bildungssystem diese Kinder generell benachteiligt. Der Spießrutenlauf für die Eltern beginnt oft schon im Kindergartenalter. Im vergangenen Jahr musste der Verein sich in Vöcklabruck dafür einsetzen, dass die Stadtgemeinde zwei stark entwicklungsverzögerten Kindern ein zusätzliches Kindergartenjahr ermöglicht. „Von Anfang an sind wir in der Rolle der Bittsteller“, kritisiert Vorstandsmitglied Patrick Mitterer das System.

Inklusion ist noch immer keine Selbstverständlichkeit

Zu Schwierigkeiten kommt es dann oft auch beim Übertritt in die Volksschule. Nicht alle Volksschulen im Bezirk ermöglichen inklusive Bildung. Manche Schuldirektoren lehnen die Aufnahme von Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung schlichtweg ab. Und auch machen Mittelschulen des Bezirks ist Inklusion immer noch keine Selbstverständlichkeit. Zwar bieten die Schulen inklusive Klassen an, dies aber in einigen Fällen nur jedes zweite Jahr. Ein Junge musste daher, entgegen dem Wunsch der Eltern, ein Jahr früher in die Mittelschule wechseln als seiner Entwicklung förderlich gewesen wäre und hat nun keine Möglichkeit, die letzte Schulstufe zu wiederholen. „Für unsere Kinder ist das eine Katastrophe, weil sie durch eine zu schnelle Schullaufbahn massiv in ihrer Entwicklung behindert und überfordert werden“, sagt Birgit Brunsteiner, die den Verein vor 13 Jahren gegründet hat.

Mangel an Sonderpädagogen

Ein gravierendes Problem sehen die Eltern auch im Mangel an Sonderpädagogen. Das geht so weit, dass Direktoren Eltern bitten, selbst Sonderpädagogen zu suchen, damit ihre Kinder unterrichtet werden können. „Es kann nicht sein, dass die Verantwortung dafür, ob unsere Kinder eine gute schulische Ausbildung bekommen oder nicht, bei uns Eltern liegt“, sagt Obfrau Stellvertreterin Martina Offenberger.

Internationales Schlusslicht

Der Verein fordert einen Rechtsanspruch auf ein zusätzliches Kindergartenjahr für Kinder mit kognitiven Beeinträchtigungen sowie auf zwölf Schuljahre. „Unsere Kinder lernen langsamer, sind aber sehr wohl in der Lage, sich mit entsprechender Zeit und Förderung so zu entwickeln, dass sie später eine begleitete Berufsausbildung machen und ihren Platz in der Arbeitswelt einnehmen können. Die Forschung der letzten Jahrzehnte unterstreicht das. Österreich zählt bei den Bildungsmöglichkeiten für unsere Kinder immer noch zu den internationalen Schlusslichtern, das muss sich endlich ändern“, sagt Brunsteiner.

Besseres Verständnis für Bedürfnisse

Kinder und Jugendliche des Vereins werden am Welt Down-Syndrom Tag im Einkaufzentrum VARENA Schokoladetaler verteilen. „Die Gesellschaft muss mehr mit unseren Kindern in Berührung kommen, nur so kann sich ein besseres Verständnis für ihre Bedürfnisse und Anliegen, aber auch für ihre Fähigkeiten entwickeln“, erklärt Obfrau Verena Kettl. Nebensatz: „Kinder mit Down-Syndrom haben dieselben Menschenrechte wie alle anderen. Dazu gehört auch das Recht auf Bildung“.


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