Bildungslandschaft im Umbruch - gelernt wird fürs Leben
BEZIRK. Auswendiglernen, langes Verharren in den Schulbänken oder monotone Frontalvorträge - fällt der Begriff Schule haben vermutlich viele dieses Bild vor Augen. Immer mehr Schulen ersetzen diese wenig motivierenden Lernformen durch zeitgemäße pädagogische Konzepte - wie zum Beispiel die Familienklassen.
Familienklassen sind jahrgangsgemischt. Das bedeutet, dass mehrere Altersjahrgänge gemeinsam unterrichtet werden. Meist sind es zwei oder drei Schulstufen, bei Kleinstschulen kann die Jahrgangsdurchmischung auch von der Vorschule bis zur vierten Klasse Volksschule gehen. Derzeit gibt es diese Klassen an 13 Schulen im Bezirk. Die Seewalchner Pädagogin Ursula Reiter unterrichtet in so einer Familienklasse und erzählt: „Bei uns wurde die erste Familienklasse im vorigen Schuljahr gegründet, in der die zweite und dritte Schulstufe gemeinsam unterrichtet werden. Seit Herbst gibt es nun eine zweite jahrgangsgemischte Klasse, die Vorschulkinder und Kinder der ersten Schulstufe auf ihrem Lernweg begleitet.“
Eigenständigkeit wird gefördert
Durch die unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungslevel profitieren die Kinder stark voneinander. Die Kinder arbeiten sehr individuell und eigenständig an Plänen, die einerseits der Struktur, andererseits der Dokumentation ihrer täglichen Arbeit dienen. Neben den inhaltlichen Kompetenzen erweitern die Schüler dabei ihre sozialen Fertigkeiten und die Fähigkeit, sich eigenständig etwas zu erarbeiten. „Durch die gemischte Klassenstruktur wird die Toleranz untereinander gut gefördert. Verschiedenheit ist unsere Stärke, da wir gemeinsam ein viel größeres Spektrum abdecken können“, schildert Ursula Reiter.
Kinder profitieren voneinander
In Familienklassen unterrichten zwei Lehrkräfte, was eine persönlichere Förderung ermöglicht. Die Kinder können abwechselnd in die Rollen der „Lehrenden“ und „Lernenden“ schlüpfen, wie Silke Lacher-Kolm, Mama eines Schülers, berichtet: „Wir sind so glücklich, dass unser Kind in die Waldtierklasse in Seewalchen gehen darf. Wir sind überzeugt von der Arbeit der Pädagoginnen und schätzen das mit- und voneinander Lernen sehr. Einmal ist unser Sohn derjenige, der sein Wissen an jüngere Kinder weitergibt - ein anderes Mal helfen ihm wieder ältere Kinder. Ein tolles Konzept!“
Sitzenbleiben kein Thema mehr
Von der Durchmischung profitieren lernschwache und lernstarke Kinder gleichermaßen, wie Elisabeth Haas vom regionalen Schulaufsichtsteam weiß: „Schwächere Kinder müssen nicht wiederholen, sondern können im Klassenverband bleiben. Somit kommt es zu keinem Bruch bei Freundschaften und es gibt auch keine Stigmatisierungen. Im Bereich der Begabtenförderung können sich lernstarke Kinder - entsprechend ihrem Potenzial - auch an schwierigeren Inhalten beteiligen.“
Abwechslung statt Alltagstrott
Kein Schultag ist gleich, berichtet Pädagogin Ursula Reiter: „Es gibt drei Fixpunkte am Tag: Im Morgenkreis werden die Schultage gezählt, das 'Kind des Tages' wird mit netten Worten beschenkt und der Tagesablauf wird besprochen. Danach starten die Kinder in ihre individuelle Lernzeit in Mathematik oder Deutsch. Zudem gibt es eine tägliche Bewegungseinheit, die - je nach Wetter - an der frischen Luft oder im Turnsaal stattfindet. Der Freitag steht im Mittelpunkt der gesunden Ernährung, der Bewegung und des sozialen Lernens. Da kochen wir zum Beispiel gemeinsam eine Gemüsesuppe, lernen im Wald oder veranstalten einen künstlerischen Ateliertag.“
Bildungslandschaft ist in Bewegung
Auch abseits der Familienklassen kommt dank der österreichweiten Bildungsinitiative „Schule im Aufbruch„ vieles in Bewegung. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, die Schule neu zu denken und zeitgemäß anzupassen. „Auch in Regelklassen sind Wochenpläne und offene Lernformen mittlerweile gut etabliert, der Unterricht ist bunt und abwechslungsreich. Insgesamt ist die Schulentwicklung in der gesamten Bildungslandschaft - nach dem Dämpfer durch Corona - als sehr positiv zu bewerten“, so Elisabeth Haas vom Schulaufsichtsteam abschließend.
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